13.10.2015 - Rapid Wien

Falsches Stadionverbot kostet Staat 2397 €


Weil ein Fan von Rapid Wien, der das 311. Wiener Derby zwischen Rapid und Austria verpasste, da die Polizei ihn nicht ins Stadion ließ und ihm seine Dauerkarte abnahm, muss der Staat Österreich nun Prozesskosten in Höhe von 2397,20 Euro zahlen.

Die Wiener Polizei kontrollierte am 9. November 2014 vor dem Derby die Personalien des Rapid Fans und teilte ihm anschließend mit, dass er das Stadiongelände verlassen müsse, da er Stadionverbot besitze. Der Fan beschwerte sich beim Verwaltungsgericht Wien und es stellte sich heraus, dass er in einer sogenannten Hooligan-Datei eingetragen war. Dort landete er er laut „Die Presse“, weil gegen ihn wegen der Auseinandersetzungen zwischen Fans und Polizei beim Freundschaftsspiel zwischen Rapid und dem 1. FC Nürnberg ermittelt wurde. Das Verfahren war zum Zeitpunkt des Derbys jedoch wieder eingestellt worden, der Rapid Fan somit unschuldig. Die Polizei hätte ihn den Zutritt zum Stadion nicht verweigern dürfen. Den österreichischen Staat kostet dies nun 2397,20 Euro. (Faszination Fankurve, 13.10.2015)

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Rechtshilfe Rapid zu dem Vorfall:

Polizei schikaniert Fan: Gericht erklärte Polizeiaktion für gesetzeswidrig

Veröffentlicht am Dienstag, 20. Oktober 2015 12:06
Einem Rapid-Fan wurde am 9.11.2014 beim Wiener Derby durch die Polizei der Eintritt ins Stadion verweigert. Außerdem wurde ihm das Abo abgenommen und er wurde aus der Sicherheitszone verwiesen. Dagegen brachte er – unterstützt von der RHR - eine Maßnahmenbeschwerde ein. Im Verfahren stellte sich heraus, dass der Fan außerdem illegal in der „Gewalttäter Sport“ Datei eingetragen war. Der Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht Wien nun in allen Punkten Folge gegeben.

Das RHR-Mitglied Rudolf M. (Name geändert) stand am 9.11.2014 beim Wiener Derby am Vorplatz des Ernst-Happel-Stadions im Bereich der Sektoren C/D, als Beamte der Einsatzeinheit WEGA kamen und ihn aufforderten, sich zum Stadionzaun zu begeben. Dort standen bereits 20-25 andere Rapid-Fans. Im Zuge dieser Anhaltung wurde bei allen Personen eine Identitätsfeststellung und eine Leibesvisitation vorgenommen. Der Grund dafür war laut Einsatzleiter der Polizei der Verdacht, dass pyrotechnische Gegenstände durch den Zaun geschmuggelt werden. Das war offenbar bloß ein Vorwand, da Rudolf M. erst nach Aufforderung der Beamten zum Zaun kam und bei keinem der perlustrierten Rapidfans pyrotechnische Gegenstände gefunden wurden. Bei der Identitätsfeststellung von Rudolf M. meinte eine Beamtin er habe Stadionverbot und sein Abo würde ihm nun abgenommen werden. Außerdem müsse er den Sicherheitsbereich verlassen. Unser Mitglied bestritt, dass er ein Stadionverbot habe und reklamierte, dass ein Fehler vorliegen müsse. Selbst die Intervention eines RHR-Aktivisten konnte die Situation nicht klären. Den Hinweis unseres Aktivisten, dass eine Aboabnahme durch die Polizei nicht zulässig sei, ignorierte die Polizei. Rudolf M. musste ohne Abo den Sicherheitsbereich verlassen und konnte das Spiel nicht live im Stadion verfolgen.

