01.06.2006 - 1. FC Köln

„Optimismus für die zweite Liga“


Interview mit dem Kölner Fanbeauftragten Rainer Mendel über aktuelle Entwicklungen in der Fanszene des 1. FC Köln

Faszination Fankurve: In dem neu gegründeten Kölner Fanclub-Dachverband ist die aktive Szene – neben anderen Fanclubs – komplett vertreten. Wie steht der 1. FC Köln zu dieser neuen Organisation?

Mendel: Vom Grundsatz her sehen wir das positiv, wir haben auch schon positive Erfahrungen gemacht und haben damit überhaupt kein Problem. Wenn sich die Aktiven bündeln, werden auch für uns einige Dinge einfacher.

Faszination Fankurve: Relativiert diese neue Organisation die bislang sehr zentrale Rolle der Wilden Horde?

Mendel: Nein. Mit der Wilden Horde führen wir nach wie vor mehr Einzelgespräche als mit anderen Fanclubs, weil sie schließlich – alleine schon wegen der Choreo-Organisation – mehr Anliegen haben und die größte aktive Gruppe sind. Wir haben aber schon im September, im Vorfeld der Gründung einer Dachorganisation, Gespräche mit aktiven Fan-Vertretern gesucht, so wie es jetzt mit dem Verband geschieht.

Faszination Fankurve: Das Fanprojekt wird von den aktiven Fans nicht als erste Adresse angesehen, wenn es um die Vertretung ihrer Interessen geht…

Mendel: Man muss auch sehen, wie viele das sind, die aktiven Fans. Wenn die ihre Interessen bündeln, geht das ja in Ordnung. Aber das Fanprojekt vertritt schließlich über 5.000 durchaus kritische Fans. Die sagen keineswegs zu allem ja und Amen. Da wird intern viel und heiß diskutiert und nach Lösungen gesucht, die aber nicht immer zwingend an die Öffentlichkeit geraten.

Faszination Fankurve: Die Mitgliederzahl beruht aber auch auf Doppelmitgliedschaften – weil man im Fanprojekt sein muss, um die eine oder andere Leistung zu beziehen.

Mendel: Ja, aber das Fanprojekt ist selbst ohne Doppelmitglieder mit 2.500 Leuten die größte Kölner Fangruppierung. Das ist eine seit 15 Jahren gewachsene Sache.

Faszination Fankurve: Neulich gab es auch eine offene Gesprächsrunde mit der WH und anderen Fans. Was waren Hintergrund und Ergebnisse dieser Runde?

Mendel: Nach den Leistungen der Mannschaft hat die WH für sich einen Supportboykott ausgerufen, was ja irgendwie nachvollziehbar ist. Nur regte sich Widerstand beim restlichen FC-Publikum. Da es im Internet-Forum nicht möglich ist, derartige Sachverhalte vernünftig zu diskutieren, haben WH und FC gemeinsam überlegt, was man tun kann. Die Veranstaltung war zu unserer Überraschung mit rund 150 Teilnehmern sehr gut besucht. Es war ein toller Abend mit leidenschaftlichen Diskussionen. So muss es eigentlich sein, dass man sich Auge in Auge gegenüber sitzt, anstatt im Internet herumzutexten. Es war eines der effektivsten Gespräche zwischen Fans in den letzten Jahren. Es hat dann auch zu einem Konsens geführt, der Supportboykott wurde aufgehoben.

Faszination Fankurve: Am Ende der Saison gab es dann auch große gemeinsame Aktionen.

Mendel: Ja, in Hannover und Bremen haben sich die aktiven Fans gebündelt, das war eine ganz tolle Geschichte. Man ist mit etlichen gemeinsamen Bussen gefahren, das stärkt natürlich die Szene. Und wie dann auch trotz der schlechten Spiele Stimmung gemacht wurde – da ist Optimismus für die zweite Liga schon berechtigt. (Faszination Fankurve, 01.06.2006)

Faszination Fankurve: Dein Ausblick auf die zweite Liga, zum Beispiel zum Thema Dauerkarten?

Mendel: Das wird schon weniger als vorher, aber wir rechnen mit 20.000 Dauerkarten. Im Moment haben wir den Überblick noch nicht, aber es kommen in großer Zahl Neubestellungen insbesondere für die Stehplätze rein. Die waren schon immer fast nur mit Dauerkarten belegt, es gehen aber weiterhin Karten in den freien Verkauf, damit neue Fans hinzu kommen können. Der Zuschauerschnitt wird wohl bei 30.000 liegen. Ein Problem ist die Anstoßzeit freitags, 18:00 Uhr. Unser Publikum fährt durchschnittlich 60 km einfache Strecke zum Spiel. Das ist freitags für viele nicht zu schaffen. Die Auswärtsdauerkarte wird fortgesetzt, und zwar möglichst günstig – und damit nicht kostendeckend.

Faszination Fankurve: Demnächst gibt es wieder FC-Invasionen in kleinen Stadien. Ist Ärger vorprogrammiert?

Mendel: In einigen Zweitligastadien wird es wegen der Infrastruktur wieder schwierig. Auch wissen die nicht immer, wie man mit den Leuten umgehen muss, und die Polizei neigt schneller zu Repressalien. Wir werden versuchen, die Gespräche im Vorfeld zu intensivieren. Aber die Fans sind auch gefordert.

Faszination Fankurve: Welche Erwartungshaltung haben die FC-Fans tatsächlich? Stellst du fest, dass sie in den UEFA-Cup wollen? Das ist zumindest das Image der Kölner…

Mendel: Das ist der größte Schwachsinn überhaupt mit diesen Stammtischsprüchen von DSF, Lattek und so weiter. Das Klischee der übersteigerten Erwartungen kommt wohl aus den 80ern und 90ern, als man ja wirklich in den UEFA-Cup wollte.Der FC will in die 1. Liga und sich dort allmählich wieder etablieren. Jetzt haben wir erst einmal den Anspruch, wieder aufzusteigen. Und so denken auch die FC-Fans. Die haben viel gelitten.

Fanfotos 1. FC Köln




Weitere News:
08.11.2021: Ultras 1. FC Köln mit Stellungnahme zur aktuellen Situation
29.10.2021: Auch Kölner Fanszene macht für morgige Demo mobil
19.10.2021: Auseinandersetzung bei U19-Spiel zwischen Genk & Köln
15.10.2021: Plakate gegen Dietmar Hopp im Stadtbild von Köln
12.10.2021: „Bis auf weiteres keinen organisierten Support“

Alle 475 News anzeigen