18.10.2016 - 1. FC Kaiserslautern

​Diese FCK-Fans erhalten „Tribüne-ohne-Grenzen“ Preis


Frenetic Youth, die Queer Devils und der FC Welcome Neustadt erhalten den „Tribüne-ohne-Grenzen“ Preis des Fanprojekts Kaiserslautern für das Jahr 2016. Die Ultràgruppe Frenetic Youth wurde für ihr Pfandkisten-Aktion, die Flaschensammler unterstützen soll (Faszination Fankurve berichtete), ausgezeichnet. (Faszination Fankurve, 18.10.2016)


Faszination Fankurve dokumentiert die Pressemitteilung des Fanprojekts Kaiserslautern:

Die Gewinner des Tribüne-ohne-Grenzen Preises 2016 stehen fest!
Welche Projekte, Initiativen, Gruppen und Personen sich auf den ersten ToG-Preis beworben haben und welche letztendlich bei der fünfköpfigen Jury das Rennen machten und diese zu ihrer Entscheidung bewogen haben, erfahren Sie im folgenden Exposé. Beginnen möchten wir mit den GewinnerInnen des diesjährigen ToG-Preises und werden diese der Einfachheit halber in alphabetischer Reihenfolge aufführen und beschreiben. Im Anschluss werden die MitbewerberInnen genannt, um ihr tolles Engagement ebenfalls zu würdigen. Darüber hinaus sollen die stichwortartig aufgeführten Diskussions- und Bewertungskriterien dazu dienen, die Ausführungen zu den Entscheidungen der Preisjury transparenter werden zu lassen. Zum Schluss wird ein kurzes Fazit der ToG-Preis-Jury stehen.

Die Preisträger
Frenetic Youth – Die Pfandkiste
„Die Pfandkiste“, so nennt die Ultragruppierung Frenetic Youth aus Kaiserslautern ihr neustes soziales Projekt, welches sich bereits derzeit in seiner Umsetzung befindet. Was in anderen Städten durch Eigeninitiative verschiedener engagierten Gruppen und der Initiative „Pfand gehört daneben“ schon Realität geworden ist, ist in der Stadt ihres Bezugsvereines vergeblich zu finden – nämlich im Stadtbereich sichtbar angebrachte Getränkekisten oder andere Abstellvorrichtungen, die als Sammelstellen für Mehrwegflaschen dienen sollen. Von ökologischen, ästhetischen oder rein praktischen Gründen mal abgesehen, beschreiben die Jugendlichen und jungen erwachsenen Fußballfans den Sinn und Zweck der Pfandkiste in ihrer Bewerbung selbst am besten: „Menschen werfen ihre Pfandflaschen einfach weg, andere Menschen fischen sie anschließend wieder aus dem Müll heraus. So zeigt sich eindrucksvoll der Unterschied zwischen arm und reich in unserer Gesellschaft: Zwischen Menschen, die es sich leisten können, Pfandflaschen und andere Verpackungen mit Pfand wegzuwerfen und denen, für die das Pfand wertvoll ist und die es auf sich nehmen, für ein paar Cent Gegenwert im Müll danach zu wühlen. Das ist nicht nur erniedrigend, sondern birgt auch ein Verletzungsrisiko.“ Begründung der Jury: Eine Gruppe junger Menschen, die schon häufiger durch ihr soziales Engagement in Erscheinung getreten ist, zeigt mit ihrem Projekt deutlich, dass sie sich auch fernab von populären gesellschaftlichen Themen, mit Missständen und Problemen in Kaiserslautern und darüber hinaus, auseinandersetzt. Selbst ohne große öffentliche Aufmerksamkeit oder Unterstützung werden Projektideen eigenständig erarbeitet und diese auch umsetzt. Die Pfandkiste steht hierbei einer ökonomischen und gesellschaftlichen Schieflage entgegen. Einkommensschwächere Menschen, welche auf den Zuverdienst durch das Sammeln von Pfandflaschen angewiesen sind, müssen im Erfolgsfall nicht mehr in entwürdigender und gefährlicher Art und Weise Mülltonnen durchwühlen. Darüber hinaus erachtet es die Jury als sinnvoll, dass durch dieses Projekt dem beschriebenen Problem nachhaltig mehr Beachtung geschenkt und für die Betroffenen eine kritische Lobby geschaffen werden kann.

