17.09.2018 - Werder Bremen

Choreografie & Aktionsspieltag gegen Rechts in der Ostkurve


Im Weserstadion empfing der SV Werder Bremen gestern den 1. FC Nürnberg. Die Wanderers Bremen zeigten vor Anpfiff des Spiels, wie angekündigt, eine Choreografie. Vor Beginn der 2. Halbzeit folgte der von Caillera ins Leben gerufene Aktionsspieltag gegen Faschismus.

Die Choreografie im Unterrang der Ostkurve stand unter dem Motto „Grün-weiß-grün muss unsere Raute sein“. Dabei wurde mit Papptafeln ein Muster gebildet, so dass drei Rauten zu sehen waren. Das zwischen Ober- und Unterrang gezeigte Spruchband der Choreografie bedeckte gestern die Logen in der Ostkurve. Dies war von den Wanderers auch so gedacht. Zuletzt verzichtete die Gruppe auf die Durchführung von Choreografien, weil die Werbebanden im Oberrang und die Logen in der Ostkurve bei Choreos nur zwei Mal pro Saison verdeckt werden dürfen. Doch vor dem gestrigen Heimspiel gegen Nürnberg kündigten die Wanderers an, wieder Choreografien zu organisieren (Faszination Fankurve berichtete). Mit dieser und weiteren Aktionen sollen die Logen dann bewusst mehrfach überdeckt werden.

Im Vorfeld des Spiels rief die Ultràgruppe Caillera nach den Vorfällen in Chemnitz und Köthen einen Aktionsspieltag gegen Faschismus aus. Dieser wurde vor Anpfiff der 2. Halbzeit durchgeführt, als in der Ostkurve unzählige Spruchbänder zum Thema zum Vorschein kamen. „Maul aufmachen, aktiv werden, dem Rechtsruck entgegentreten!“, „Fußballfans werden überwacht und bei Rechts die Augen zugemacht!“, „Rassismus tötet!“, „Hass macht hässlich“, „Dem deutschen Mob den Kampf ansagen“, „Gewalttätig und Birne weich? Nicht bei uns am Osterdeich!“, „Ob Chemnitz oder Bremen - Keinen Meter den Faschisten“, „Bullen und Faschos unter einem Hut?! Wie lange geht das noch gut?!“, „Seebrücke statt Seehofer!“, „Wehret den Anfängen - Fuck AfD!!!“ und „Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!“ war dabei beispielsweise auf den Spruchbändern zu lesen.

Im Nachgang der Aktion bedankte sich Caillera bei den Werder-Fans, die sich am Aktionsspieltag beteiligten. Die Ultràgruppe erklärte: „Wir möchten uns von Herzen bei allen Werderfans bedanken, die uns dabei unterstützt haben! Gemeinsam konnten wir heute in der Ostkurve ein beeindruckendes Statement gegen Faschismus und Menschenfeindlichkeit setzen.“ Weiter forderte Caillera die Fans von Werder Bremen auf, auch außerhalb des Stadions gegen Rassismus aktiv zu werden.

Vor dem gestrigen Heimspiel gegen Nürnberg sollen Ordner Werder-Fans, die mit „Nazis raus aus den Stadien“ T-Shirts ins Stadion wollten, teilweise den Zutritt verwehrt haben oder die Fans gebeten haben, die Shirts auf links zu drehen. Die T-Shirts waren sogar im Weserstadion erhältlich. Via Twitter stellte Werder Bremen jedoch schnell klar: „Wir nehmen diesen Hinweis sehr ernst und werden das Gespräch mit Elko suchen. So gehts nicht.“

Auf dem Rasen sah es lange Zeit nach einem Heimsieg aus. Eggestein brachte Bremen in der 26. Minute vor 40.700 Zuschauern im Weserstadion in Führung, doch in der zweiten Minute der Nachspielzeit erzielte Misidjan den Ausgleich für den Club, der somit einen Punkt aus dem Norden mitnahm. (Faszination Fankurve, 17.09.2018)

Faszination Fankurve dokumentiert das Statement von Caillera, das im Nachgang des Aktionsspieltags veröffentlicht wurde:

Am Ball bleiben

Moin Werderfans,

wir haben uns über die fast ausnahmslos positiven Reaktionen auf unsere heutige Spruchband-Aktion extrem gefreut. Wir möchten uns von Herzen bei allen Werderfans bedanken, die uns dabei unterstützt haben! Gemeinsam konnten wir heute in der Ostkurve ein beeindruckendes Statement gegen Faschismus und Menschenfeindlichkeit setzen. Danke an euch alle!

Nichtsdestotrotz – wir sind wütend. Der seit Jahren andauernde Rechtsruck und die Untätigkeit vieler politischer und gesellschaftlicher Akteure hat Neonazis weiter gestärkt. Das Klima ermutigt „besorgte Bürger*innen“ und große Teile der gesellschaftlichen Mitte die hässliche rassistische Fratze immer offener zu zeigen. Nicht nur in Chemnitz und Köthen, sondern überall im Land wird es immer kälter für alle die nicht in das Weltbild der Rechten passen. Viele Übergriffe sind seit Jahren oftmals nur noch Randnotiz in Lokalblättern – so normal sind sie in Deutschland mittlerweile geworden. Wir sind darüber verdammt wütend.

Wütend sein und meckern alleine wird die Zustände allerdings nicht wieder beseitigen können. Wir müssen aktiv(er) werden und unsere Wut in überlegten Aktionen den Rassist*innen und Neonazis entgegensetzen. Dabei ist für uns alle als Werderfans natürlich in erster Linie das Stadion und der Spieltag eine Bühne in der wir klar zeigen: Kein Fußbreit den Faschist*innen. Kein Fußbreit ihrer Ideologie. Hier können und werden wir alle gemeinsam konsequent zeigen, dass bei Werder weiterhin kein Platz für rassistische und diskriminierende Scheisse ist. Alle Werderfans sind hier aufgerufen klare Kante zu zeigen und alle Vorfälle im Keim zu ersticken. Hier ist unsere Homezone, hier können wir versuchen eine Wohlfühloase und einen Wohlfühlkiez für alle – außer natürlich für die Nazis – zu schaffen.

Aber auch über den politischen Fußball hinaus haben wir alle eine Stimme und die Pflicht aktiv zu werden. Schule, Ausbildung, Familie, Uni, Arbeit, Arbeitsamt, Antifa, Kneipe, Disco oder Altersheim – überall gibt es etwas zu tun und die Aufgabe der rechten Scheisse etwas entgegenzusetzen. Werdet aktiv und überlasst Rassismus und Faschismus keinen Raum. Es gilt heutzutage leider überall wachsam zu sein und wenn nötig menschenfeindlichen Einstellungen offensiv entgegenzutreten.

Unser Fußball ist politisch. Im Weserstadion, bei Werderspielen oder sonstwo – kein Fußbreit den Faschist*innen und ihrer Ideologie.

Caillera Ultras

Fanfotos Werder Bremen




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