30.03.2021 - Dr. Rainer Koch

Fans mit Aufrufen in Richtung Rainer Koch


Nach Aussagen des ehemaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel in der ZDF-Doku „Der Prozess: Wie Dietmar Hopp zur Hassfigur der Ultras wurde“, die am Samstag ausgestrahlt wurde, dürfte das Ansehen von DFB-Vize Dr. Rainer Koch in der aktiven Fanszene weiter gesunken sein. Morgen soll Koch seine Stimme bei der umstrittenen UEFA-Reform abgeben.

Laut Grindel sei das Verhältnis zu Koch am Thema Kollektivstrafen zerbrochen. Koch gilt als Befürworter von Kollektivstrafen. In der Vergangenheit soll sich Koch bei Fanthemen bereits selbst als Hardliner bezeichnet haben (Faszination Fankurve berichtete). In der ZDF-Doku sprach Grindel sogar davon, dass Koch auf verdeckte Ermittler in Fanblöcken setzen wolle, um Videoaufnahmen zu machen und sogenannte „Rädelsführer“ ausfindig zu machen.

DFB-Funktionäre erfreuen sich in den aktiven Fanszenen meisten ohnehin keiner besonders großen Beliebtheit. Nach Ausstrahlung der ZDF-Doku zum Thema Hopp dürfte sich das Feindbild Rainer Koch in den aktiven Fanszenen weiter verstärkt haben.


Am morgigen Mittwoch stimmt das UEFA-Exekutivkomitee über die Reform der Europapokal-Wettbewerbe der UEFA ab. Und ausgerechnet Koch sitzt in diesem Komitee. Die Initiativgruppe „Unser Fußball“ und die bundesweite Fanorganisation „ProFans“ rufen DFB-Vize Dr. Rainer Koch auf, gegen die Pläne der UEFA zu stimmen.

In Richtung Koch gerichtete Plakate wurden im Vorfeld der Abstimmung auch an der Zentrale des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) in der Brienner Straße 50 in München angebracht. Koch ist nicht nur DFB-Vizepräsident und UEFA-Exekutivkomitee-Mitglied, sondern auch Präsident des BFV. Die Gruppe Munich's Red Pride vom FC Bayern München platzierte am sogenannten „Haus des Fußballs“ des BFV in der Münchner Innenstadt Plakate, auf denen Koch mit seinem „Eine europäische Super League als 'closed shop' einiger weniger Klubs lehne ich deshalb strikt ab“-Zitat zu sehen war. Zudem war auf den Plakaten noch die Forderung „Worten Taten folgen lassen: Europapokalreform ablehnen!“ zu lesen. Da die UEFA-Reform zukünftig eine Champions-League vorsieht, in der in einem Ligasystem nach „Schweizer Model“ gespielt wird und die Qualifikation auch über Wildcards laufen kann, sehen aktive Fans in den Reformplänen die Einführung einer Super League unter dem Dach der UEFA (Faszination Fankurve berichtete).


Auch bundesweit folgten Aufrufe an Koch, morgen gegen die Reform zu stimmen: „Am Mittwoch stimmt das UEFA-Exekutivkomitee über die Reform der Clubwettbewerbe ab. Treffend wurde die Reform letzte Woche im Kicker als großer Wurf mitten ins Gesicht der Fußballfans beschrieben. Inhaltlich wurde dazu von Football Supporters Europe, Unsere Kurve sowie dem Club Nr. 12 und der BVB Fanabteilung bereits alles gesagt. Erst vor wenigen Wochen hat die DFL als Reaktion auf ihre Taskforce angekündigt sich auf 'internationaler Ebene verstärkt für Reformen mit Blick auf die finanziellen Rahmenbedingungen einsetzen' zu wollen. Doch sowohl bei der DFL als auch beim DFB, der über die Reform am Mittwoch abstimmt, herrscht Schweigen im Walde. Rund eine halbe Millionen Fans haben mit der Erklärung 'Unser Fußball' grundlegende Reformen für einen basisnahen, nachhaltigen und zeitgemäßen Fußball gefordert. Die geplanten Reformen der UEFA-Clubwettbewerbe sind dabei alles andere als ein Schritt in die richtige Richtung - sie verstärken stattdessen bestehende Missverhältnisse. Wir erwarten, dass sich die deutschen Verbände DFL und DFB endlich deutlich von den geplanten Reformen distanzieren und Rainer Koch als Vertreter des deutschen Fußballs diese am Mittwoch ablehnt. Reformen werden im deutschen und europäischen Profifußball dringend gebraucht, aber sie müssen die nationalen Ligen und den fairen Wettbewerb stärken!“, heißt es dazu in der Erklärung der Initiativgruppe „Unser Fußball“.

„ProFans“ erklärte in einer Pressemitteilung zum Thema: „Mit einer nahezu verdoppelten Spielanzahl in der Champions-League soll die Geldmaschinerie noch viel ertragreicher laufen als bisher. Die äußerst ungleichmäßige Verteilung des Geldes wird zur Folge haben, dass sich einige wenige Vereine noch stärker abheben und dass die nationalen Ligen geschwächt werden und sportlich immer weniger Spannung erzeugen. Der Aufstieg von Vereinen aus der zweiten Reihe in europäische Höhen wird nur noch mit der Abhängigkeit von massivem finanziellem Engagement fußballfremder Investoren zu erkaufen sein. Mit der Reform wird nicht die breitere Beteiligung der Fußballnationen am Spitzenwettkampf gefördert, sondern im Gegenteil die noch stärkere Abschottung einer geschlossenen Elite. Zum Teil soll sogar nicht mehr die aktuelle sportliche Leistung der Maßstab für die Teilnahme am Wettbewerb sein. Stattdessen soll es für Vereine mit hohem finanziellem Investment ein Auffangnetz geben. Unterm Strich wird damit jedoch das wirtschaftliche Hasardspiel noch angeheizt werden, die Abhängigkeit wird sich vergrößern.“

„Alle sagen, wir vermissen so schmerzlich die Fans. Und dann wird etwas beschlossen, was völlig konträr zu dem steht, was die Fans sich wünschen“, charakterisiert Nicolai Mäurer von ProFans den eklatanten Widerspruch. Jörn Brauer fragt: „Wo bleibt die Einsicht vom Beginn der Pandemie, sich etwas zurückzunehmen und solide Arbeit zu fördern statt immer irrwitzigere Einnahmen der ganz Großen?“ Pressesprecher Sig Zelt ergänzt: „Selbst die aktiven Fans von Vereinen wie Bayern und BVB lehnen die Pläne ab. Für wen wird eigentlich der Profifußball gespielt, wenn nicht für die Fans?“ (Faszination Fankurve, 30.03.2021)