29.11.2019 - SC Freiburg

„Die Angeklagte war beim Spiel gar nicht zugegen“


Ein Ultra des SC Freiburg wurde angeklagt, weil sie am 03. Februar 2019 beim Auswärtsspiel des Sportclubs einen Polizisten beleidigt haben soll. Tatsächlich war die Person jedoch gar nicht beim Auswärtsspiel in der baden-württembergischen Landeshauptstadt anwesend, wie Ultras aus Freiburg nun öffentlich machten.

„Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht waren sich der Sache so sicher, dass sie statt gründlicher Ermittlungen auf ein verkürztes Verfahren setzten und am 02.07.19 einen Strafbefehl zustellten: Verurteilung zu 20 Tagessätzen wegen Beleidigung. Über das Strafmaß könnte an anderer Stelle gestritten werden – in diesem Fall ist das Absurde: Die Angeklagte war beim Spiel gar nicht zugegen. Wie kann es zu so einer Verwechslung kommen? Die Polizei filmt die Fans während der Einkesselung. Dabei stellt sie dann entweder während der Kesselung oder im Nachhinein anhand der Video- und Tonaufnahmen eine Beleidigung fest. Statt – denn auch das wäre eine Option – diese mutmaßliche Beleidigung in den Gesamtkontext einer durch die Polizei hergestellte Krisensituation einzuordnen, nimmt die Polizei ihr Recht wahr, gegen diese Beleidigung zu ermitteln. Dabei umkreist sie den beleidigenden Fan auf ihrem Videomaterial, exportiert ein Standbild und identifiziert den Fan entweder selbst oder bittet die örtlichen szenekundigen Beamt*innen um Identifizierung. In diesem Fall steckt weitere Brisanz: Bei der Angeklagten handelte es sich um eine der wenigen Frauen, die in der Freiburger Ultraszene aktiv sind. Warum es auch unter Mitarbeit der szenekundigen Beamt*innen aus Freiburg nicht gelang, in dieser zahlenmäßig sehr viel kleineren Gruppe weiblicher aktiver Fußballfans eine Verwechslung auszuschließen, bleibt für uns schleierhaft. Es drängt sich der Verdacht auf, dass in diesem Fall die Verbindung der Kriterien „Geschlecht“ und „Ultragruppe“ für die Freiburger Polizei ausreichten, um verdächtig zu sein und dann beschuldigt zu werden. Wir möchten hier die steile These aufstellen, dass sogar Menschen, die sich nicht in der aktiven Fanszene verorten, zu einer Beleidigung fähig sein können und dass selbst Frauen – wir schlagen hier beispielsweise aufgrund des technischen Fortschritts den visuellen Abgleich der Haarfarbe vor – anhand weiterer Kriterien als ihres Geschlechts identifiziert werden könnten. Die Betroffene hat rote Haare, die gesucht Person dunkelbraune“, kritisieren die SCF-Fans von Corrillo Ultras, Immmer Wieder Freiburg, Supporters Crew Freiburg und Synthesia Ultras die Ermittlungen der Polizei.


Der betroffene Fan soll noch nach Erhalt des Strafbefehls erklärt haben, gar nicht in Stuttgart gewesen zu sein und dafür auch Zeugen benannt haben, dennoch kam es zur Verurteilung. Der Freiburger Ultra ging anschließend mit anwaltlicher Hilfe gegen den Strafbefehl vor. Die Fangruppen des SC Freiburg, die den umstrittenen Polizeieinsatz damals in Stuttgart bereits ausführlich kritisierten, sehen vor allem auch nach dem Gastspiel des Karlsruher SC am vergangenen Sonntag in Stuttgart ein grundsätzliches Problem bei der Stuttgarter Polizei: „Dass von allen drei Instanzen – ermittelnde Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht – bei der Entscheidung auf Strafbefehl so fahrlässig vorgegangen wurde, verurteilen wir aufs Schärfste. Durch ein solches Vorgehen wird das Vertrauen in den Rechtsstaat massiv erschüttert. Die einzige für uns plausible Erklärung liegt darin, dass mit diesem Vorgehen der Versuch unternommen wurde, den umstrittenen Polizeieinsatz im Nachhinein weiter zu rechtfertigen, dabei schnell zu 'Ergebnissen' zu kommen und eine Mitverantwortung der aktiven Fanszene zu konstruieren“, so die Stellungnahme der SCF-Fans weiter. (Faszination Fankurve, 29.11.2019)

Fanfotos SC Freiburg




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