30.10.2011 - 1. FC Köln

Boyz Köln prangern Presseberichte an


Die Kölner Ultragruppe Boyz kritisiert in einer Stellungnahme verschiedene Presseberichte über die Kölner Ultras, spart dabei aber auch nicht an Kritik gegenüber der Kölner Polizei und dem 1.FC Köln. Thematisiert wird ebenfalls ein zweifelhaftes Stadionverbot.

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Boyz Köln:

Presse und Polizei - Brüder im Geiste?!

Nachdem es in der vergangenen Woche im Kölner Stadt-Anzeiger zu einer Themenreihe über FC-Fans und im speziellen Ultras kam, sehen wir uns nun zum ersten Mal dazu bewogen, uns öffentlich zur Berichterstattung des Kölner Boulevards zu äußern.

Wie in den Artikeln deutlich wird, wurden auch wir eingeladen, uns an einem Interview gemeinsam mit Claus Horstmann und Polizeioberrat Volker Lange zu beteiligen. Die Gründe unseres Fernbleibens teilten wir dem berichtetenden Journalisten unmittelbar mit und dieser nennt mehrfach "undifferenzierte Berichterstattung" als Grund unserer Absage. Dass dies einer der Gründe ist, steht für uns nicht zur Diskussion und ist, wie sein Hinweis, dass sich durch unser Fernbleiben keine differenzierte Berichterstattung in der Themenreihe garantieren lässt, nicht ausschlaggebend für unsere Wortmeldung. Dass aber in der letzten Zeit vermehrt Fehlinformationen seitens der Polizei an die Presse weitergegeben wurden, wird nur ein Mal kurz erwähnt und zugleich als Frage an Herrn Lange weitergeleitet. Das Thema wird mit einer einfachen Antwort schnell beendet ("Ich bin seit einem Jahr zuständiger Einsatzleiter für die Fußballeinsätze und habe nie die Unwahrheit gesagt") und fast niemand aus der geneigten Stadt-Anzeiger Leserschaft wird den Wahrheitsgehalt dieser Aussage hinterfragt haben. Doch gerade diese Aussage ist es, die für uns nicht hinnehmbar ist und weiterführend das Bild der bösen Ultras und der unfehlbaren Polizei vollendet.

Zunächst möchten wir anhand eines Beispiels aus dem August unseren Unmut begründen.

Am 25. August erschien im Express ein Artikel mit der Überschrift "Boyz schlagen Polizisten", in dem über die Ereignisse am Abend unseres Jubiläums berichtet wird. In diesem Artikel werden falsche Sachverhalte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und wir fragen uns woher der Express die Informationen über den Polizeieinsatz hat, wenn nicht von der Polizei selbst. Da jedoch augenscheinlich kein Journalist an diesem Abend zugegen war, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Informationsweitergabe durch die Polizei fast eins.

Folgende Sachverhalte wurden in dem Artikel falsch wiedergegeben:

"Als die Streife eintraf, warteten die alkoholisierten Übeltäter mit freien Oberkörpern in dem Lokal auf die Polizisten"

Keiner der anwesenden Personen wartete auf die Polizei. Alle sich im Lokal befindenden Personen, einschließlich "normaler" Kneipenbesucher, waren von dem Eintreffen der Beamten überrascht.

"Als die beiden Beamten aber geschubst und geschlagen wurden, riefen sie Verstärkung"

Keiner der Beamten wurde von den sich im Lokal befindenden Personen geschlagen. Eher schienen die Beamten ob der Situation überfordert und riefen nach kurzer Diskussion mit einigen Anwesenden Verstärkung. Nachdem die Verstärkung, inklusive zweier Hundeführer, eingetroffen war, ging ebenfalls keinerlei Gewalt von den anwesenden Personen aus. Im Gegenteil, das Verhalten einiger Beamter war unangebracht und missfiel auch den "normalen" Kneipenbesuchern. Dass ein Umherstehender von hinten von einem Beamten geschlagen wurde, darf als Fehlverhalten des Beamten bezeichnet werden.

