23.01.2013 - Eintracht Frankfurt

Kein Pyro mehr bei Eintracht bis Saisonende?


Der Nordwestkurve-Rat fordert alle Fans von Eintracht Frankfurt für den Rest der laufenden Saison auf Pyroaktionen zu verzichten. Der Zusammenschluss Nordwestkurve begründet diesen Schritt mit dem Abschießen und Werfen von Pyrotechnik in Leverkusen.

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme des Nordwestkurve-Rates:

Stellungnahme zu den Vorkommnissen in Leverkusen

Stellungnahme des Nordwestkurve-Rats zu den Vorkommnissen bei unserem Spiel in Leverkusen und den Folgen für unsere Fanszene

Wir bedauern sehr, dass es am Samstag aus unserer Kurve wieder einmal zum Einsatz nicht kontrollierbarer Pyrotechnik kam. Wir verurteilen insbesondere die abgeschossenen Raketen, gezündeten Böller und die noch brennend in den Innenraum geworfenen Bengalos. Wir haben uns seit jeher dafür eingesetzt und geworben, dass als Minimalkonsens zum Thema Pyrotechnik zumindest „alles, was die Hand verlässt“ unmissverständlich geächtet und verhindert wird. Wir müssen leider feststellen, dass dieser Konsens bisher nicht erreicht wurde.

Dem Selbstverständnis des Nordwestkurve-Rats entspricht es, möglichst alle Gruppen der aktiven Fanszene in Frankfurt zusammen zu bringen, interne Diskussionen anzustoßen, für den Zusammenhalt aller Fangruppen einzutreten und „die Kurve“ auch nach außen zu repräsentieren. Dies ist gerade beim Thema Pyrotechnik nicht immer einfach, da es – wie jeder weiß – hierzu bei den im Nordwestkurve-Rat zusammengeschlossenen Gruppen sehr unterschiedliche Auffassungen gibt.

Unabhängig von allen grundsätzlichen Meinungsunterschieden können und wollen wir jedoch unmissverständlich festhalten:

Nicht kontrollierbare Pyroaktionen wie jene vom Samstag in Leverkusen werden von einem Großteil der Frankfurter Auswärtsfahrer abgelehnt. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir ganz dringend innehalten müssen und im gemeinsamen Dialog uns darauf zu besinnen und zu verständigen haben, was wir in unserer Kurve dulden wollen und was auf gar keinen Fall mehr toleriert werden kann. Die Pyro-Aktion vom Samstag in Leverkusen muss eine Zäsur für den Umgang der Nordwestkurve mit diesem Thema sein – so wie 2002 das Heimspiel gegen Oberhausen („Verabschiedung der alten Gegentribüne“) eine Zäsur hinsichtlich der Verwendung von Pyrotechnik bei Heimspielen war.

Wir rufen alle Gruppen und Einzelpersonen, die sich in der Vergangenheit an derartigen Aktionen beteiligt haben, dazu auf, ab sofort und vorerst mindestens bis zum Ende dieser Saison auf jegliche weitere Pyroaktionen zu verzichten. Gerade in der derzeitigen Situation gibt es für diese Haltung viele Gründe (wobei die nachstehende Reihenfolge ausdrücklich keine Gewichtung darstellen soll):

1.) Wie bereits angesprochen: weil offenbar immer und unvermeidbar auch Böller, Raketen usw. zum Einsatz kommen, auch wenn das von den Initiatoren nicht geplant oder beabsichtigt ist. Und zu allem, was die Hand verlässt, darf es keine zwei Meinungen geben. Hier ist eine Gefährdung Dritter, besonders im Innenraum und auf dem Spielfeld, nicht zu kontrollieren. Und so lange es nicht gelingt, das eine vom anderen zu trennen, muss die Konsequenz ein Verzicht auf Pyrotechnik sein.

2.) Es ist festzustellen, dass der Einsatz von Pyrotechnik unsere Fanszene immer mehr entzweit, immer emotionaler diskutiert wird und dementsprechend zu immer größeren Differenzen führt. Der stimmungsfördernde Effekt, der den Einsatz von Pyrotechnik unter anderem begründet, kehrt sich dabei sogar in eine Verschlechterung der Atmosphäre um. Wir müssen ausdrücklich als Fanszene dagegen ankämpfen, dass derartige Diskussionen den Zusammenhalt innerhalb der Fanszene stören, der dieser Tage so dringend für weit wichtigere Themen (wir nennen hier nur die gesamte Sicherheitsdebatte als Stichwort) zu erhalten ist.

