29.03.2016 - Nationalmannschaft

Kein ausverkauftes Haus & schlechte Stimmung


Die Nationalmannschaft empfängt heute Italien in der Allianz Arena. Nach DFB Angaben waren gestern noch 5.000 Tickets zu kaufen. Nicht nur über das Interesse der deutschen Zuschauer am Stadionbesuch, sondern auch über die Stimmung bei Heimspielen der Nationalmannschaft wird aktuell diskutiert.

Seit der Weltmeisterschaft in Brasilien waren einige Heimspiele der Nationalmannschaft nicht ausverkauft, was öfters auch an hohen Eintrittspreisen gelegen haben wird (Faszination Fankurve berichtete). Für das heutige Spiel in München kosteten die Tickets im ersten und dritten Rang hinter den Toren 25 Euro, im Mittelrang 45 Euro und auf den Geraden bis zu 100 Euro. Während die günstigste Ticketkategorie bereits restlos ausverkauft ist, sind für alle anderen Kategorien noch Tickets zu haben, was zeigt, dass es eine besonders starke Nachfrage nach den günstigsten Eintrittskarten gibt.

Mittlerweile scheinen Fans der Nationalmannschaft nicht mehr Schlange zu stehen, um Tickets in teureren Kategorien zu kaufen, wie dies noch vor Jahren der Fall war. Dies könnte auch an der aktuellen Stimmung bei Länderspielen in Deutschland liegen.

Nach dem Länderspiel im Berliner Olympiastadion am Samstag gegen England wurde in der deutschen Presselandschaft über die schlechte Stimmung der deutschen Fans geschrieben. Man habe nur die Engländer gehört, so der Tenor der meisten Berichte und Kommentare. Fußballatmosphäre, wie man sie aus der Bundesliga kennt, scheint es bei der Nationalmannschaft nicht mal mehr im Ansatz zu geben.

Anders als Bundesligaspiele werden Länderspiele in reinen Sitzplatzstadien durchgeführt. Das Berliner Olympiastadion ist auch bei Bundesligaspielen der Hertha ein reines Sitzplatzstadion, jedoch gibt es bei Hertha-Spielen in der Ostkurve de facto eine freie Platzwahl. Stimmungsinteressierte Fans kommen so im Herzen der Kurve zusammen und organisieren den Support.

Bei Spielen der Nationalmannschaft setzt sich jeder Fan hingegen auf seinen auf der Karte aufgedruckten Platz. Ein Stimmungskern kann sich so auch unter den Allesfahrern der Nationalmannschaft nicht heraus kristallisieren. Der ebenfalls sangesfreudige Nachbar ist beim nächsten Spiel in einem anderen Block oder gar nicht mehr im Stadion. Die billigsten Tickets sind anscheinend auch bei Länderspielen die begehrtesten Tickets. In der Bundesliga gehen diese Karten meistens an die Dauerkarteninhaber, Ultràgruppen und Fanclubs, die häufig auch die Stimmung organisieren.

Abhilfe müsste hier eigentlich der Fanclub Nationalmannschaft schaffen, der von vielen Fans und Mitgliedern jedoch nur als Serviceagentur zur Ticketbeschaffung und Choreografie-Agentur angesehen wird. Der Fanclub Nationalmannschaft, der von einem Getränkehersteller gesponsert wird, feiert exakt heute seinen 13. Geburtstag. Zu diesem Anlass beschreibt der Fanclub selbst sein bisheriges Engagement. „Choreografien, Website, Riesentrikot, Fan Club-Betreuer, Fan-Matches, Cup der Fans, Fan-tastic Moments oder exklusive Charterreisen“, seien dies in den vergangenen 13 Jahren gewesen. Kein Wort wird hingegen über die Stimmung verloren. Die lautstarke Unterstützung der eigenen Mannschaft scheint bei dem Fanclub mit 60.000 Mitgliedern aktuell kein wichtiges Thema zu sein. Spätestens nach dem Spiel am Samstag in Berlin müsste das Thema aber mit höchster Priorität behandelt werden. Während man beim Thema Choreografien nach zahlreichen Aktionen ein gewisses Level erreicht hat, sollte man sich nun vermehrt dem Thema akustische Unterstützung annehmen oder von Fans außerhalb des Fanclub Nationalmannschaft müssten Impulse kommen, um die Situation zu verbessern. Fans, die Interesse an einer Wiederbelebung der Stimmung bei Länderspielen haben, müssten in einem ersten Schritt erstmal miteinander ins Gespräch kommen, um ein gemeinsames Vorgehen zu besprechen.

Doch Deutschland ist nicht allein mit dem Problem der Heimspiel Stimmung. Die Gesänge der mitgereisten englischen Fans wurden nach dem Spiel am Samstag in Berlin häufig gelobt. Wer in den letzten Jahren ein Heimspiel der Engländer in Wembley verfolgt hat weiß, dass man dort mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat.

Die Zeiten, in denen ein Martin Stein, Vorsänger der Ultras Frankfurt, beim letzten Spiel im alten Wembley Stadion eine Humba anstimmt und circa 8.000 deutsche Fans mitmachten, werden wohl nie wieder zurückkehren. Die in der Bundesliga aktive Fanszene hat der Nationalmannschaft weitestgehend den Rücken zugewandt. Ob bei den Länderspielen nochmal bessere Stimmung aufkommt, hängt wohl an der Vernetzung der übriggebliebenen sangesfreudigen Fans, ob Fanclub Nationalmannschaft Mitglied oder nicht. (Faszination Fankurve, 29.03.2016)






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