„Das würde uns in Sippenhaft nehmen“

Vergangene Woche ging www.fans-oder-kunden.de, eine Seite, die das Verhältnis zwischen 96 und seinen Anhängern thematisiert, online. Faszination Fankurve sprach mit Christian Brehm, dem 2. Vorsitzenden der Rote Kurve, über die Situation.

Faszination Fankurve: Fans oder Kunden ist der Titel einer Internetseite, die kürzlich an den Start gegangen ist. Was hat es damit auf sich?

Brehm: In erster Linie geht es uns mit der Seite natürlich um die vielen Probleme, von denen Fans in ganz Deutschland betroffen sind: Repressalien, Stadionverbote, man wird nicht ernst genommen und so weiter. Allerdings gab es drei Knackpunkte, die das Fass unserer Meinung nach zum Überlaufen gebracht haben.

Faszination Fankurve: Die da wären?

Brehm: Punkt eins war ein Thema, das auch ziemlich groß durch die Presse ging. In der Vereinsgaststätte fanden regelmäßig Treffen von Nazis statt. Selbst Horst Mahler war wohl mal da. Wir haben das dem Verein, genauer der KGaA, mitgeteilt. Nur passiert ist leider nichts. Irgendwann haben wir das ganze dann auf unserer Seite veröffentlicht. Martin Kind war darüber allerdings nicht sehr erfreut, auch weil die Presse sich des Themas angenommen hat. Anstatt unsere Zivilcourage zu loben, wurden wir noch gerügt.

Faszination Fankurve: Wo drückt der Schuh noch?

Brehm: Wir hatten die Zusage, dass zu Beginn der Saison vier Container als Fantreffpunkt auf dem ehemaligen Hundezwingerplatz im Nordbereich des Stadions stehen. Vor kurzen ist endlich der dritte hingestellt worden. Einen benutzt die Rote Kurve, einen die Ultras und einen das Fanprojekt Hannover. Ursprünglich war auch mal eine Überdachung Thema, aber die ist noch nicht da. Man bekommt das Gefühl vermittelt, dass man sich aus Dankbarkeit noch verneigen müsste. Dankbar sind wir Kind nur, dass er sich neulich in der Presse geäußert hat.

Faszination Fankurve: Inwiefern?

Brehm: Es geht um den letzten Punkt: Hannover 96 muss 5.000 Strafe für den Einsatz von Rauchbomben zahlen. Drei Auswärtsspiele in Folge hat es im Block gebrannt. Kind hat gesagt, dass die Rote Kurve, also der Fandachverband, zukünftige Strafen übernehmen soll. Das würde uns in Sippenhaft nehmen. Außerdem ist es ein Schlag ins Gesicht, weil wir uns mit Vereinsverantwortlichen vor dem Spiel in Frankfurt getroffen hatten. Die Rote Kurve hat einen Flyer erstellt und verteilt, auf dem sinngemäß stand, dass wir Rauch und dergleichen nicht gutheißen. Wir haben szeneregulierend unser Möglichstes getan und waren auf jeden Fall gesprächsbereit.

Faszination Fankurve: Wie kommt die Aktion bisher an?

Brehm: Auf der Seite kann man einen Teil der Unterstützerfanclubs und Einzelpersonen einsehen. Aus der aktiven Szene gibt es viele positive Rückmeldungen. Bei den „Durchschnittfans“ ist das Echo noch sehr geteilt. Natürlich wollen wir ein möglichst breites Spektrum an Leuten erreichen. Beim Heimspiel gegen Bayern Anfang April werden wir die erste Hälfte schweigen, und falls ein Tor fällt, lediglich klatschen. Das wird uns nicht leicht fallen, aber dem Verein muss verdeutlicht werden, wie das Stadion der Zukunft aussehen könnte, wenn aktive Fans weiterhin drangsaliert werden. In der zweiten Hälfte soll es dann besonders laut werden. Mit der Mannschaft haben wir deswegen bereits gesprochen und klargemacht, dass der Boykott nichts mit ihnen zu tun hat. Trainer Hecking hat in einer Zeitung gesagt, dass die Mannschaft Unterstützung verdient hat. Die Frage ist nur, was wir Fans verdient haben. (Faszination Fankurve, 19.3.2007)