05.12.2014 - Ultras

Kommentar: „Für einen Fußball ohne Ultras“?


„Für einen Fußball ohne Ultras“, so überschrieb die spanische Sporttageszeitung Marca einen Artikel zu einem gestrigen Zusammentreffen von Liga, Fußballverband und der für Sport zuständigen Behörde. Auf dem Treffen wurde beschlossen, dass die Vereine auf Distanz zu den Ultràgruppen gehen müssen.

Ansonsten drohen ihn Teilausschlüsse von Zuschauern, Punktabzüge und möglicherweise sogar ein Zwangsabstieg. Die genauen Maßnahmen und Gesetzesvorlagen sollen bis zum 15. Dezember 2014 erarbeitet werden und spätestens bis zum Mai 2015 umgesetzt werden.

Dazu soll eine Auflistung von Ultràgruppen entstehen, die als gewalttätig eingestuft werden. Vereine die weiterhin mit diesen Gruppen zusammenarbeiten sollen mit den eben genannten Strafen belegt werden.

Die aktuellen Entwicklungen könnten somit ein Ende der dortigen Ultràkultur bedeuten. Aktuell sieht es so aus, dass letztlich alle Ultràgruppen von den Maßnahmen betroffen sein werden, egal ob sie in den letzten Jahren durch Gewalttaten aufgefallen sind oder nicht.


Fraglich ist, ob der spanische Fußball dadurch weniger gewalttätig sein wird. In Spanien stehen Auseinandersetzungen zwischen Fußballfans nicht auf der Tagesordnung. Die tragischen Vorfälle von Madrid am vergangenen Wochenende bilden hier eine krasse Ausnahme. Den Konflikt auf eine Auseinandersetzung zwischen mehreren Ultràgruppen zu reduzieren greift zu kurz.

Ein linksgerichteter Ultrà starb bei Auseinandersetzungen mit rechtsgerichteten Ultras. Die Auseinandersetzungen hatten definitiv auch eine politische Dimension. Galizier trafen auch Hauptstädter aus Madrid.

Gruppenverbote verhindern keine Auseinandersetzungen, möglicherweise bewirken sie sogar das Gegenteil. Bisher reisen die Ultràgruppen geschlossen zu Auswärtsspielen. Nach Gruppenverboten könnten zahlreiche Anhänger auf eigene Faust durch Spanien reisen. Die Trennung von Fangruppen würde das sicherlich erschweren. Außerdem stehen den Vereinen, Behörden, der Liga und dem Verband dann keine Ansprechpartner mehr zur Verfügung. Eine maßregelnde Instanz, die es innerhalb von Ultràgruppen fast immer gibt, wird es nach einem Verbot möglicherweise nicht mehr geben.

Die Stimmung im Stadion, die Fahnen und Choreografien kann man schnell und einfach verbieten. Doch zerstört sich der spanische Fußball damit nicht selbst? Wie man Gewalttaten in Zukunft verhindern will, können die spanischen Behörden bisher nicht wirklich beantworten. Ein härteres Vorgehen der spanischen Polizei scheint kaum möglich. Fast keine deutsche Fanszene, die in den letzten Jahren in Spanien war, klagte nicht über extrem harte Einsätze der spanischen Polizei gegen Fußballfans. Man sollte aufpassen, dass man nicht alle Ultras kriminalisiert und für die Taten einiger weniger verantwortlich macht. (Faszination Fankurve, 05.12.2014)






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