3.) Der Schaden für unsere Eintracht hat in finanzieller Hinsicht durchaus eine Dimension erreicht, die Einfluss auf die Fortentwicklung der Mannschaft sowie des Vereins nimmt. Ganz besonders Teilausschlüsse oder sogar angedrohte härtere Maßnahmen liegen deutlich im 6-stelligen Bereich. Gerade in Zeiten, in denen unsere Eintracht eine solch hoffnungsvolle sportliche Entwicklung nimmt, liegt es auch an uns Fans, keine Störfaktoren zu produzieren. Dies betrifft nicht nur direkte finanzielle Faktoren, sondern auch die Wirkung einer solchen Aktion auf die Mannschaft und das Umfeld. Zudem drohen heute schneller als früher Spielunterbrechungen oder - im schlimmsten Fall - Spielabbrüche, welche bei der Bemessung des Strafmaßes besonders schwer gewichtet werden.

4.) Es sollte und muss jeder auch bedenken, dass Pyrotechnik unweigerlich zu schärferen präventiven und repressiven Maßnahmen bei künftigen Auswärtsspielen unserer Eintracht führt. Darunter haben alle Auswärtsfahrer zu leiden.

Aus unserer Sicht muss jeder, dem die Eintracht und unsere Fanszene am Herzen liegen, ganz unabhängig von seiner grundsätzlichen Haltung zur Pyrotechnik im Allgemeinen heute konstatieren: So wie bisher geht es nicht mehr weiter; jede weitere Pyro-Aktion würde uns unweigerlich noch tiefer in die Sackgasse führen, aus der heraus es kein Entkommen mehr gibt. Wenn wir das, was wir unter Fankultur verstehen, retten und bewahren wollen, darf es in dieser Saison keine Pyro-Aktionen mehr geben, die unserer Eintracht Schaden zufügen. Eine weiterhin definitive Absage müssen wir als Fanszene dem Einsatz von nicht zu kontrollierenden Mitteln (Böller, Leuchtspur, geworfene Pyrotechnik) erteilen.

Wir appellieren daher abschließend nochmals an die gesamte Fanszene, die Vorkommnisse von Leverkusen als Zäsur, als Wendepunkt zu begreifen. Jetzt ist der Moment, an dem alle innehalten und sich auf eine gemeinsame Vorstellung davon verständigen müssen, was wir in unserer Kurve dulden können und was nicht. Hierzu sind viele – in größtmöglicher Offenheit und gegenseitigem Respekt zu führende – Diskussionen erforderlich. Der Nordwestkurve-Rat möchte und wird, seinem Selbstverständnis entsprechend, hierzu seinen Beitrag leisten.

Insofern beobachten wir auch mit Sorge, dass viele derjenigen, die – nachvollziehbarer Weise – mit solchen Aktionen wie am Samstag nicht einverstanden sind, sich insbesondere im Internet mit unangemessenen Gewaltphantasien und fragwürdigem Rechtsstaatsverständnis äußern. Auch an diese Personen richtet sich unser Appell zur Besinnung und zum Maßhalten. Es ist niemandem – und insbesondere nicht unserer Eintracht – damit gedient, wenn ganze Gruppen oder Teile von Gruppen durch den Abbruch jeglicher Gesprächsbasis in eine weitere Radikalisierung getrieben werden. Wir können den dringend benötigten Konsens nur in gemeinsamen Gesprächen erreichen; und konstruktive Gespräche setzen immer ein Mindestmaß an gegenseitigem Respekt voraus.

Auch hier ist eine Versachlichung der Diskussion von allen Seiten dringend erforderlich. Die nötige Objektivität, die wir von der Presse und der Öffentlichkeit erwarten, sollte auch innerhalb der Fanszene für alle Seiten unverzichtbar sein.

Frankfurt, den 21. Januar 2013

Der Nordwestkurve-Rat

Hier geht es zu den Fotos der Aktion.

Fanfotos Eintracht Frankfurt




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