Queer Devils e.V. – IDAHOT- Aktionswoche
Der „International Day Against Homophobia and Transphobia“ (IDAHOT) findet seit 2005 weltweit jährlich am 17. Mai statt. Erst im Jahre 1990 wurde an eben jenem Datum von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus ihrem Diagnose-Schlüssel psychischer Krankheiten gestrichen. Bisher gab es in Kaiserslautern zu diesem Tag nur wenige und kleinere Aktionen verschiedener Gruppen. Im Mai 2016 hingegen entschloss sich der erste schwul-lesbische Fanclub des 1. FC Kaiserslautern, Queer Devils e.V., gemeinsam mit weiteren Gruppen durch öffentlichkeitswirksame und gut organisierte IDAHOT-Aktionswochen ein sichtbares Zeichen zu setzen. Dies war dem Fanclub ein großes Anliegen, da auch und gerade zur heutigen Zeit bundes- und weltweit immer noch queere und queer-idente Menschen diskriminiert werden. Somit stellten sie arbeitsteilig beachtliche Veranstaltungen und Aktionen in Kaiserslautern auf die Beine. Alle geplanten und durchgeführten Beiträge sollten vier Kriterien erfüllen: „1.) Information und Aufklärung zum Thema Homophobie im Sport insbesondere im Fußball 2.) Ansprache der FCK-Fanszene als Zielgruppe 3.) Abbau von Kontakt-Barrieren und Berührungsängsten gegenüber queeren Menschen 4.) Eindeutige Positionierung und Setzen von sichtbaren Zeichen“. Am Programm für 2017 wird bereits gearbeitet. Begründung der Jury: Die Qualität der Bewerbung, der enorme Aufwand, das erfolgreich umgesetzte Programm sowie der unmittelbare Bezug zur Antidiskriminerungsarbeit im Fußballfanbereich stehen bereits für sich. Dass allerdings durch die Unterstützung von Oberbürgermeister Dr. Klaus Weichel und dem 1.FCK am Rathaus in Kaiserslautern und am Fritz-Walter-Stadion die Regenbogenfahnen wehten, verbildlicht sehr gut das Engagement der OrgansiatorInnen und UnterstützerInnen. Von der Auftaktveranstaltung der „Aktionswochen für Toleranz und Akzeptanz“, dem Fanclub-Grillfest, der Fotoaktion „Kiss the Pride“ am Spieltag auf dem Betzenberg, der Autorenlesung „Das Schweigen der Männer“, bis hin zum IDAHOT-Aktionstag an der Stiftskirche, wird das beeindruckende Programm zu Recht als Erfolg gewertet. Allen voran den Queer Devils ist es zu verdanken, dass dem Thema Homophobie eine Aufmerksamkeit zuteilwurde, welche wir uns stets präsent wünschen.

Tim und Christian - FC Welcome Neustadt
„Der FC Welcome Neustadt“ ist ein Fußballprojekt welches sich an geflüchtete Menschen richtet. Dabei spielt es keine Rolle aus welchem Land die Menschen kommen, welchen Aufenthaltsstatus sie haben oder welcher Religion sie angehören. Beim FC Welcome Neustadt spielen unter anderem Menschen aus Somalia, Eritrea, Syrien, Irak, Afghanistan, Marokko und Albanien gemeinsam Fußball.“ (Aus der Bewerbung) Das von lediglich zwei Freunden aufgezogene Projekt startete im Sommer 2015. Ein Ball und ein Besuch in einer Sammelunterkunft, in der sie mit offenen Armen empfangen wurden, reichten aus, um ein kontinuierliches Angebot zu schaffen, an welchem mittlerweile regelmäßig bis zu 30 Personen teilnehmen. Die Bemühungen um den Aufbau eines Netzwerkes von UnterstützerInnen, rund um einen Sportartikelhersteller, dem 1.FCK, einem Unternehmen, dem AK Asyl Neustadt, der Stadt Neustadt, einer Schule und einzelner OrganisatorInnen von Fußballturnieren, zeigten in kürzester Zeit eine beachtliche Wirkung. Das Projekt ist im Sommer, als auch im Winter gesichert. Die teilnehmenden Flüchtlinge sind mit Trainingsshirts und einem Trikot ausgestattet, mit denen sie bereits an drei Turnieren teilgenommen haben. Ein Spielbesuch beim 1.FCK wurde ermöglicht.

