11.12.2019 - Eintracht Frankfurt

„Durchsuchung bei Eintracht Frankfurt war rechtmäßig“


Die Durchsuchung des Lagerraums der Ultras Frankfurt am 21. Februar 2019 im Frankfurter Waldstadion im Vorfeld des Europa League-Spiels der Eintracht gegen Shakhtar Donetsk war rechtmäßig. Dies machte das Oberlandesgericht Frankfurt gestern durch Veröffentlichung des Beschlusses vom 21. November 2019 öffentlich.

„Am Vorabend des 21.02.2019 gab der Präsident der Eintracht dem Internet-Streaming-Dienst DAZN ein Interview. In diesem sagte er im Hinblick auf das bevorstehende Fußballspiel unter anderem: 'Das Stadion muss brennen!' Am Morgen des 21.02.2019 formulierte er gegenüber hr-Sport, seine Aussagen vom Vorabend hätten nichts mit Pyrotechnik zu tun. Das Polizeipräsidium Frankfurt am Main beantragte am 21.02.2019 kurz vor 15:00 Uhr telefonisch einen Durchsuchungsbeschluss bezüglich eines Lagerraums, den die Eintracht der Fangruppe der Ultras auf dem Gelände der Commerzbank-Arena zur Lagerung von Fanutensilien zur Verfügung stellt. Es bestehe die Gefahr, dass sich in diesem Raum pyrotechnische Gegenstände befänden, die vor oder während des Fußballspiels am Abend entzündet werden sollten. Nach Übermittlung eines schriftlichen Vermerks ordnete das Amtsgericht Frankfurt am Main in einem weiteren Telefonat die Durchsuchung an und bestätigte diese am gleichen Tag schriftlich. Bei der am Nachmittag des 21.02.2019 erfolgten Durchsuchung des Lagerraums wurden keine sicherzustellenden Gegenstände aufgefunden. Die Eintracht begehrt mit ihrer Beschwerde die Feststellung, dass der Beschluss des Amtsgerichts rechtswidrig war und sie in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG verletzt hat. Die Beschwerde hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die angefochtene Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts am Main sei rechtmäßig, entschied es. Der durchsuchte Lagerraum unterfalle zwar dem sachlichen Schutzbereich des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG. Als juristische Person könne sich die Eintracht auch auf dieses Grundrecht berufen. Im Anordnungszeitpunkt hätten jedoch Tatsachen vorgelegen, die die Annahme rechtfertigten, dass sich in dem Lagerraum sicherzustellende pyrotechnische Gegenstände befanden (§§ 38 Abs. 2 Nr. 1, 40 Abs. 1 Nr. 1 HSOG). Im Rahmen der zu erstellenden Gefahrprognose sei zu Recht eine dringende und gegenwärtige Gefahr angenommen worden. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der bereits vollzogenen Durchsuchungsanordnung durch das Beschwerdegericht komme es nur auf den Sachverhalt an, der zum Anordnungszeitpunkt erkennbar gewesen sei. Der Richter habe hierbei eine eigenverantwortliche Prüfung vorzunehmen. Diesen Anforderungen entspreche der amtsgerichtliche Beschluss im Ergebnis noch. Zweck, Ziel und Umfang der Durchsuchung des Lagerraums würden im Beschluss klar benannt. Die wesentlichen Tatsachengrundlagen für die erfolgte Gefahrprognose seien dem Beschluss in gerade noch ausreichender Weise zu entnehmen, und zwar in Zusammenschau mit dem schriftlichen polizeilichen Vermerk vom gleichen Tage. Zwar stelle das Amtsgericht nicht ausdrücklich auf die objektive Gefährdungserhöhung durch die Interviewäußerungen des Präsidenten der Eintracht am Vorabend des Fußballspiels ab. Gleichwohl sei gerade dieses Interview der eigentliche und nachvollziehbare Anlass für die richterliche Durchsuchungsanordnung. Es komme nicht darauf an, wie der Präsident von Eintracht seine Worte, das Stadion müsse brennen, gemeint habe. Entscheidend sei allein, dass diese Worte - auch aufgrund der Vorgeschichte pyrotechnischer Vorfälle - objektiv als Aufruf zum Entzünden von Pyrotechnik vor oder während des Fußballspiels verstanden werden konnten. Diese durch das Interview eingetretene Gefährdungserhöhung habe auch nicht mehr im Nachhinein durch Klarstellungen beseitigt werden können. Die amtsgerichtliche Durchsuchungsanordnung sei auch verhältnismäßig. Der Gefährdung von Leib und Leben vieler Stadionbesucher durch hochgefährliche und nicht zu kontrollierende im Stadioninnern verbotene pyrotechnische Gegenstände habe ein Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung der Eintracht gegenüber gestanden. Dieser sei qualitativ und zeitlich als recht gering einzuordnen ist. Die Durchsuchungsanordnung habe nur einen einzigen Lagerraum innerhalb des Stadiongeländes betroffen, der für den laufenden Geschäftsbetrieb, die Vorbereitung der Mannschaften und die Durchführung des Fußballspiels am Abend nicht bedeutsam sei“, begründete das Oberlandesgericht Frankfurt nun, warum die Durchsuchung des Lagerraums rechtmäßig gewesen sei.

Nachdem die Ultras Frankfurt die eigentlich geplante Choreografie beim Donezk-Heimspiel wegen der Durchsuchung, bei der keinerlei Pyrotechnik gefunden wurde, wieder absagten, kam es an der Nordwestkurve innerhalb des Waldstadions zu einem umstrittenen Polizeieinsatz. Ein Video davon zeigte, wie ein Eintracht-Fans von der Polizei geschubst wurde. Weil der Fan sich dabei Lendenwirbelbruch zuzog, klagte der SGE-Fan gegen das Land Hessen auf Schmerzensgeld. Wie die Frankfurter Rundschau im November 2019 berichtete, gehörte der Fan damals zur Gruppe, die sich um den Aufbau der Choreografie kümmerte. Die Ultras malten nach der Durchsuchung des Lagerraums spontan ein „Beuth, der Ficker fickt zurück“-Spruchband, das von der Polizei eingezogen wurde. Dabei wurde der Fan von drei Polizisten angegangen und über die Werbebande geschubst. Die Folgen der daraus resultierenden Verletzungen, wegen der der Fan im Krankenhaus war, sollen ihn auch heute noch beeinträchtigen. Dieser Prozess soll im Januar 2020 fortgesetzt werden. (Faszination Fankurve, 11.12.2019)

Ab Sekunde 37 ist zu sehen, wie der SGE-Fan über die Bande geschubst wird:

Fanfotos Eintracht Frankfurt




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