30.08.2010 - FC Zürich

FC Zürich-Fans fordern Stehplätze


Die Südkurve im Zürcher Letzigrund strahlt bei leerem Stadion ganz in orange. Nach dem Heimspiel des FC Zürich gegen den FC St. Gallen am Samstag ist dies anders. Mit einer nicht alltäglichen Aktion forderte die Südkurve Stehplätze in dem EM-Stadion von 2008.

Faszination Fankurve dokumentiert das Schreiben der Südkurve Zürich:

Jahrelang wurden wir vertröstet, Politiker und Stadionmanagement schoben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Deshalb verwirklichen wir unseren Wunsch nach Stehplätzen nun selbst.

Seit dem Abbruch des alten Letzigrunds im Jahr 2006 kämpfen wir für Stehplätze in unserer Kurve. Wir taten dies mit einer Unterschriftensammlung: Über 3000 Leute unterschrieben im Frühjahr 2007 eine Südkurven-Petition und sprachen sich für Stehplätze aus. Wir taten dies während der Übergangssaison im Hardturm innerhalb der „Task-Force-Letzigrund“, an welcher neben Vereinsvertretern auch der heutige Stadionmanager Peter Landolt teilnahm. Wir taten dies an unzähligen weiteren Meetings und Sitzungen. Die Argumente, die gegen die Realisierung von Stehplätzen ins Feld geführt wurden, waren dabei immer wieder andere: Einmal hieß es, es müsse erst die Euro 2008 abgewartet werden, ein andermal wurde auf Postulate im Gemeinderat hingewiesen (als stünden diese der Entfernung der Stühle rechtlich und faktisch im Wege). Einmal entstand der Eindruck, es handle sich um ein reines Kostenproblem, an einer anderen Sitzung wurden dann aber wieder feuerpolizeiliche Überlegungen ins Zentrum gerückt. Auch wurde mehr und mehr unklar, wer in dieser Sache eigentlich das letzte Wort hat: Der Verein verwies auf Stadt- und Gemeinderat, dieser schob dem Stadionmanagement den Ball zu und dieses wiederum verwies auf Stadt- und Gemeinderat. Wir spielten dieses Spiel Jahre lang geduldig mit, nahmen absurderweise Woche für Woche stehend auf den Schalensitzen des Letzigrunds Platz und verhinderten immer wieder, dass sich Leute in der Kurve mit Gewalt an den Sitzen zu schaffen machten. Von Sachbeschädigungen an der Infrastruktur des Letzigrunds distanzieren wir uns auch heute. Nachdem uns aber vor kurzem nahe gelegt wurde, eine weitere politische Anfrage beim Stadtrat einzureichen, sahen wir uns wieder am Anfang eines Kreises angekommen. Wir haben deshalb beschlossen, die Sache auf friedliche Art und Weise selbst in die Hand zu nehmen.

Es war und ist nach wie vor einer unserer Grundsätze, sämtliche Probleme (nicht nur solche, die die Stehplatzfrage betreffen) in Gesprächen mit den dafür zuständigen Stellen zu lösen und den rechtlich vorgesehen Weg zu beschreiten. Jedoch lassen wir uns nicht von einer vorgeschobenen Bürokratie und einem Kompetenzengewirr zermürben. Man kann den „dafür vorgesehenen politischen Weg“ nicht beschreiten, wenn unklar ist, wer denn überhaupt die Entscheidungsträger sind und welche Überlegungen im Endeffekt tatsächlich den Ausschlag geben. Auch ist uns bis heute nicht klar, bei wem es eigentlich an einem entsprechenden Willen für Stehplätze fehlt: FCZ-Präsident Ancillo Canepa sprach sich im Matchprogramm und auch bei anderen Gelegenheiten explizit für Stehplätze aus und machte diese gar zur Bedingung für den Einzug in das geplante neue Stadion. Stadionmanager Peter Landolt betonte uns gegenüber immer wieder, dass er uns gerne entgegenkommen würde, wenn ihm nicht die Hände gebunden wären. Und Stadtrat Gerold Lauber erklärte im Frühling 2009, er werde unser Anliegen nun seinen Spezialisten zur weiteren Abklärung übergeben. Stellt sich die Frage, wieso solche Experten erst jetzt, 4 Jahre nachdem wir unsere Wünsche zum ersten Mal unmissverständlich dargelegt haben, auf den Plan treten und welche neuen Aspekte diese Personen der Diskussion überhaupt beizufügen haben.