"Sieben der "Boyz" wurden von der Polizei direkt mitgenommen und in Ausnüchterungszellen gesteckt."

Es wurden nicht sieben, sondern drei Personen mitgenommen, von denen eine Person bereits nach einer Stunde wieder gehen konnte. Diese Maßnahme diente lediglich der Ausnüchterung und ist ein Fall, der z.B. an Karneval, mehrmals stündlich in Köln vorkommt.

"Alle von ihnen haben bereits ein bundesweites Stadionverbot und sind der Polizei bekannt."

Lediglich eine der drei Personen hat ein bundesweites Stadionverbot.

Anhand dieses Fallbeispiels wird deutlich wie versucht wird mit Hilfe falscher Informationen gezielt ein Feindbild in der Bevölkerung zu schaffen und wie erfunden manche Aussagen sind.

Aber auch in Artikeln und Videos der Themenreihe werden Fehlinformationen kundgetan, die an dieser Stelle nicht unerwähnt und klargestellt werden sollen. So wird davon berichtet, dass eine Gruppe Fans nach dem Spiel des 1.FC Köln im Februar gegen Mainz 05 versucht haben soll den Zug der abreisenden Mainzer anzugreifen.

("Als die Mainzer aus der Bahn steigen, bemerken Polizisten 14 Männer, die aus dem Dunkeln auf die Gruppe zukommen. Sie tragen Schlagstöcke bei sich, Totschläger und Feuerwerkskörper, wollen laut Polizei auf die Mainzer losgehen. Die Beamten verhindern den Sturm auf die Bahn und fesseln die 14 Mitglieder einer Ultra-Fangruppe.")

Dass Personen zu diesem Zeitpunkt am Deutzer Bahnhof waren, lässt sich nicht verneinen, dass die 14 Personen jedoch den Zug der Mainzer angreifen wollten und Waffen bei sich trugen ist schlicht und einfach gelogen.

Auch der Hinweis von Herrn Lange, dass es eine von ihm in die Wege geleitete Innovation sei ein Stadionverbot auf Bewährung auszusetzen entspricht nicht der Wahrheit. ("Gegen einen 20-jährigen Ultrafan, der beim Heimspiel gegen Mönchengladbach den Platz gestürmt hatte, hat der 1. FC Köln ein Stadionverbot auf Vorschlag der Polizei nur auf Bewährung verhängt. Das gab es bundesweit so noch nie")

So gab es diese Möglichkeit beispielsweise in Dortmund schon deutlich früher.

Die Aussage in einem der Videos, dass bei dem Einsatz von Pyrotechnik Verletzungen in Kauf genommen werden ("Pyrotechnik mit Schwerstverletzungen auch in den eigenen Reihen, die leider in Kauf genommen werden, die immer wieder passieren") entspricht ebenfalls nicht der Wahrheit und widerspricht einigen Veröffentlichungen und Aufrufen der Ultragruppen der Südkurve, stets bedacht und verantwortungsvoll im Umgang mit eben jener zu sein und z.B. auf Böller komplett zu verzichten.

Anhand dieser Beispiele lässt sich ansatzweise erklären, warum wir einen Dialog mit der Polizei ablehnen und nicht bereit sind uns an solchen Gesprächen zu beteiligen. In der Themenreihe wird aber auch wunderbar deutlich, dass die Medien und in diesem Fall der Kölner Stadt-Anzeiger nicht davor zurückschrecken ungeprüfte Informationen eins zu eins zu übernehmen. Weiterhin erschließt sich uns nicht warum versucht wird Vorurteile zu streuen und ein Bild des dummen, primitiven und gefährlichen Fussballfans bzw. Ultras in die Öffentlichkeit zu tragen.

Auch hier können wieder Beispiele anhand des Artikels vom 25. August genannt werden. Ist es erstaunlich, dass ein 24-jähriger Student Mitglied einer Ultragruppe ist und gemeinsam mit seinen Freunden einen Abend in einer Kneipe verbringt? Für den Express scheinbar schon oder es passt einfach nicht in das Bild, das der Öffentlichkeit vermittelt werden soll. ("Erstaunlich: Der Rädelsführer der "Boyz" (24) studiert VWL in Bonn.")

