01.08.2004 - Österreich

Ein bewegtes Jahr


Österreichs Fans mussten in der vergangenen Saison an vielen Fronten für Ihre Interessen eintreten. Selten gab es ein Jahr, in dem so viel angeprangert und diskutiert wurde, in dem sich die Gemüter derart erhitzten.

Brennpunkt Klagenfurt: „Violet is the colour“ lautete die Aktion der Klagenfurter Ultras, den „Barrakudas“, die sich nicht mit der gelben Spielkleidung des FC Kärnten (seit 1999 besteht dieser Name) anfreunden können und das traditionelle Violett ihres Austria Klagenfurt zumindest für die Auswärtstrikots durchsetzen wollten. Da der gerade abgestiegene Verein vertraglich an einen Ausrüster gebunden ist, der bisher keine violetten Trikots führt und diese erst ab einer Menge von 1.500 Stück herstellen würde (die der FC Kärnten über Eigenverbrauch und Merchandising nicht einmal im abgelaufenen Erstligajahr erreichte), muss man diesen Wunsch zunächst vertagen.

Brennpunkt Wien: Als kolportiert wurde, dass der ehemalige FPÖ-Politiker, bekennende Austria-Fan und jetzige Bundesliga-Vorstand Peter Westenthaler in den Vorstand der Austria wechseln sollte, blieb der Fanblock beim letzten Saison-Spiel gegen den FC Kärnten anfangs leer, ein Transparent verkündete: „Kommt P.W., sagen wir adé.“ Fritz Duras (42) vom Fanclub „Austria 80“ erklärt: „Viele wollen ihn aufgrund seiner früheren politischen Tätigkeit nicht. Zudem soll er vom Mäzen Frank Stronach in das Amt gehievt werden und alles, was von dem kommt, stößt auf Ablehnung.“

Brennpunkt Innsbruck: Thomas Gassler (29) von den „Verrückten Köpfen“ fasst zusammen: „Wir hatten in den letzten 20 Jahren acht verschiedene Vereinsnamen, drei unterschiedliche Vereinsfarben und fünf Vereinslogowechsel.“ Die Bestrebungen der Fans, den Club in den ursprünglichen Namen „Wacker Innsbruck“ umzubenennen, scheiterten in der Generalversammlung. „Vorstand, Politik, Wirtschaft und Verband wollen einen künstlichen ‚FC Wacker Tirol’ durchsetzen, ein Zwitterprodukt mit einen Schuss Tradition und einer Brise wirtschaftlichen Denkens“, erklärt Gassler seine Bedenken gegenüber dem neuen Vereinsnamen.

Ansonsten bestimmte ein Messerwurf aus dem Block der Rapid-Wien-Anhänger auf den Torwart von Austria Salzburg die Schlagzeilen. „Das wurde in den Medien natürlich sehr hoch gekocht!“ bewertet Reinhard Krennhuber vom Fan-Magazin „Ballesterer fm“ die wirre Aktion eines Einzelnen. Die Konsequenzen tragen alle: Dauerkarteninhaber von Rapid werden ab der kommenden Saison eine Hausordnung unterschreiben müssen, in der sie unter anderem der Videoüberwachung zustimmen. Dabei waren es gerade die Fans von Rapid, die in der abgelaufenen Saison ihre Liebe zum Verein wiederentdeckt haben: 110% Prozent mehr Grün-Weiße als im Vorjahr passierten die Stadiontore, der Schnitt liegt nun bei 12.324.

Dass solche Zuschauermassen die Spiele von Sturm Graz sehen werden, ist in der kommenden Saison auszuschließen. Während viele Vereine in dem Bemühen, eine bessere Unterstützung aus der Kurve zu erhalten, ihre Jahreskartenpreise sogar gesenkt haben, greift Sturm Graz tief in die Taschen seiner Fans: 247 Euro soll das günstigste Abo für Vollzahler beim Tabellenvorletzten des Vorjahres kosten. Zum Vergleich: 104 Euro sind es beim Meister und Stadtrivalen GAK für dieselben Plätze im selben Stadion. Und auch alle anderen Vereine der Liga bewegen sich in diesem Preisbereich. Inzwischen ist die Situation völlig eskaliert, das Verhältnis zwischen Vorstand und Fans ruiniert. Bei einem Gespräch am runden Tisch, das auf „Antenne Steiermark“ übertragen wurde, beschimpfte Clubvorsitzender Hannes Kartnig die Fan-Vertreter als „abnormale Menschen“, die er nicht brauchte, da sie ihm kein Geld brächten. Die Brigata Graz hat „endgültig die Nase voll, so dass wir beschlossen haben, darauf zu verzichten, Abos für die Saison 2004/05 zu kaufen“, heißt es in einer Erklärung der Gruppe, die nicht gänzlich den Spielen fernbleiben will. „Die optische und akustische Unterstützung wird jedoch bis auf weiteres ausbleiben, zumal diese ohnehin nicht gewünscht und schon gar nicht gewürdigt wird.“ Es bleibt das Fazit, dass viel Unruhe in der österreichischen Fanszene herrscht, dabei hat die gemeinsame Aktion „Die Kurve gehört uns!“ durchaus Erfolge zu verzeichnen: Der neue Inhaber der TV-Rechte, das Konsortium aus Premiere und Österreichs einzigem Privatsender ATV, wird darauf verzichten, zukünftig Spiele unter der Woche um 18 Uhr anpfeifen zu lassen. Es wird neue Themen geben. Krennhuber: „Es steht ja immer noch die ursprüngliche Forderung im Raum, die Einführung der so genannten ‚Bundesliga-Stewards‘ zu verhindern.“ Man befürchtet Schikanen von mit zu vielen Kompetenzen ausgestatteten Security-Diensten. (Faszination Fankurve, 01.08.2004)

Fanfotos Österreich




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