Denn die Argumente gegen Stehplätze sind uns hinlänglich bekannt. Und uns ist bewusst, dass manche dieser Einwände nicht einfach aus der Luft gegriffen sind. Doch ist unserer Meinung nach kein Argument stichhaltig genug, um die Einführung von Stehplätzen kategorisch auszuschließen. Geht es um die Kosten? Sollte es sich tatsächlich um eine reine Kostenfrage handeln, so sollten dies die verantwortlichen Stellen entsprechend kommunizieren. Es dürfte sich in diesem Fall eine Lösung finden lassen, auch deshalb, weil 3000 Kurvengänger sicherlich für einen angemessenen Teilbetrag aufkommen könnten. Oder geht es um feuerpolizeiliche und sicherheitstechnische Überlegungen? Wenn ja, wie war es dann aus feuerpolizeilicher Sicht möglich, dass am Derby im Juni 2007 über 1000 GC-Fans auf einem Drittel einer Stehtribüne zusammengepfercht wurden? Wie ist dann die Eingangspolitik in unzähligen Stadien dieses Landes zu rechtfertigen, wo für über 1000 Gästefans jeweils ein bis zwei Drehkreuze geöffnet werden? Und wieso sollten solche Überlegungen einzig in Zürich gegen Stehplätze sprechen, nicht aber in Bern, Basel, St. Gallen und in fast allen Stadien der (für ihre rigide Sicherheitspolitik bekannten) deutschen Bundesliga? An der Konstruktion des Letzigrunds alleine kann es ja wohl nicht liegen. Was die Sektorentrennung zwischen im Block D 27 und die Toilettensituation betrifft, so handelt es sich dabei sicherlich nicht um unlösbare Probleme. Wir sind sofort gewillt für konstruktive Lösungen in diesen Bereichen Hand zu bieten!

Da unsere ausgestreckte Hand bisher jedoch immer nur weitergereicht oder vertröstet wurde und die Situation auch nach 4 Jahren des Wartens derart verfahren ist, haben wir uns entschlossen, die Stühle in der Südkurve abzumontieren. Wir treten heute den Beweis an, dass nicht nur die Entfernung der Sitze keinen unmenschlichen und unbezahlbaren Aufwand darstellt, sondern dass es auch durchaus möglich (und der Stimmung förderlich) ist, Fußballspiele im Letzigrund auf einer Stehplatztribüne zu verfolgen und dass man mit Stehplätzen in diesem Stadion gut leben kann. Immer wieder wird beklagt, der Letzigrund sei nicht fußballtauglich. Mit der Entfernung der Stühle wird von unserer Seite ein wichtiger Schritt unternommen, um dies zu ändern.

Wir sind diejenigen, die dem Letzigrund im Zweiwochentakt wenigstens etwas Leben einhauchen und dafür sorgen, dass an Fußballspielen in Zürich nicht eine 3. Liga Atmosphäre herrscht. Immer wieder wird mit der Südkurve in Radio und Fernsehen geworben, immer wieder füllen Zeitungen ihre Artikel mit Berichten über und Bildern von uns. Wir sind ein Teil des FCZ, ein Teil eines Vereins, der im Zürcher Stadtleben eine bedeutende Rolle spielt. Unseren Bedürfnissen aber kamen die Entscheidungsträger bisher nicht nach. Weder in der Stehplatzfrage, noch im Hinblick auf Fragen, die das geplante neue Stadion betreffen.

Über 3000 FCZ-Fans wollen die Spiele ihres Vereins in einer eigenen Stehplatzkurve verfolgen. Heute machen wir notgedrungen nichts anderes, als dieses unser Anliegen zu verwirklichen und die von uns bewohnte und belebte Umgebung fantauglich zu gestalten - ohne dass es dabei zu Sachschäden kommt. Andernorts in dieser Stadt fand man sich mit einem ähnlichen Handeln übrigens ab, ohne gleich die „Chaoten-Keule“ zu schwingen. Dies zeigt das Beispiel Giusep Fry und seine Vorgehensweise am Üetliberg.

Unser einfaches Anliegen an die Entscheidungsträger: Unserem Wunsch nach Stehplätzen jetzt und in der Zukunft zu entsprechen.

Fanfotos FC Zürich




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