31.05.2006 - Frank Rost

"man darf die Emotionen nicht kaputt machen"


Faszination Fankurve sprach mit dem Schalker Torwart Frank Rost über Fans, Stadien und die Fußball-Weltmeisterschaft.

Faszination Fankurve: Im März nach dem Barcelona-Spiel kam von Ihnen ein deutlicher Kommentar hinsichtlich des Polizeieinsatzes im UEFA-Pokal. Auch da gab es sicher zahlreiche Reaktionen?

Rost: In Barcelona hat die Polizei uns gehindert, mit den Fans zu feiern, hat sogar Spieler von uns angefasst. Aber auch schon vorher gab es zu diesem Thema viele Fanreaktionen, etwa darüber, wie unsere Anhänger unter massiver Bewachung in Stuttgart zum Stadion geführt wurden. Natürlich steht die Polizei auch unter Druck seitens der staatlichen Organe, die wollen, dass die WM ein voller Erfolg wird, woran aber auch niemand zweifelt. Dennoch gilt bei uns die Unschuldsvermutung, wenn nichts bewiesen ist. Fans sind eben nicht alle potenzielle Gewaltverbrecher, nur weil unter ihnen ein paar wirkliche Chaoten stehen. Im Fanblock findet sich ein kompletter Querschnitt durch die Bevölkerung. Wenn jemand was gemacht hat, kann man ihn per Kamera raussuchen, und dann bekommt er ein Verbot und kann darüber nachdenken. Schlimmer ist: man schenkt den Idioten, mit Hitler-Gruß oder was auch immer, überhaupt viel zu viel Beachtung, die kriegen dadurch eine Plattform, obwohl sie eine kleine Minderheit sind.

Faszination Fankurve: Bezeichnend ist dabei aber, dass Sie mit dem Aufgreifen dieser Thematik herausstechen. Es scheint so, als würden sich 95% der Fußballprofis für so etwas nicht interessieren.

Rost: Irgendwann wird man merken, dass man die Fankultur kaputtgemacht hat. Und dann wird man sich fragen: Warum ist denn gar keine Stimmung mehr da? Dann haben wir vielleicht noch 30.000, statt jetzt 50.000 Zuschauer im Stadion. Diese Sachen im Fernsehen wie ?Deutschland sucht den Superstar?, das funktioniert eben nur ein, zwei Jahre. Dann muss man sich was Neues einfallen lassen. Fankultur dagegen ist ? man kann ja fast schon sagen seit einem Jahrhundert ? etabliert. Und da darf man meiner Meinung nach die Emotionen nicht kaputt machen. Wir waren in Spanien, in Sevilla, da wurden bengalische Feuer gezündet. Das hat da aber gar keinen interessiert. Da haben die Ordner einen Schlauch genommen ? und fertig. In Deutschland wird da ein Riesentheater gemacht.

Faszination Fankurve: Im Zusammenhang mit diesen Themen haben Sie auch die Presse kritisiert, dass sie davon nichts aufgreift?

Rost: Ja, das ist eben ein heikles Thema, und keiner will sich damit befassen. Weil man von oberen Organen einen auf den Deckel kriegt. Weil die Sponsoren heute zum Teil wichtiger sind als die Fans, aber irgendwann kann dafür auch die Quittung kommen. Das möchte ich nicht gerne erleben.

Faszination Fankurve: Mit dieser Meinung sind Sie unter den Kollegen jedoch?

Rost: ?ich denke, jeder will gerne in so einem Stadion spielen, wie in Sevilla. Das ganze Stadion ? 40.000 ? haben gesungen. Ich würde sagen, auch die Schalker haben das spanische Lied mitgesungen, weil sie so begeistert waren. Genauso in Sofia. Und genau diese Fankultur musst du erhalten. Schalke hatte eine gute Fankultur und hat sie auch immer noch. Aber in der Bundesliga kommen inzwischen trotzdem 50 Prozent Event-Besucher, um sich berieseln zu lassen. Wenn wir davon irgendwann mal 50.000 haben, wird gefragt, ?wo ist denn die Stimmung??

Das komplette Interview findet sich in der Juni-Ausgabe des Faszination Fankurve-Magazins, die ab sofort hier bestellt werden kann. (Faszination Fankurve, 31.08.2006)