19.05.2019 - Reutlingen 05/Stuttgarter Kickers

Graffiti-Provokation, Marsch, Rennereien & Choreo beim Derby


Schon in den Tagen vor dem gestrigen Derby zwischen dem SSV Reutlingen 05 und den Stuttgarter Kickers kam es Provokationen, als Kickers-Fans bis zur Reutlinger Stadtgrenze Graffiti der Szene E überschmierten. In der Nacht vorm Derby sollen diese Bilder von Reutlingen-Fans aber wieder umgestaltet worden sein.


Die Fanszene der Stuttgarter Kickers reiste zum gestrigen Derby, wie vorab angekündigt, mit dem Zug nach Reutlingen. Dort um 13:17 Uhr angekommen ging es für die knapp 300 SVK-Fans mit Shuttlebussen in Richtung Stadion. Nachdem die Shuttlebusse in Nähe zum Gästeblock parkten, stiegen die Fans der Stuttgarter Kickers aus, vermummten sich teilweise und zündeten Bengalische Fackeln. Zudem kam es zu Rennereien. Am Zugang zum Gästeblock gelang es SVK-Fans etwa 80 Eintrittskarten zu klauen, so dass einige Gästefans kostenneutral ins Stadion an der Kreuzeiche gekommen sein dürften.


Die Szene E rief für gestern hingegen ab 12:00 Uhr einen Treffpunkt für die Reutlinger Fanszene am Tübinger Tor aus, von wo aus es in einem Fanmarsch, der von der Polizei begleitet wurde, zum Stadion ging. Teile der Reutlingen-Fans schauten bei Ankunft der Gästefans am Stadion vorbei, doch die Polizei trennte beide Fanlager.


Als beide Fanszenen gerade im Inneren des Stadions waren, hüpften ganz vereinzelt vermummte Fans beider Lager in den Innenraum. Doch zu einem Aufeinandertreffen kam es nicht. Während Gästefans auch beim Spielbeginn vermummt auf dem Zaun Platz nahmen, aber innerhalb des Stadions keine Pyrotechnik mehr zündeten, war im Block E eine Choreografie der Szene E zu sehen. „Ein Wrack ist ein Ort, in dem ein Schatz liegt“, lautete das Motto der Aktion, bei der zunächst eine geschlossene Schatztruhe zu sehen war. Im Laufe der Aktion wurde die Truhe geöffnet und Gold sowie ein Vereinswappen von Reutlingen 05 kamen zum Vorschein.


Zudem zeigten Reutlinger Ultras noch Spruchbänder in Richtung der Gästefans, auf denen „Oberliga asozial? Mehr Handys als Bengalos da“ und „Ghetto Ultras BB95 - Im Notfall sind die Cops erwünscht“ geschrieben stand. Zudem wurde im Block E noch ein „Wir wollen keine blauen Parasiten!“-Banner mit durchgestrichenen SVK-Wappen hochgehalten. Die Reutlinger Fanszene erhielt laut Zaunbeflaggung gestern Unterstützung von befreundeten Fans des FC St. Gallen. Der VfB Stuttgart war hingegen fast zeitgleich auf Schalke zu Gast, weshalb nur ganz vereinzelt VfB-Fans im Stadion in Reutlingen waren. Bei den Stuttgarter Kickers waren hingegen Fans von Blau-Weiß Linz und dem SSV Jahn Regensburg anwesend.

Auf dem Rasen brachte Ilias Soultani die Gäste aus der Landeshauptstadt in der 68. Minute vor 2.498 Zuschauern mit 1:0 in Führung, doch in der 88. Minute sorgte Filip Milisic noch für den Ausgleich zum 1:1 Endstand. Die Lautstärke der Stimmung in Block E und Gästeblock schwankte je nach Spielstand, doch für eine Oberliga-Partie war das dargebotene beider Fanszenen sehr lobenswert. Die Stuttgarter Kickers bleiben damit auf dem 2. Platz der Oberliga Baden-Württemberg. Doch am letzten Spieltag ist der SVK am kommenden Donnerstag noch beim Dritten aus Bissingen zu Gast. Das Spiel wird aus Sicherheitsgründen in Großaspach ausgetragen. Bei einem Sieg könnte Bissingen noch an den Kickers vorbeiziehen, denen in diesem Falls die Aufstiegschance durch die Playoffs genommen würde.


Nach Abpfiff des gestrigen Derbys zogen die etwa 600 Gästefans größtenteils wieder in Richtung der Shuttlebusse und Parkplätze in der Nähe zum Verkehrsübungsplatz. Auch sportlich orientierte Heimfans machten sich auf in Richtung Gästefans, doch die etwa 250 eignesetzten Polizisten trennten beide Fanlager, so dass es zu keinem direkten Aufeinandertreffen kam, obwohl SVK-Fans in zwei Shuttlebussen bereits eine Glasscheibe mit einem Nothammer eingeschlagen hatten, um im Ernstfall aus dem Bus steigen zu können. Neben den 250 Beamten hatte die Polizei gestern zudem einen Wasserwerfer und eine Drohne im Einsatz.

Vor dem Spiel kam es am Reutlinger Bahnhof noch zu einem Vorfall, bei dem die Polizei einem 33 Jahre alten Fan einen Platzverweis erteilte und ein Tumult entstand. Dabei soll einem Polizisten ein Teleskopschlagstock geklaut worden sein. Schon am Abend vor dem Spiel sollen zwei unbekannte Fans, die wohl aus dem Reutlinger Fanlager gekommen sein dürften, Gülle im Gästeblock ausgebreitet haben. Doch die Rückstände sollen noch vor Stadionöffnung wieder entfernt worden sein. (Faszination Fankurve, 19.05.2019)