20.10.2015 - 1. FC Köln / Hannover 96

Fanhilfe prüft Anzeige gegen Kölner Einsatzleiter


Weil den Fans von Hannover 96 nach dem Spiel beim 1. FC Köln am Sonntag auf dem Rückweg im Bahnhof Köln-Deutz der Kauf von Nahrungsmitteln untersagt wurde und Fans nicht mehr zu ihrem eingeschlossenen Gepäck im Kölner Hauptbahnhof gelassen wurden, prüfen die Fans rechtliche Schritte.

Die Fanhilfe Hannover überlegt Anzeige gegen den Einsatzleiter der Kölner Polizei zu stellen. Die Hannover 96 Fans stellen fest, dass unter diesen Umständen keine Kooperation mit der Polizei möglich sei und daraus in Zukunft sogenannte konspirative Anreise erfolgen könnten, um vor der Polizei unerkannt zu bleiben, damit man sich mit Nahrungsmitteln versorgen kann.

Die Kölner Polizei berichtet unabhängig von der Rückreise der aktiven Fanszene von Hannover 96, die mit Regionalzügen nach Köln reiste, über einen Angriff auf vier Gästefans auf einem Parkplatz in Stadionnähe. Die Hannover Fans flüchteten laut Polizeiangaben mit einem Auto in Richtung einer Polizeiwache. Auf der Wache wurde Anzeige gegen Unbekannt erstattet. (Faszination Fankurve, 20.10.2015)


Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Fanhilfe Hannover:

"Nahrungsmittelsperre" beim Auswärtsspiel in Köln
Das gestrige Auswärtsspiel in Köln bot mal wieder allerlei Anlass, verwundert zu sein. Nach ereignisloser Anreise auf den regulären Wegen in Regionalzügen und einem (im Fanblock) ereignislosen Spielverlauf wurden die hannoverschen Fans in einer Sonderbahn vom Stadion zum Bahnhof Köln Messe/Deutz gebracht. Am Bahnhof wurde den Fans sowohl der Aufgang zum Gleis versperrt, als auch das freie Bewegen im Bahnhof selbst untersagt, so dass die Gruppe sich zunächst eingekesselt im Bahnhofstunnel befand, später das Gleis nicht mehr verlassen durfte. Es war den Betroffenen nicht möglich, sich in den im Bahnhof befindlichen Geschäften mit Getränken und Nahrungsmitteln für die noch mehrere Stunden dauernde Rückfahrt zu versorgen oder Toiletten zu benutzen. Auch wurde Personen, die ihr Gepäck in Schließfächern im Hauptbahnhof untergebracht hatten, die Möglichkeit verwehrt, sich zum Hauptbahnhof zu begeben.

Mal wieder stellt sich in Anbetracht des ereignislosen und ruhigen Spieltags die Frage der Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen. In welchem Maße die Verweigerung der Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse für Reisende, die seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen sind, einer deeskalierenden Einsatzstrategie zu Gute kommt, erschließt sich uns nicht. Der Einsatz solcher Maßnahmen scheint Methode zu haben, um eine Eskalation der Situation immer wieder zu befeuern. Es scheint sogar gewollt zu sein, dass die Betroffenen sich den polizeilichen Anweisungen und Maßnahmen entziehen, um zumindest ein Mindestmaß an Versorgung sicher zu stellen. Wie auch sonst sollten ruhige Tage zur Begründung immer weiterer Repressionen und härterer Maßnahmen herangezogen werden? Unvorstellbar das Szenario, dass es tatsächlich Spieltage gibt, an denen es absolut keinen Anlass zum Eingreifen der Polizei gibt.
Höhepunkt des gestrigen Tages war die Aussage eines leitenden Beamten, die Gruppe unterläge nun einer "Nahrungsmittelsperre" - ein Begriff, der uns bisher nur als Mittel der Kriegsführung bekannt war. In welchen sicherheitsfanatischen Katastrophenszenarien sich deutsche Polizisten mittlerweile befinden, kann mit dem Verstand eines Normalbürgers wohl nicht mehr erfasst werden.

Für uns bedeutet das, dass eine Kooperation mit den Einsatzkräften weiterhin unmöglich bleibt. Kompromisse oder widerstandslose Hinnahme dieser Maßnahmen kann es unter diesen Umständen auch in Zukunft nicht geben. Die von der Polizei als "konspirativ" bezeichnete An- und Abreise wird auch zukünftig nötig sein, um die rechtmäßigen Grundbedürfnisse eines jeden erfüllen zu können.
Die Fanhilfe Hannover prüft zur Zeit eine Strafanzeige gegen den Einsatzleiter.