30.11.2011 - Werder Bremen

Choreo-Verbot wegen Nichtunterzeichnung des Fan-Ethik Kodex


Die Bremer Fangruppen HB´ Crew, Ultrà Boys und Wanderers Bremen beklagen, dass sie Choreografien nicht mehr genehmigt bekommen, weniger Eintrittskarten erhalten und an der Kommunikation mit dem Verein nicht mehr einbezogen werden, da sie den Fan Kodex nicht unterzeichnet haben.

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der drei Gruppen:

Nein zum Kodex!…und was es damit auf sich hat

Wir sind die Ultrà Boys Bremen, die HB´ Crew und die Wanderers Bremen und gehören zur aktiven Bremer Fanszene. Wir unterstützen unseren geliebten Sportverein immer und überall. Fußball ist unser Leben!

Wir investieren eine Menge Zeit und Herzblut in und für den Verein, woraus eine spezifische und emotional gefärbte Sicht der Angelegenheiten resultiert.

Darüber hinaus verbindet unsere drei Gruppen aber noch eine Sache, die uns von den anderen Gruppen in Bremen unterscheidet:

Choreo-Verbot wegen Nichtunterzeichnung des Fan-Ethik Kodex

Die Bremer Fangruppen HB´ Crew, Ultrà Boys und Wanderers Bremen beklagen, dass sie Choreografien nicht mehr genehmigt bekommen, weniger Eintrittskarten erhalten und an der Kommunikation mit dem Verein nicht mehr einbezogen werden, da sie den Fan Kodex nicht unterzeichnet haben.

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der drei Gruppen:

Wir haben den Fan-Ethik Kodex nicht unterschrieben!

Was ist der Kodex?

Der Fan-Ethik-Kodex wurde im Jahre 2007 in Anlehnung an den Fifa-Ethik-Kodex von Werder entwickelt. Dieser ging in kompletter Eigenarbeit einiger Funktionäre des Vereins von statten. Die Fans wurden hierbei nicht in die Arbeit am „Fan“-Ethik-Kodex eingebunden. Interessant, wenn man bedenkt, dass ein offizielles Ziel des Kodexes die Förderung der Zusammenarbeit und Kommunikation mit den Fans bzw. den Fangruppen sein soll. Der Inhalt bezieht sich u.a. auf Themen, wie einen respektvollen Umgang mit unseren und den gegnerischen Fans oder die Ablehnung von Diskriminierung und Gewalt. Fanclubs, die den Kodex unterschreiben, erhalten im Gegenzug sogenannte Vergünstigungen, die Selbstverständlichkeiten der letzten Jahrzehnte darstellten. Daraus ergibt sich, dass Werder im Falle einer Nicht-Unterschrift diese Selbstverständlichkeiten entzieht. So entfallen uns Vergünstigungen im Rahmen von Dauerkarten, Karten für Auswärtsspiele, Arbeitskarten, Fahnenpässe, das Recht auf Kommunikation mit der Geschäftsführung und jegliche Unterstützung vom Verein.

Wir stellen uns die Frage, warum Selbstverständlichkeiten für den Fan plötzlich von Werder erlaubt werden müssen?

Welchen Sinn erfüllt der Kodex?

Dem regelmäßigem Stadiongänger dürfte auffallen, dass dem Inhalt des Kodexes bereits mit dem Kauf und der Benutzung der Eintrittskarte zugestimmt wird, da die Inhalte des Kodexes ohnehin nahezu identisch mit der Stadionordnung sind. Daraus folgt, dass eine Unterschrift aus rechtlicher Sicht keine Bedeutung hat. Aus unserer Sicht liegt die Motivation von Werder vor allem darin, ihr positives Image in der Öffentlichkeit zu pflegen. Für uns ist fraglich, in wie weit ein Kodex Menschen motivieren kann, sich aktiv gegen Diskriminierung einzusetzen. Sinnvoller ist aus unserer Sicht die von Werder geleistete Aufklärungsarbeit. Eine Unterschrift kann dies nach unser Meinung nicht alleine leisten. Es scheint, als würde Werder sich damit in der Öffentlichkeit als „sozialer“ Verein profilieren wollen. Der Inhalt kann ebenso nicht das Ziel sein, denn einige Fans und Fanclubs haben sich die Möglichkeit eingeräumt, einige Passagen des Kodexes zu ändern, wodurch sich die Allgemeingültigkeit verliert. Die Grundfunktion eines Kodex ist jedoch ein allgemeingültiger Anspruch, der sich aus allen Beteiligten ergibt und somit für diese Bestand hat.

Warum haben wir den Kodex nicht unterschrieben?