Begründung der Jury:
Es erfordert ein unbeschreibliches Engagement und viel Herzblut, damit es zwei Menschen gelingt, solch ein Projekt aufzubauen und kontinuierlich begleiten zu können. Gespräche führen mit Verantwortlichen, Plätze suchen, Ansprechpartner überzeugen, UnterstützerInnen gewinnen und vieles mehr. Dass daraus dann noch ein Fußballprojekt entsteht, welches von acht auf 30 TeilnehmerInnen anwächst und zu dem teilweise sogar Flüchtlinge aus anderen Städten anreisen, ist überaus beeindruckend. Gerade zu Zeiten in denen populistische Hetze gegen Flüchtlinge scheinbar Alltag ist und nicht konsequent entgegengetreten wird, ist ein ehrenamtliches Engagement nicht hoch genug zu bewerten. Daher schließen wir uns der Hoffnung des budgetlosen Projekts an „…wir [hoffen] darauf auch andere junge Menschen dafür zu inspirieren mit Flüchtlingen in Kontakt zu kommen und ihre eigenen Erfahrungen mit Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen zu machen.“

Weitere Bewerber
Berliner Bagaasch - Bagaasch-Refugee-Cup
Die Berliner Bagaasch ist ein Berliner Fanclub des 1. FC Kaiserslautern, welcher sich seit Jahren sozial engagiert. Auf den ToG-Preis wurde sich aufgrund der Organisation und Durchführung des „Bagaasch-Refugee-Cup“ beworben. An dem Cup nahmen Fanclubs verschiedener Vereine und Flüchtlinge einer Notunterkunft in Berlin teil. Das Setzen eines Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie Flüchtlingen eine Abwechslung zu ihren Erlebnissen zu bieten, waren wichtige Ziele. Der Cup soll 2017 erneut stattfinden.

Berufsbildende Schule II Wirtschaft und Soziales – Gemeinsam lernen
Die BBS II unterrichtet derzeit über 100 Flüchtlinge. Auf Wunsch der SchülerInnen und der zu unterrichtenden geflüchteten Menschen sich besser kennen zu lernen, wurde das Projekt„Gemeinsam lernen“ ins Leben gerufen. Als weitere Ziele wurden das knüpfen von Freundschaften, die Schaffung einer interkulturellen Schulatmosphäre sowie eine öffentliche Ausstellung formuliert. Der Standpunkt „Alle Menschen sind willkommen bei uns!“ soll durch die von der Stadt Kaiserslautern geförderte Fotosammlung zum Ausdruck kommen.

Frenetic Youth – Second Fan Shirt
Die Preisträger haben sich auch für ihre Teilnahme an dem Projekt “Second Fan Shirt” beworben. Diese vom „Bündnis aktiver Fußball Fans“ (BAFF) und den „Football Supporters Europe“ (FSE) initiierte Aktion, zielt darauf ab, europaweit von allen Fußballfans gespendete Fanartikel zu sammeln und zu versteigern. Der finanzielle Erlös soll in Projekte fließen, welche geflüchteten Menschen eine gesellschaftliche Partizipation ermöglicht und fördert. Das Projekt läuft seit 2014 und dauert noch an.

Die Jury und ihre Bewertungskriterien
Die Jury bestand aus den MitarbeiterInnen des AWO Fanprojekt Kaiserslautern Christian Hirsch, Michelle Deckarm und Stefan Michels, unserer Honorarkraft Florian Meyers sowie Janina Ritter, die uns bei der Ausarbeitung des Tribüne-ohne-Grenzen Preises unterstützt hat. Alle sechs Bewerbungen wurden von der Jury durchgearbeitet und anhand folgender Kriterien diskutiert: Projektzeitraum/Jahr, Aufwand, Anzahl beteiligter Personen, Reichweite des Projektes, mögliche vorhandene Fremdförderung, Kooperationen und Netzwerke, Nachhaltigkeit/Kontinuität, Fußballbezug, Bewerbungsqualität und Entwicklungspotential.

Fazit
Alle Jurymitglieder sind begeistert, welche Resonanz der Tribüne-ohne-Grenzen Preis in seinem ersten Jahr erhalten hat. Sechs Bewerbungen, sechs Projekte, fünf verschiedene BewerberInnen. Alle thematisch ihren Finger am Puls der Zeit. Wir sind sehr erfreut darüber und gleichzeitig erleichtert, dass es in der Region Kaiserslautern aber auch bundesweit viele engagierte Menschen gibt, welche sich wichtige Gedanken machen, ihre Konsequenzen daraus ziehen und dementsprechend handeln. Alle Projekte haben das Motto des Preises verstanden und verinnerlicht: Barrieren jeglicher Art zu überwinden und Grenzen zu durchbrechen. Sie tragen dazu bei, dass gesellschaftliche Barrieren abgebaut werden sowie Vorurteilen und Diskriminierungen entgegengearbeitet wird. Wir sind glücklich würdige Preisträger auszeichnen zu dürfen, deren Themen so unterschiedlich, wie wichtig sind. Wir wünschen allen BewerberInnen weiterhin einen langen Atem, viel Mut, viel Kreativität, große Unterstützung und weiterhin viel Erfolg. Wir bedanken uns bei allen BewerberInnen und sind jetzt schon gespannt auf die Bewerbungen für den ToG-Preis 2017!

Fanfotos 1. FC Kaiserslautern




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