25.11.2019 - VfB/KSC

Karlsruher SC kritisiert Vorgehen der Polizei in Stuttgart


Nachdem gestern etwa 600 Fans des Karlsruher SC das Baden-Württemberg-Derby im Neckarstadion gegen den VfB Stuttgart wegen Polizeimaßnahmen im direkten Stadionumfeld verpassten, hat heute der Karlsruher SC Stellung genommen und die Polizei dafür kritisiert, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben.

Schon gestern meldeten sich das Fanprojekt Karlsruhe, die Supporters Karlsruhe und die Fanhilfe Karlsruhe zu Wort und kritisierten das Vorgehen der Polizei in der Landeshauptstadt (Faszination Fankurve berichtete). Nun zog der KSC, der den Einsatzleiter und den Abschnittsleiter der Polizei zu einem Gespräch einlädt, nach.

Der Karlsruher SC bestätigt in seiner Mitteilung nochmal, dass von den Polizeimaßnahmen, die bis zu fünf Stunden andauerten, nicht nur aktive Fans, sondern auch Kinder, Jugendliche und Frauen betroffen waren. Gleichzeitig distanzierte sich der Verein von jeglicher Gewalt gegen Polizisten: „Vor und während dem Baden-Württemberg-Derby beim VfB Stuttgart kam es vor dem Stadion zu umfangreichen polizeilichen Maßnahmen gegenüber Fans des Karlsruher SC. Nach Angaben der Polizei führte das Zünden von Pyrotechnik von KSC-Fans im Rahmen der Anreise sowie Angriffe mit Baustellenmaterial auf Polizisten zu intensiven Kontrollen bzw. zu sog. Identitätsfeststellungen bei knapp 600 Personen. Der KSC distanziert sich von jeglicher Gewalt gegenüber Polizisten und verurteilt etwaige Angriffe auf das Schärfste. Bei der Polizeimaßnahme wurden nicht nur mutmaßlich gewalttätig gewordene Personen, sondern mehr oder weniger willkürlich Fans, darunter auch Kinder, Jugendliche sowie Frauen, über fünf Stunden vor dem Stadion eingekesselt. Die betroffenen Personen konnten das mit Spannung erwartete Spiel trotz gültiger Eintrittskarte nicht im Stadion verfolgen. Der KSC stellt fest, dass es nicht sein darf, dass Unbeteiligte über mehrere Stunden festgehalten werden und solange nicht die Möglichkeit haben, sanitäre Einrichtungen wie beispielsweise Toiletten zu besuchen oder sich mit Essen und Getränken zu versorgen. Informationen durch die Polizei an die Betroffenen gab es im Laufe der Aktion so gut wie keine. Zudem wurden nach KSC-Informationen die szenekundigen Beamten aus Karlsruhe bei der Maßnahme nicht hinzugezogen. Festzuhalten ist es darüber hinaus, dass die Polizei eine kurzfristige Änderung des geplanten Ablaufs ohne Rücksprache mit dem KSC vorgenommen hatte. Statt wie in den drei vorab beim VfB stattgefundenen Sicherheitsbesprechungen festgelegt und dokumentiert, wurden die zwölf Busse der aktiven Fanszene statt in Stadionnähe zu halten, ebenfalls zum Ankunftspunkt der Zugfahrer und damit zu einem erzwungenen Marsch der Zuschauer ab dem Untertürkheimer Bahnhof gebracht. Des Weiteren war, entgegen der ursprünglichen Ankündigung im offiziellen Fanbrief, die Zufahrt zum ausgewiesenen Gästeparkplatz P7 über Stunden seitens der Polizei nicht gestattet. Stattdessen wurden die KSC-Fans auf einen Parkplatz direkt vor dem Stuttgarter Heimbereich geleitet, was für diese zu einer Vermischung mit VfB-Fans führte“, heißt es dazu in der Pressemitteilung des Karlsruher SC.


„Die Umsetzung der polizeilichen Maßnahmen war aus unserer Sicht unverhältnismäßig. Auch die Kommunikation gegenüber Fans, Fanprojekt, Fanbetreuung und Vereinsvertretern hätte besser laufen müssen“, kritisierte KSC-Geschäftsführer Michael Becker das gestrige Vorgehen der Polizei. Zur vollständigen Aufbereitung der Vorfälle will der KSC den zuständigen polizeilichen Einsatzleiter sowie den verantwortlichen Abschnittsleiter für den Gastbereich zu Gesprächen einladen.

Die Polizei Stuttgart hat am heutigen Montag hingegen nochmals das eigene Handeln gerechtfertigt und erklärt: „Bereits am Morgen des Spieltages (24.11.2019) lagen Erkenntnisse vor, dass sich Gruppen von KSC-Fans auf der Anfahrt nach Stuttgart auf einem Parkplatz vermummt und mit Pyrotechnik aufgehalten haben. Daher hatte sich die Polizei am Sonntagmorgen entgegen der ursprünglichen Planung entschlossen, die erkannten Busse mit den Fans des KSC zum Bahnhof in Untertürkheim zu führen und die Fans dort aussteigen zu lassen. Ziel war es, einen geschlossenen Fanmarsch zusammen mit den in den Sonderzügen angereisten Fans durchzuführen. Bereits nach Verlassen der Busse griffen Gruppen von KSC-Fans die Einsatzkräfte der Polizei an. Die Polizei forderte daraufhin mehrfach über Lautsprecherdurchsagen dazu auf, Gewalttaten gegen Personen zu unterlassen. Auf dem Weg zum Stadion wurde bereits im Bereich Untertürkheim trotz des wiederholten Aufrufs zum Gewaltverzicht aus der Spitze des Marsches pyrotechnische Gegenstände gezündet und anschließend in Richtung der begleitenden Polizeibeamten geworfen. Weiterhin wurden die Beamten auch mit Absperrmaterial aus einer von der Marschspitze passierten Baustelle beworfen. Nachdem die Spitze des Marsches den Gästezugang erreicht hatte, wurde die Gruppe, aus der die vorangegangen Straftaten verübt wurden, vom Rest der Fans getrennt und angehalten. Die Polizei stellte von 591 Personen, darunter auch sieben Jugendlichen, die Identität fest und schloss sie durch Platzverweis vom Stadionbesuch aus. Alle Personen, die den Gästefanblock betraten wurden ausnahmslos von Polizeibeamten durchsucht. Für die Dauer der Maßnahme stellte die Polizei Getränke und Toiletten bereit, die für Großlagen dieser Art bei der Stuttgarter Polizei standardmäßig vorgehalten werden. Gästefans, die Karten für Plätze außerhalb des Gästefanblocks hatten und sich ebenfalls in der Umschließung befanden, ließ die Polizei ins Stadion. Für eine Person mit krankheitsbedingten Kreislaufbeschwerden riefen die Beamten umgehend einen Rettungswagen. Die Identitätsfeststellung aller 591 Beteiligten zog sich bis gegen Spielende hin. Nach Spielende begleitete die Polizei die Angereisten einschließlich derer aus dem Gästefanblock wieder zurück nach Untertürkheim. Zwar zündeten auch Anhänger der Stuttgarter Fanszene auf ihrem Anmarsch pyrotechnische Gegenstände. Nach einer Ansprache durch die Polizei und dem Aufzeigen weiterer möglicher Konsequenzen, unterließen diese jedoch, konträr zu den Karlsruhern, das weitere Abbrennen von Pyrotechnik. Gewalttaten gegen Polizeibeamte wurden aus dem Stuttgarter Fanmarsch heraus nicht verübt.“ (Faszination Fankurve, 25.11.2019)






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