Dazu muss man wissen:

Die Polizei wurde in den letzten Jahren mit einigen speziellen Befugnissen gegenüber Fußballfans ausgestatte. Nach dem SPG §49a darf die Behörde bei Großsportveranstaltungen beispielsweise einen Sicherheitsbereich einrichten und „einen Menschen, von dem auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen vorangegangener gefährlicher Angriffe gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum im Zusammenhang mit vergleichbaren Sportgroßveranstaltungen, anzunehmen ist, dass er im Anwendungsbereich der Verordnung nach Abs. 1 gefährliche Angriffe unter Anwendung von Gewalt begehen werde, aus dem Sicherheitsbereich wegzuweisen und ihm das Betreten desselben zu verbieten.“

Unterstützt von der Rechtshilfe Rapid reichte Rudolf M. anschließend über unseren Kooperationsanwalt Mag. Podoschek gegen die Aboabnahme und die Wegweisung aus dem Sicherheitsbereich eine Maßnahmenbeschwerde beim Verwaltungsgericht Wien ein.

Im Prozess musste die Polizei gleich eingestehen, dass die Abnahme der Abokarte rechtswidrig war. Dafür konnten selbst die Polizeijuristen keine Begründung finden. Ansonsten behauptete die Polizei weiterhin, die Wegweisung des Rudolf M. aus dem Sicherheitsbereich sei rechtmäßig gewesen, weil er in der Datei „Gewalttäter Sportgroßveranstaltungen“ eingetragen gewesen ist.

Zur Erklärung:

Nach §57 SPG darf die Behörde alle Daten von einer Person „die im Zusammenhang mit einer Sportgroßveranstaltung einen gefährlichen Angriff gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum unter Anwendung von Gewalt begangen hat oder zu befürchten ist, er werde bei künftigen Sportgroßveranstaltungen weitere derartige gefährliche Angriffe begehen“ in der Datei „Gewalttäter Sport“ speichern.

Für Rapidfan Rudolf M. war das eine große Überraschung: Er wusste nichts davon, dass er überhaupt in dieser Datei eingetragen war. Daher sollte nun auch die Rechtmäßigkeit dieser Eintragung im Prozess geprüft werden.

Der Eintrag in die Datei „Gewalttäter Sport“ wurde seitens der Polizeijuristin damit begründet, dass gegen Rudolf M. ein Ermittlungsverfahren im Zuge der Vorfälle beim Freundschaftsspiel Rapid-Nürnberg gelaufen sei. Jedoch wurde das Verfahren gegen Rudolf M. eingestellt, ohne dass es zu einer Verhandlung oder gar einer Verurteilung kam. Daher war dieser Eintrag nicht zulässig und somit die Wegweisung aus der Sicherheitszone unzulässig. Das erkannte auch das Verwaltungsgericht Wien. Der Beschwerde wurde in allen Punkten Recht gegeben und die Kosten für das Verfahren müssen durch die Republik bezahlt werden.

Es ist in erster Linie ein moralischer Sieg, denn Rudolf M. hat davon nichts mehr. Das Spiel hat er verpasst und wenn man daran denkt, wie hoch der Kosten- u. Zeitaufwand für so eine Beschwerde sind, wird einmal mehr klar, dass es langwierig und mühsam ist, zu seinem Recht zu kommen. Wir werden den Beamten jedoch weiterhin genau auf die Finger schauen und werden uns gegen unrechtmäßiges Verhalten der Polizei zur Wehr setzen.

Gänzlich ungeklärt bleibt auch der Grund wie es überhaupt zu der Perlustrierung der 20-25 Fans kommen konnte. Die geladenen Zeugen der Polizei widersprachen sich in ihren Aussagen. Der eine meinte gehört zu haben es werden pyrotechnische Gegenstände geschmuggelt. Ein anderer Beamter will wiederum gehört haben, die Gruppe plane einen Angriff auf gegnerischen Fans. Woher sie die Infos bekamen bzw. wie sie zu dieser Annahme kamen, konnte im Nachhinein nicht mehr geklärt werden. Was bleibt ist der Eindruck, dass es wieder einmal eine willkürliche Aktion der Polizei war, um Fußballfans zu schikanieren und ihre Macht zu demonstrieren.

Die RHR beobachtet weiterhin die Aktionen der Polizei und wir werden fragwürdige Paragraphen im Sicherheitspolizeigesetz rechtlich unter die Lupe nehmen.

Fanfotos Rapid Wien




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