​Lautstarke Fankurve als Melting Pot

Faszination Fankurve war am vergangenen Samstag beim Spiel Seattle Sounders gegen LA Galaxy zu Gast. Während man einen Schmelztiegel verschiedener Kulturen noch mit den USA verbindet, denken wohl die Wenigsten bei diesem Land an eine lautstarke Fankurve.

Doch im Nordwesten der USA existieren bei den Portland Timbers und den Seattle Sounders gleich zwei stimmgewaltige Kurven. In einer dieser Kurven waren wir in der vergangenen Woche zu Gast.

Bleibenden Eindruck hinterließ dabei sicherlich das Einklatschen des gesamten Stadions beim Einlaufen beider Teams. Der Hauptvorsänger der Emerald City Supporters, wie sich die größte Fanorganisation bei den Sounders nennt, gab über eine Mikrofonanlage das Kommando und alle 40.813 Zuschauer im Century Link Field klatschten im Rhythmus. Neben dem Hauptvorsänger waren fünf weitere Vorsänger in der Südkurve bei den Emerald City Supporters in den Sektoren 121 bis 123 aktiv. Drei von ihnen waren weiblich und animierten die Masse immer wieder zum Mitmachen.

Die Stimmung vom vergangenen Samstag im Video:​

​Menschen mit Wurzeln in verschiedensten Ländern haben ihren Weg nach Seattle gefunden. Diese Einflüsse spürt man heute in der Fankurve der Sounders besonders deutlich. Anders als bei anderen Fanszenen in der Major League Soccer (MLS) wirkte die Fanszene sehr geschlossen. Alle anwesenden Fans sangen die gleichen Lieder, bei denen man die Einflüsse aus England, Deutschland, Italien und Südamerika wiedererkannte. Verschiedene Leute haben verschiedene Arten von Fangesängen mit in die Kurve gebracht. Zwar existieren einzelne Untergruppen innerhalb der Emerald City Supporter, wie zum Beispiel die La Barra Fuerza Verde mit hispanischem Einfluss, im Vordergrund steht jedoch der gemeinsame Support der Mannschaft.

Auch Regenbogen-Fahnen und zahlreiche weibliche Fans in der Kurve und auf den Vorsängerpodesten zeigen, dass die Fankurve der Sounders, was die Offenheit der Kurve angeht, vielen Fankurven in Europa etwas voraus hat. Im Sektor der Emerald City Supporter ist Jeder und Jede willkommen und alle gemeinsam machen den lautstarken Support aus.

Auf dem Rasen läuft es für die Sounders in dieser Saison alles andere als gut und man findet sich im Tabellenkeller wieder. Auch beim Heimspiel gegen LA Galaxy lief es für Seattle unglücklich. Trotz Überlegenheit auf dem Feld für die Sounders, gewannen die Gäste aus Los Angeles, die von wenigen LA Galaxy Fans begleitet wurden, das Spiel letztlich mit 0:1.

Der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Nach dem Rückstand entstand unter den Sounders Fans eine jetzt erst recht Stimmung, die bis zum Abpfiff anhielt. „When it's us versus them, you can always count on me“ war aus der Fankurve zu hören und die Spieler konnten sich der Unterstützung sicher sein. Dafür sind die Fans aus Seattle schließlich in den gesamten USA bekannt.

Morgen kommt es in Portland zum Derby Portland Timbers gegen die Seattle Sounders und damit wohl zum stimmgewaltigsten Aufeinandertreffen der MLS. Die MLS ist eine Liga, die von Fans in Europa immer belächelt wurde, mittlerweile aber auch Zuschauermassen anzieht und immer mehr Fankurven beheimatet, in denen ordentlich Stimmung gemacht wird.

Die Kritik am Franchise Modell im US-Sport wird sicherlich bleiben, aber Kommerzkritik gehört mittlerweile auch für die Fans in den USA zum Alltag. Die Emerald City Supporters forderten die Seattle Fans zuletzt auf, ihre Eintrittskarten für das Testspiel gegen West Ham United an Bedürftige zu spenden. Dem ausufernden Testspielwahn gegen europäische Clubs mitten in der MLS Saison stehen die Seattle Fans kritisch gegenüber. Auch wird Kritik am eigenen Verein lauter, der zuletzt versuchte, den traditionellen Fanmarsch der Emerald City Supporters zum Stadion zu vereinnahmen. Über Anstoßzeiten, wie am vergangenen Samstag um 12 Uhr am Mittag ist man auch in den USA alles andere als froh, aber das Fernsehen diktiert auch hier die Zeiten. Irgendwie haben Fans auf der ganzen Welt mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. (Faszination Fankurve, 16.07.2016)