Auch in der Themenreihe des Stadt-Anzeigers wird mit einem bestimmten Unterton über den Bildungsstand der Mitglieder von Ultragruppen berichtet. ( "Die meisten Mitglieder sind zwischen 15 und 25 Jahre alt. Schüler sind darunter, Schulabbrecher, Arbeitslose und Auszubildende. Manche Ultras studieren, arbeiten als Beamte oder Flugbegleiter. Viele stammen aus behütetem Haus, die Eltern sind Notare, Ärzte oder erfolgreiche Unternehmer.") Dass bewusst Berufsstände und Bildungswege genannt werden, scheint nicht überraschend, denn solide und sozialgefestigt lebende Ultras passen ebenfalls nicht ins Bild der Angst und Schrecken verbreitenden Chaoten. Erstaunlich: Mehr als 20 Prozent unserer Mitglieder studieren sogar.

Um noch einmal auf die Verbreitung falscher Informationen zurückzukommen seien noch zwei Zitate aus der September Ausgabe des eher unbekannten Magazins "Köln Sport" genannt. Dort spricht u.a. Ralf Remmert (Polizei Köln und Stellvertreter von Einsatzleiter Volker Lange) über die offenbar zunehmende Gewaltbereitschaft in der gesamtdeutschen Fanszene und bezeichnet unsere Gruppe in diesem Zusammenhang als solche, "die in letzter Zeit vermehrt durch gewaltkriminelle Handlungen, auch außerhalb des Fussballs auffällt." Desweiteren zeigt er sich verwundert darüber, warum uns der Verein die Durchführung unserer 10 Jahres-Choreo gestattete.("Uns hat das irritiert, weil gerade diese Gruppe in letzter Zeit so negativ aufgefallen ist. Dass der Verein dieser Gruppe einen derart großen Raum freigibt, gibt vielleicht ein falsches Bild wieder."). Glücklicherweise zeigte sich hier unser Fanbeauftragter Rainer Mendel bei der Anwort erkenntlich und nahm ihm Zweifel diesbezüglich.

Zum Abschluss möchten wir noch auf eine Pressemitteilung des 1. FC Köln vom 26. September eingehen. Dort wird über die "erfolgreiche Identifizierung" von fünf Personen beim Heimspiel gegen Hoffenheim gesprochen mit dem Hintergrund DFB, Medien und Co. zu beruhigen. Da auch eines unserer Mitglieder, obwohl unschuldig, von dieser Maßnahme betroffen war, bekam er eine Vorladung der Kölner Polizei mit dem Vorwurf Pyrotechnik gezündet zu haben und wenige Tage später das obligatorische Stadionverbot auf bloßen Verdacht. Als bei der Vorladung nach 30 Sekunden Videobetrachtung eine vollkommen andere Person über die Bildschirme flackerte, wusste die anwesende Person nicht mehr ob sie lachen oder weinen sollte. Diese Tatsache zeigt auf, dass die Arbeit der Kölner "Szenekundigen" Beamte von vorne bis hinten mangelhaft ist. Stattdessen wurde beim Heimspiel gegen Hoffenheim auf bewusste Eskalation gesetzt, als man unter Augen der SKB's, eine Hundertschaft auf unsere Gruppe nach dem gemeinsamen Verlassen des Blocks hetzte um die Personalien der besagten Person festzustellen. Dieser Fall beweist uns mal wieder das Stadionverbote auf Verdacht kompletter Schwachsinn sind und auch im Nachhinein in der Presse natürlich nicht mehr richtig gestellt werden.

Deshalb legen wir euch Nahe auch die offiziellen Pressemitteilungen unseres Vereins zu hinterfragen. Die Berichterstattung des Kölner Boulevards und deren Zusammenarbeit mit der Polizei werden wir weiterhin und zu jeder Zeit kritisch beobachten. Allen Lesern sei empfohlen dies ebenfalls so gut es geht zu tun!

Fanfotos 1. FC Köln




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