02.11.2018 - Mainz/Augsburg

„Erzwungene Sippenhaft für eine große Gruppe Fußballfans“


Vor dem Pokalspiel zwischen dem FC Augsburg und dem 1. FSV Mainz 05 wollten etwa 300 FCA-Augsburg-Fans, die sich wie vorab angekündigt an der Universität trafen, zum Schwabenstadion laufen. Letztlich wurde die Gruppe FCA-Fans von der Polizei penibel kontrolliert, weshalb das Stadion erst verspätet erreicht wurde.

Als die FCA-Fans in Richtung Stadion los liefen, soll die Polizei bereits mit einem Großaufgebot vor Ort gewesen sein. Nachdem ein einzelner Fan einen Böller warf, wurden alle FCA-Fans eingekesselt. Anschließend soll noch ein weiterer Böller gezündet worden sein und später, als die FCA-Fans in die Straßenbahn umstiegen, auch noch etwas Rauch.

Daraufhin kontrollierte die Polizei die Insassen der Straßenbahn, was über eine Stunde gedauert haben soll. Der Straßenbahnverkehr zum Stadion kam deshalb zum Erliegen, weshalb viele FCA-Fans zu Fuß oder mit Ersatzbussen zum Stadion gehen bzw. fahren mussten. Die Rot-Grün-Weiße Hilfe kritisiert nun das Verhalten der Polizei und spricht von Sippenhaft. Gleichzeitig gesteht die Fanhilfe aus Augsburg ein, dass es Fehlverhalten von einzelnen FCA-Fans gab, die Böller oder Rauch zündeten.

Laut Polizeiangaben soll durch den gezündeten grünen Rauch ein Polizist verletzt worden sein, der vom Rettungsdienst in das Klinikum Augsburg gebracht wurde. Unter den Insassen der Straßenbahn soll es keine Verletzten gegeben haben. Nach der Kontrolle hat die Polizei in der Bahn verschiedene Gegenstände gefunden: „In der Straßenbahn fanden Polizeibeamte schließlich eine Vielzahl von pyrotechnischen Gegenständen, Vermummungsgegenständen sowie auch Schutzbewaffnung (Zahnschutz). Laut derzeitigem Ermittlungsstand ist davon auszugehen, dass einige der in die Straßenbahn eingestiegenen Angehörigen der Ultra-Szene die Gegenstände in das Stadion bringen wollten und diese aufgrund der erfolgten Polizeikontrolle in der Straßenbahn wegwarfen. Ein 19-jähriger Heimfan führte Handschuhe mit sich, in denen Sand eingenäht war, um die Schlagwirkung zu erhöhen. Gegen ihn wurde ein Verfahren wegen eines Verstoßes nach dem Versammlungsgesetz eingeleitet“, teilte die Polizei Augsburg dazu mit.

Während die Rot-Grün-Weiße Hilfe keine Informationen über einen Angriff von FCA-Fans auf einen Fanbus von Mainz 05-Fans hat, erklärt die Polizei dazu: „Nach dem weitestgehend störungsfrei verlaufenden Pokalspiel versuchten etwa 20 vermummte Personen abfahrende Reisebusse Mainzer Fans zu attackieren. Die Vermummten gingen im Bereich der Kurt-Bösch-Straße auf die vollbesetzten Busse zu, schlugen gegen die Fahrzeuge und suchten offensichtlich die Konfrontation mit den Mainzern. Als Polizeibeamte auf den Vorfall aufmerksam wurden flüchteten die maskierten Männer in verschiedene Richtungen. Auch in diesem Fall leitete die Polizei ein Strafverfahren wegen eines Anfangsverdachts des Landfriedensbruchs ein.“

Das Pokalspiel am Dienstagabend wollten nur 15.561 Zuschauer im Schwabenstadion verfolgen. Die Zuschauer sahen, wie der FCA zwei Mal einen Rückstand aufholte und in der Verlängerung letztlich mit 3:2 gewann. (Faszination Fankurve, 02.11.2018)

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Rot-Grün-Weiße Hilfe zum Polizeieinsatz vor dem Pokalspiel FC Augsburg – FSV Mainz 05:

Im Vorfeld von Heimspielen treffen sich FCA-Fans regelmäßig in der Nähe der Universität, um sich auf das Spiel einzustimmen – so auch am Dienstag Abend im Vorfeld des DFB-Pokalspiels gegen Mainz. Die Stimmung unter den rund 300 Fans war von friedlicher Vorfreude geprägt.

Dass sich die FCA Fanszene gestern an diesem Ort traf, war auch der Augsburger Polizei bekannt. Aus diesem Grund ist im Vorfeld von FCA-Heimspielen eine ständige Präsenz von Einsatzkräften an der Straßenbahnhaltestelle Universität nicht ungewöhnlich, ebenso nicht eine Begleitung von Fanmärschen zum Stadion zum Zwecke der Verkehrssicherung o.ä.

Ungewöhnlich war jedoch, angesichts der zu erwartenden Rahmenbedingungen, die Größe des Polizeiaufgebots. Auf Grund des spätabendlichen Termins waren insgesamt wenige Zuschauer zu erwarten, wenige Verkehrsprobleme im Stadionumfeld, sowie eine problemlose Fantrennung ob der wenigen Gästefans an einem werktäglichen Spieltermin. Nun stellt sich die Frage, ob ein solches Großaufgebot an Einsatzkräften in Anbetracht der vorgenannten Rahmenbedingungen zu rechtfertigen ist. Während die Polizeigewerkschaften bundesweit seit Jahren nicht müde werden, die permanente Belastung der Beamten durch Überstunden zu beklagen, scheint die Augsburger Polizei mitsamt der beteiligten Kräfte der Bereitschaftspolizei und des USK von diesem Problem wohl verschont geblieben zu sein!?

