01.04.2006 - DEL

Geschlossene Gesellschaft - Eishockeyfans gegen Planungssicherheit. Trotz massiver Proteste zog die DEL die Abschaffung von Auf- und Abstieg durch.


Trotz massiver Proteste zog die DEL die Abschaffung von Auf- und Abstieg durch.

Immerhin hatten sie einem unliebsamen Gast in den eigenen vier Wänden noch mal ordentlich die Meinung gegeigt. November letzten Jahres war zum Pokalviertelfinale des Zweitligisten Bietigheim Steelers gegen Adler Mannheim DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke erschienen. Und genau sein Konterfei hielt die Steelers-Fanseite in einer groß angelegten Choreografie in die Höhe. „Auch unserem Verein gegenüber haben wir die Vorbereitungen besser geheimgehalten“, erzählte Patrick Ihrlich vom SCB-Fanklub „Ice-Hawks“. Mit der nachfolgenden Breitseite, „Nein Danke“-Zetteln, zeigte die Anhängerschar dem Liga-Boss, was sie von den neuen, von oben aufgedrückten Plänen im Eishockey hielt.

„Es wurde einiges auf die Beine gestellt“, so Ihrlich. Gekippt hätten die Fans den Kooperationsvertrag damit nicht. „Der ist nun durch.“ Zum Jahreswechsel schon gab es – besonders hart gegen die aktiven Anhänger aus der 2. Bundesliga – den Cross-Check: Auf Drängen der DEL-Spitze wird die höchste Klasse zu einem geschlossenen System. Der Auf- und Abstieg ist ab der Spielzeit 2006/07 abgeschafft. Dazu erläuterte Ihrlich: „Nur bei Insolvenz oder Rückzug soll es Nachrücker geben. Aber die werden an einem Punktesystem aus wirtschaftlichen Kriterien, Hallengröße, vorhandenen VIP-Bereich usw. gemessen.“

Dagegen machte allen voran das Bündnis „Pro Aufstieg“ (www.pro-aufstieg.de) mobil. „Die Funktionäre müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie ihr und unser Produkt zerstören. Das Wesen des Sports ist Wettbewerb“, argumentierte Initiator Dirk Bersch. Spruchbänder wie „Euer Kooperationsvertrag stinkt“ waren von Augsburg bis Dresden und Düsseldorf zu sehen, bei der Partie Schwenningen gegen Freiburg gab es 36 Meter Text am Stück. Ihrlich: „Allerdings haben einige DEL-Klubfans wie Ingolstadt kaum was gemacht. Schade, dabei profitierten ihre Vereine selbst vor ein paar Jahren vom Aufstieg.“

Das Hauptargument der DEL, die mit dem deutschen Eishockeybund und den Betreibern der 2. Liga und Oberliga (ESBG) die Bestimmungen festzurrten, sind die Spielstätten. Immer mehr der neuen Mulifunktionsarenen seien eben in Hand privater Investoren – und die brauchten Planungssicherheit, so DEL-Mann Tripcke. Nach nordamerikanischem Vorbild will man dazu die 2. Liga zur „Ausbildungsliga“ machen. Zudem behauptete der Funktionär, die Attraktivität und das Zuschaueraufkommen sei in den „Play-Down-Runden“ klar unterdurchschnittlich gewesen. Doch das konnte die Initiative mit Zahlen entkräften. „Der Schnitt ging in Wolfsburg, Freiburg und Kassel klar nach oben“, hat Bersch ausgerechnet. „Aufstieg, Abstieg, Meisterschaft – das elektrisiert die Leute“. Die DEL habe versucht, mit falschen Angaben Meinung zu machen. Für die Funktionäre unangenehme Fragen stellte die Fan-Ini auch hinsichtlich einer so genannten „Lizenzvergütung“. 800.000 Euro sollen bei einer DEL-Aufnahme fällig werden. „Wie sind sie auf die Zahl gekommen und wofür wir das Geld verwendet?“, fragte Bersch.

Der Kampf „Pro Aufstieg“ allerdings ist für die Initiatoren (erst einmal?) verloren. Dabei ist es im Eishockey nicht das erste Mal, dass die Oberen alles umkrempeln. Schon ab der DEL-Gründung 1994 begab sich die Managerriege auf dünnes Eis, Zuschauerschwund war eine Folge aus ständig wechselnden Ligamodi, Regeländerungen, zu vielen Spielen und dauernd modifizierten Ausländerbeschränkungen. (Christian Meister, 01.04.2006)






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