23.07.2014 - Rapid Wien

Heute starten Prozesse gegen 29 Rapid-Fans


Heute startet am Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen 29 Rapid-Fans, die am Rande eines Freundschaftsspiels zwischen dem SK Rapid und dem 1.FC Nürnberg am 7.9.2013 gegen die Polizei randaliert und dabei den Tatbestand des Landfriedensbruchs (§274 StGB) verwirklicht haben sollen.

Der Verein Rechtshilfe Rapid sieht den Tatbestand des Landfriedensbruchs nicht verwirklicht:

„Die martialisch formulierte Anklageschrift soll nur verschleiern, wie es überhaupt zu den Vorfällen kommen konnte. Man müsse hier viel weiter ausholen, als es die Anklage vorsieht,“ betont Arthofer, einer von sieben Anwälten der Verteidigung.

Die Verteidigung stellt sich die berechtigte Frage, wie es bei einem Spiel zwischen zwei Vereinen mit seit Jahrzehnten befreundeten Fanszenen zu derartigen Ereignissen kommen konnte. Im Vorfeld des Spiels wurde die Keißlergasse zur Partyzone erklärt, die klassischen Fansektoren aufgelöst und in der Pause des Spiels gemeinsam friedlich auf dem Feld gefeiert.

Wie es im Anschluss an das Spiel zu einer derartigen Eskalation kommen konnte, ist auch den Anwälten unerklärlich. Die Lage „habe sich aufgeschaukelt“ und sei „völlig chaotisch und unkontrolliert verlaufen“. Unkontrolliert ist dabei ein wesentliches Stichwort, denn der §274 setzt die wissentliche Teilnahme an einer Zusammenrottung voraus, im Rahmen derer bestimmte Straftaten begangen werden.

„Die teils irrationalen wie unkontrollierten Abläufe lassen keine wie auch immer geartete Organisation erkennen. Umgekehrt kann man eine Reihe massenpsychologischer Phänomene ableiten, an deren Entfaltung das Verhalten der Polizeieinheiten einen ganz wesentlichen Anteil gehabt habe", so ein Vorstandsmitglied des Vereins Rechtshilfe Rapid.

Es geht nicht darum, bestimmte strafbare Handlungen zu verharmlosen oder gar umzudeuten. Zu einem Landfriedensbruch ist es jedoch in keiner der drei Phasen, in welche die Anklageschrift die Abläufe chronologisch ordnet, gekommen. „Vielmehr haben die Ermittlungen gezeigt, dass ganz bewusst nach bestimmten unliebsamen Personen gesucht wurde.“ So habe etwa die Causa Oliver P. und das Urteil des Oberlandesgerichts im Mai 2014 eindeutig gezeigt, „dass die Ermittlungsbehörden weit über das Ziel hinausgeschossen haben“ so Arthofer weiter.

Der Paragraph 274 hat lange Zeit als totes Recht gegolten. In letzter Zeit wurde er von Polizei und Justiz beinahe inflationär gegen unliebsame Gruppen angewendet. Die Ursprünge des Deliktes „Landfriedensbruch“ gehen weit in der Geschichte zurück und galten dem Kampf gegen revolutionäre politische Umwälzungen und der Aufstandsbekämpfung. Der Gesetzgeber ist daher dringend gefordert, die Zweckentfremdung des Paragraphen zu unterbinden und diesem juristischen Wahnsinn mit der ersatzlosen Streichung des §274 ein Ende zu setzen.

Fanfotos Rapid Wien




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