Auch auswärts aktiv

Im Sommerpausen-Interview mit Faszination Fankurve äußerte sich Jojo Liebnau, Vorsänger bei Chosen Few Hamburg, über etliche Choreos, die die Fans des ältesten Bundesligisten in der Hinrunde durchgeführt haben und eine Erweiterung des eigenen Heimblocks.

Faszination Fankurve: Während viele Szenen immer weniger Choreos machen, hat die Szene des HSV die ganze Saison über Aktionen durchgeführt. Zuhause gab es beispielsweise eine große Kurvenshow zum 120. Geburtstag des Clubs.

Liebnau: Nach wie vor werden Choreos in Hamburg hauptsächlich von CFHH und teilweise von Poptown organisiert. Diese Saison gab es genügend Anlässe: Zum 120. Geburtstag des HSV fiel das Gründungsdatum genau auf den Spieltag. Zum 15-jährigen Bestehen des Supporters Club musste man natürlich auch etwas machen. Große Hoffnung hat uns auch der flag day gemacht. Für das Heimspiel gegen Schalke haben wir alle HSV-Fans dazu aufgerufen, Fahnen mitzubringen. Das hat schon ein bisschen an die Westkurve im alten Volksparkstadion erinnert.

Faszination Fankurve: Auch auswärts war die Szene sehr aktiv.

Liebnau: Wir wollten einfach ausprobieren, ob das funktioniert. Viele Leute sagen immer, dass bei Auswärtsspielen nichts gehen kann. Ursprünglich hatten wir vor, bei jedem Spiel in jedem Stadion eine Aktion zu machen und haben auch überall angefragt. Leider mussten wir oft improvisieren, etliche wurden auch aus irgendwelchen Sicherheitsgründen abgesagt. Die Verbote werden leider immer heftiger. Teilweise sind Aktionen Im Vorfeld genehmigt, dann aber beim Einlass am Spieltag noch kurzfristig verboten worden. Letztendlich kann man aber sagen, dass sich mit relativ wenig Mitteln, einiges erreichen lässt.

Faszination Fankurve: Zur neuen Saison wird euer Standort, der Block 22C, erweitert. Was genau ist zu erwarten?

Liebnau: Das stimmt, wir werden im 22C weitere 100 neue Plätze bekommen. Insgesamt reden wir dann über eine Gesamtzahl von 450 Sitzplätzen. Allerdings sind die Karten für unseren gesamten Bereich bereits seit einiger Zeit vergeben. Es existiert eine Warteliste, die proppenvoll ist. Bei der Vergabe haben wir auch darauf geachtet, dass dort nicht jeder Zugang bekommt. Es soll sich schon um einen Block für aktive Fans handeln, die nicht nur konsumieren. Für die Erweiterung sind wir an den Vorstand herangetreten, haben uns mit den entscheidenden Personen mehrfach zusammengesetzt und intensive Gespräche geführt. Die drei Vorstandsmitglieder, dass sollte auch mal erwähnt werden, sind uns sehr entgegengekommen.

Faszination Fankurve: Inwiefern?

Liebnau: Beispielsweise mussten HSV-Anhänger, die für diesen Block Dauerkarten besitzen, überzeugt werden, in einen anderen Bereich des Stadions umzuziehen.

Faszination Fankurve: Du hast den Vorstand erwähnt. An Bernd Hoffmann macht sich gerade aus Fankreisen immer mal wieder Kritik fest. Wie steht Ihr als Gruppe zu seiner Person?

Liebnau: Es gibt einige Punkte, in denen Fans und Bernd Hoffmann grundlegend verschiedene Meinungen vertreten. Er handelt eher profitorientiert. Wir wollen genauso sportlichen Erfolg, aber eben nicht um jeden Preis. Wie schon erwähnt, hat uns der Vorstand aber auch schon bei einigen Dingen - wie der Blockerweiterung - unter die Arme gegriffen. Die Kommunikation war sicherlich schon einmal schlechter.

Faszination Fankurve: Wie sind die Fans mit der endlosen Trainersuche umgegangen?

Liebnau: Die Fanszene hat sich dafür natürlich interessiert, aber wirklich berührt hat das keinen. Das Thema wurde vor allem von den Medien breitgetreten.

Faszination Fankurve: In Folge des Pokalspiels gegen Wolfsburg erhielten zwei Fans aus Hamburg Stadionverbot. Grund war das Kleben von Aufklebern. Hat sich das geklärt?

Liebnau: Das Thema Wolfsburg ist durch. Die beiden Stadionverbote sind zurückgezogen worden, wenn auch wohl nicht schriftlich. Jeder Fan sollte sich genau überlegen wie er sich dort verhält. Nach dem Spiel gab es viele falsche Anschuldigungen von Seiten der Wolfsburger - vor allem durch den Sicherheitsbeauftragten. Aus meiner Sicht war das eine große Sauerei und hat die Antipathie gegenüber dem VfL nochmals gesteigert.

Faszination Fankurve: Was waren aus deiner Sicht die Highlights der Saison?

Liebnau: Beim Spiel in Zürich waren knapp 4.000 Hamburger, was sicherlich ein Höhepunkt war. Alles in allem ist das Sportliche, was nur durch die letzten Wochen etwas getrübt wurde, ja gut gewesen: Im UEFA- und DFB-Pokal sind wir relativ weit gekommen, in der Liga haben wir uns erneut für Europa qualifiziert. Unser Auftritt in Bremen war absolut erwähnenswert: An dem Marsch vom Bahnhof zum Stadion haben gut 4.000 Leute teilgenommen. Auch das Rückspiel in Hamburg war trotz der erneuten Niederlage in punkto Stimmung von unserer Seite ganz gelungen. Selbstverständlich hat die Stimmung auch beim 7:0 gegen Karlsruhe am letzten Samstag gepasst. In der jüngeren Vergangenheit haben selten so viele Leute mitgezogen.

Faszination Fankurve: Das Volksparkett hat in dieser Saison Premiere gefeiert. Kannst Du ein Resümee zu der Fanbühne im Stadion ziehen?

Liebnau: Das Volksparkett ist tatsächlich bis zum Ende bei jedem Heimspiel gelaufen. Für die erste Saison ist das wirklich gut angenommen worden. Mir ist wichtig, dass es sich um eine Aktion von Fans für Fans handelt. Wenn die Leute gegen Kommerz meckern, ist das eine Möglichkeit eigene Ideen umzusetzen. Es ist eine gelungene Alternative zum alltäglichen Kommerz im Stadion.

Faszination Fankurve: Die Fanfreundschaft zu den Rangers ist dieses Jahr richtig entflammt, oder? Als Beispiel dafür könnte man die Unterstützung der Rangers in Bremen nennen.

Liebnau: Die Kontakte nach Schottland gibt es ja schon länger. Ich denke, dass das diese Saison richtig salonfähig geworden ist. Viele Hamburger-Fans haben das jetzt erst richtig mitbekommen. Ansonsten haben wir nach wie vor gute Kontakte zum FC Kopenhagen – allerdings betrifft das vor allem Chosen Few. Szeneweit gibt es Sympathien zu den Bielefeldern. Die Freundschaft zu Hannover hat immer noch die breiteste Akzeptanz. (Faszination Fankurve., 30.5.2008)