Weil wir es nicht können! Uns geht es weniger um den Inhalt des Kodexes, sondern um die Tatsache, dass wir unabhängig vom Verein agieren möchten. In den vergangenen Jahren zeigte sich anhand diverser Ereignisse, dass die Vereinsführung beim Thema Fanarbeit nicht vertrauenswürdig ist. Keiner kann uns durch eine Unterschrift bevormunden. Wir sind Fans, die einen Großteil ihrer Zeit, Geld und Nerven in ihren Verein investieren. Wir fühlen uns als Teil des eigenen Vereins und möchten auch so wahrgenommen werden. Wir sprechen von unserem Verein, wenn wir gewinnen; wir sprechen von unserem Verein, wenn wir verlieren. Zudem würden wir unserem Freiheitsgedanken, den wir als Ultras haben, durch die Unterschrift widersprechen.

Wir möchten an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich klarstellen, dass nicht die im Kodex aufgeführten Verhaltensregeln der Grund für unsere Nicht-Unterschrift waren und sind. Auch ohne Unterschrift des Fan-Ethik-Kodex respektieren wir alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität.

In diesem Punkt könnten wir den Kodex unterstützen, jedoch ist für uns nicht hinnehmbar, dass das Auspfeifen des Schiedsrichters, Gesänge und Spruchbänder gegen den ungeliebten Gegner vom Verein als Diskriminierung definiert werden.

Es geht uns besonders um menschliche Faktoren, wie Vertrauen und Wertschätzung, die für uns als aktive Fans seit Ende der 90er Jahre nicht mehr bestehen. Die Art und Weise, wie der Kodex entwickelt und eingeführt wurde, widerspricht in unseren Augen dem eigentlichen Zweck dieses Kodexes, nämlich der besseren Kommunikation zwischen Fans und Geschäftsführung.

Wir sehen uns außer Stande, unsere emotional gefärbten und deshalb unvorhersehbaren Verhaltensweisen durch den Kodex reglementieren zu lassen. Seit Beginn dieser Saison versucht der Verein durch Sanktionen jeglicher Art, uns zu einer Unterschrift des Kodexes zu bewegen.

Welche Folgen resultieren aus der Nicht-Unterschrift des Fan-Ethik-Kodexes für uns?

In der Anfangszeit bereitete uns die Nicht-Unterschrift kaum Probleme. Einzig von dem ohnehin schon zu geringe Kartenkontingent, dass den Ultra-Gruppen zur Verfügung steht, durften wir nicht mehr profitieren. Die Wanderers Bremen führten drei große Kurvenshows bei den DFB Pokal Finals 2009 und 2010 in Berlin, sowie dem Europapokal Endspiel 2009 in Istanbul, durch.

Mitten in den Vorbereitungen für die Finalchoreo in Berlin (Ende der Saison 2009/2010) kam es jedoch zu ersten Androhungen von Sanktionen, angesichts der nicht geleisteten Unterschrift. Seit Beginn der Saison 2010/2011 wurden die Androhungen erstmals verwirklicht, indem der Verein den Wanderers die Anmeldung von Choreos verweigerte. Diese sind jedoch bei Heim- und Auswärtsspielen zwingend notwendig. Zudem werden ihnen Transparente und jegliche optische Aktionen, wie z.B. Schwenkfahnen über 1,50m nicht mehr genehmigt. Die Teilnahme an dem neu eingerichteten Fan-Beirat, der zur besseren Kommunikation zwischen Fans und Verein beitragen soll, wird ebenfalls verwehrt.

Bis dato betrafen diese Einschränkungen nur die Wanderers, allerdings haben seit kurzer Zeit ebenso die HB´ Crew und die Ultrà Boys mit den o.g. Sanktionen zu kämpfen.

Wir finden es demütigend unsere eigene Fahnen ins heimische Stadion „schmuggeln“ zu müssen. Wir fühlen uns vom Verein ausgegrenzt und unwillkommen in unserer eigenen Kurve.

Die Unterstützung, den Fanatismus und die Hingabe, die wir dem Verein eigentlich widmen möchten, wird uns durch die Nicht-Unterschrift des Kodexes und der daraus resultierenden Sanktionen verwehrt.

Was wollen wir mit den Aktionen erreichen?

Wir wollen uneingeschränkt Choreos durchführen und den Verein so unterstützen, wie er es verdient. Es liegt uns am Herzen auf fankulturelle Angelegenheiten, wie z.B. Kartenpolitik oder Anstoßzeiten, Einfluss zu nehmen, Fahnen zu schwenken, Transparente zu präsentieren und kritische Meinungen frei äußern zu dürfen. Wir fordern einen fairen Umgang mit allen Beteiligten. Wir fordern eine angemessene Anerkennung und Wertschätzung für die Bemühungen von uns Fans.

Vor allem wollen wir mit diesen Aktionen eine öffentliche Diskussion über den Kodex anstoßen und alle Beteiligten für unsere Sichtweise der Thematik zu sensibilisieren. Wir werden mit weiteren Aktionen gegen diese Umstände und den Kodex kämpfen.

In diesem Sinne: NEIN ZUM KODEX!

Ultrà Boys Bremen, HB´ Crew und Wanderers Bremen

Fanfotos Werder Bremen




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