Land Hessen muss 7.000 Euro an Eintracht-Fan zahlen

Das Landgericht Frankfurt hat gestern entschieden, dass das Land Hessen einem Fan von Eintracht Frankfurt Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen muss, weil Polizisten ihn bei einem Polizeieinsatz im Waldstadion über eine Bande gestoßen hatten und der Fan deswegen einen Lendenwirbelbruch erlitt.

Der Vorfall ereignete sich am 21. Februar 2019 im Vorfeld des Europa League-Heimspiels von Eintracht Frankfurt gegen Shakhtar Donetsk. Nachdem die Ultras Frankfurt die eigentlich geplante Choreografie beim Donezk-Heimspiel wegen der Durchsuchung, bei der keinerlei Pyrotechnik gefunden wurde, wieder absagten, kam es an der Nordwestkurve innerhalb des Waldstadions zu einem umstrittenen Polizeieinsatz.

Ein Video davon zeigte, wie ein Eintracht-Fan von der Polizei geschubst wurde. Weil der Fan sich dabei Lendenwirbelbruch zuzog, klagte der SGE-Fan gegen das Land Hessen auf Schmerzensgeld. Der betroffene Fan gehörte damals zur Gruppe, die sich um den Aufbau der Choreografie kümmerte. Die Ultras malten nach der Durchsuchung des Lagerraums, die im Nachgang vom Oberlandesgericht Frankfurt für rechtmäßig erklärt wurde, spontan ein „Beuth, der Ficker fickt zurück“-Spruchband, das von der Polizei eingezogen wurde. Der später verletzte Fan wolle diese Beschlagnahme noch verhindern, in dem er nach dem Spruchband gegriffen und einem Polizeibeamten ein Bein gestellt haben soll. Danach wurde der Fan von Polizisten angegangen und über die Werbebande geschubst. Wegen der aus diesem Vorfall resultierenden Verletzungen lag der Fan sechs Tage im Krankenhaus und war etwa sechs Wochen arbeitsunfähig.

Ab Sekunde 37 ist zu sehen, wie der SGE-Fan über die Bande geschubst wird:

Das Landgericht Frankfurt erklärte im Rückblick auf den Vorfall: „Ein erster Polizeibeamter schubste den Kläger sodann in Richtung der Bande am Spielfeldrand. Der Kläger blieb dort stehen und hatte keinen Zugriff mehr auf das Transparent. Der Polizeibeamte drehte ihm daraufhin den Rücken zu und unterstützte seine Einheit beim weiteren Abtransport des Transparents. Als das Banner bereits mehrere Schritte vom Kläger entfernt worden war, traten zwei weitere Polizeibeamte auf ihn zu und stießen ihn über die Bande. Der Kläger schlug unglücklich auf dem Boden auf und erlitt eine Lendenwirbelfraktur. Die für Amtshaftungssachen zuständige Kammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat auf Grundlage einer Zeugenaussage, Polizeiberichten und Videoaufnahmen festgestellt, dass die beiden Polizeibeamten, die den Kläger über die Bande stießen, ihre Amtspflichten verletzt haben. Von dem Kläger ging ab dem Zeitpunkt keine Gefahr mehr aus, als er nach dem Stoß des ersten Beamten an der Bande stand. Weder drohte der Kläger erneut den Abtransport des Banners zu behindern, noch Polizeibeamte anzugreifen. Das hätten die beiden weiteren Polizeibeamten aus ihrer Perspektive auch erkennen können, zumal der erste Beamte dem Kläger bereits den Rücken gekehrt und weitergegangen sei und der Kläger ohne weitere Regungen an der Bande stehen geblieben sei. Ob die Polizeibeamten, die den Kläger sodann über die Bande stießen, subjektiv davon ausgingen, von ihm drohe weitere Gefahr, sei nicht entscheidend. Maßgeblich sei vielmehr, wie ein gewissenhafter, besonnener und sachkundiger Amtswalter die Sachlage zum Zeitpunkt des polizeilichen Handelns eingeschätzt hätte“, so die Gerichtsentscheidung.

Das Landgericht Frankfurt kam gestern zu dem Ergebinis, dass dem Eintracht-Fan ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro zustehe. Außerdem muss das Land Hessen dem Fan die Krankenkosten in niedriger dreistelliger Höhe ersetzen sowie etwaige künftige Folgeschäden aus dem Vorfall ersetzen. Mit dem gestrigen zivilrechtlichen Urteil wurde keine Entscheidung darüber getroffen, ob die Polizeibeamten sich nach dem Strafrecht wegen einer Körperverletzung zu verantworten haben. Das gestrige Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. Es kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden. (Faszination Fankurve, 27.02.2020)