Eine „Manndeckung“ der FCA Fanszene wäre schon deshalb nicht nötig gewesen, weil diese es als einen ihrer Grundsätze betrachtet, verantwortungsvoll mit ihrer Heimatstadt umzugehen. Bei den traditionellen Saisonabschlussmärschen vom Rosenaustadion zum Schwabenstadion beispielsweise stellt die Fanszene seit Jahren eigenverantwortlich Ordner und legt sich selbst ein Glasflaschenverbot auf, um eine Verunreinigung der eigenen Stadt zu vermeiden.

Gegen 18:30 Uhr machten sich schließlich die FCA-Fans auf den Weg ins Stadion. Doch noch bevor die Gruppe die ersten 100 Meter zurückgelegt hatte, wurden sämtliche Fans, offenbar aufgrund eines ins Gebüsch geworfenen Feuerwerkskörpers, eingekesselt und für mehrere Minuten an der Fortbewegung gehindert. Nachdem nach weiteren wenigen Metern anscheinend ein weiterer Knallkörper gezündet worden war, wurden alle anwesenden Fans erneut für eine längere Zeit am Weiterlaufen gehindert. Nach Dafürhalten der Rot-Grün-Weißen Hilfe sind Feuerwerkskörper kein zwingender Bestandteil eines entspannten Fußballtages – erzwungene Sippenhaft für eine große Gruppe Fußballfans wegen einer von einzelnen Personen begangenen Ordnungswidrigkeit aber ebenso wenig.

Teilnehmer berichten von ruppigem Verhalten der Beamten und Provokationen gegenüber den Fans. Zwischenzeitlich wurde offenbar gar versucht die rund 300 Fans einzeln durch ein Spalier marschieren zu lassen. Statt den Marsch zu begleiten, die Sicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten und bei Fehlverhalten gezielt zu intervenieren, wirkte die Einsatzstrategie an diesem Tag alles andere als deeskalativ. So manifestierte sich bei vielen FCA-Fans der Eindruck, dass die massive Machtdemonstration der polizeilichen Einsatzleitung an diesem Abend möglicherweise ein anderes Hauptinteresse verfolgte.

Wohl um dem Katz und Maus Spielchen zu entgehen, entschlossen sich die Fans nun mit der Straßenbahn weiterzufahren. Als die Straßenbahn in die Haltestelle einfuhr, wurden von Einzelpersonen anscheinend erneut Feuerwerkskörper gezündet und auf das gegenüberliegende Gleis geworfen, auf dem sich wohl vereinzelt Personen und Polizeibeamte befanden. In Folge dessen drangen auch Rauchschwaden in die Straßenbahn, wodurch möglicherweise ein Polizeibeamter leicht verletzt wurde. Ein derartiges Verhalten ist nicht zu tolerieren. Es wäre jedoch ebenso falsch, das Fehlverhalten Weniger auf die gesamte Fanszene zu projizieren.

Nach wenigen Metern wurde die abfahrende Straßenbahn von der Polizei für über eine Stunde gestoppt und weite Teile des Universitätsviertels abgeriegelt. Durch diese umfassende Maßnahme wurden viele aus der Innenstadt und aus dem Augsburger Osten kommende Fans an der Anreise zum Stadion gehindert. Etliche Fans wurden mangels Straßenbahn zum Antritt langer Fußmärsche zum FCA Stadion gezwungen und mussten über unbeleuchtete Wiesen und Wege entlang der B17 zum Stadion laufen.

Die Fahrgäste der gestoppten Straßenbahn wurden offenbar in „normale“ und „nicht normale“ Fans aufgeteilt und letztere einzeln einer langwierigen Personenkontrolle unterzogen. Für das vereinzelte Zündeln einiger Weniger, wurden hunderte Fans in Sippenhaft genommen. Bemerkenswert ist auch, dass es wohl keine dieser Ursache zuzuordnenden Verhaftungen gegeben hatte.

Die Heimspiele des FCA verlaufen seit Jahren entspannt. Auf die Quote der durch Heimfans begangenen Straftaten und auf die Anzahl von Verletzten blicken Organisatoren einer jeden ähnlichen großen Veranstaltung neidisch. Eine sinnvolle Rechtfertigung für die gestrig aufgebaute Drohkulisse durch die Augsburger Einsatzleitung ist nicht ersichtlich. Einer Entspannung des ohnehin vorbelasteten Verhältnisses Fans – Polizei ist eine solche Einsatztaktik jedenfalls nicht zuträglich. Wir fragen uns angesichts des riesigen Polizeiaufgebots außerdem, ob die Eskalation möglicherweise sogar sehenden Auges in Kauf genommen wurde.

Dass nach dem Spiel, laut Polizeiangaben, Personen versucht haben sollen, zu Mainzer Bussen vorzudringen, nehmen wir zur Kenntnis. Hierüber liegen uns keinerlei Informationen vor.

Nichtsdestotrotz kann und soll das Werfen pyrotechnischer Gegenstände nicht durch ein mögliches Fehlverhalten der Ordnungskräfte gerechtfertigt werden.

Solltet ihr eine Anzeige oder Vorladung der Polizei erhalten, so wendet euch – gleich ob Mitglied oder nicht – ebenfalls zuerst an uns.

Rot-Grün-Weiße Hilfe Augsburg