01.08.2004 - Oberliga

Liga der Gegensätze


In der Oberliga begegnen sich ins Straucheln geratene Traditionsvereine mit gewachsener Fanszene und aufstrebende Dorfvereine mit wenigen hundert Zuschauern. Auch dabei: Gelangweilte Bundesligafans.

Am Ende hat es einfach nicht gereicht. Trotz guter Saison und dem Titelgewinn in der Oberliga NOFV Süd blieb dem VFC Plauen der Aufstieg in die Regionalliga verwehrt. Der Gegner in den beiden Qualifikationsspielen schoss ein Tor mehr und freut sich stattdessen über den Aufstieg. Dieser Gegner waren die Amateure von Hertha BSC, die entscheidenden Tore erzielten mit Alexander Ludwig und Thorben Marx zwei Spieler, die auch im Bundesliga-Kader der Berliner zum Einsatz kommen. Der verpasste Aufstieg von Plauen ist ein Beispiel dafür, wie schwer es ist, den Aufstieg aus der Oberliga zu schaffen. Traditionsreiche Klubs wie Magdeburg oder Zwickau versuchen seit Jahren wieder hoch zu kommen, Wuppertal und Düsseldorf brauchten ebenfalls mehrere Anläufe. In der Oberliga gibt es maximal einen Aufstiegsplatz, wird dieser verpasst, ist ein weiteres Jahr verloren. Das kann bei dem finanziellen Drahtseilakt, den die ambitionierten Vereine trotz kaum nennenswerter Fernsehgelder eingehen, bei Misserfolg fatale Konsequenzen haben. Immer wieder geht Mannschaften noch während der laufenden Saison die finanzielle Puste aus. Das liegt auch daran, dass die Oberligen nicht mehr in die Zuständigkeit von DFB und DFL gehören, sondern der Überwachung durch die Landesverbände obliegen. Dementsprechend geringer sind die Anforderungen zur Lizenzvergabe.

Ein weiterer Unterschied zur den ersten drei Ligen besteht darin, dass bundesweite Stadionverbote hier keine Gültigkeit mehr haben und viele Verstöße nicht geahndet werden. Bisweilen gelten die Oberligen als Paradies für Freude des Einsatzes von Pyrotechnik. Daher nutzen Fans von Bundesliga-Mannschaften auch immer mal wieder einen Auftritt ihrer Zweitvertretung, um sich auf diesem Gebiet auszutoben und kiloweise Rauchpulver zu zünden. Und auch der unkommerzielle Anschein der Liga, in der es noch Kontakt zu den Spielern sowie selbstgebackenen Kuchen am Stadioneingang gibt, wird gerne als Abwechslung zum Bundesliga-Alltag genutzt. Die Unterstützung der „Zwoten“ hat seit Mitte der 90er Jahre deutlich zugenommen.

Doch während die „über die Dörfer“-Tour für viele Fans auf den ersten Blick noch lustig, möglicherweise gar kultig erscheinen mag, ist sie für die real Betroffenen oft bitterer Ernst. Leere Gästeblöcke und als Stehplatz verkaufte Grashügel tragen nicht gerade zur Attraktivität des Stadionbesuchs bei.

Vereine wie Mannheim oder Darmstadt konnten sich zwar auch in der Oberliga der Unterstützung ihres Anhangs sicher sein, trotzdem lässt sich das Schrumpfen der Fanszene auf lange Sicht nicht vermeiden. Ein, maximal zwei Jahre bietet die Oberliga vielleicht noch ein interessantes Betätigungsfeld, spätestens dann schwindet jedoch die Motivation, sofern sich nicht neue sportliche Perspektiven ergeben. Für die kleinen Vereine ist es hingegen der Höhepunkt der Saison, wenn die ehemals „Großen“ mit ihrer Anhängerschaft zu Besuch sind. Das ist dann in etwa mit Spielen aus der 1. DFB Pokal-Hauptrunde zu vergleichen, in der David auf Goliath trifft, nur dass die sportlichen Unterschieden hier längst nicht so groß sind, wie die Fans des vermeintlichen Goliaths es gerne hätten.

Im vergangen Jahr mussten neun Vereine der Oberliga Nordrhein ihre Spiele gegen Fortuna Düsseldorf in ein anderes Stadion verlegen. Auch ein Indiz dafür, dass zwischen Regionalliga und Oberliga bisweilen Welten liegen.

(K)ein Licht am Ende des Tunnels

Wer einen Abstieg in die Regionalliga bereits als Katastrophe empfindet, wird sich kaum vorstellen können, wie es ist, wenn der eigene Verein eines Tages in der Oberliga landet.

Doch es gibt viele Fans, die froh wären, wenn ihr Klub zumindest eines Tages dorthin zurückkehren würde. Vor allem wenn es Vereine sind, die mal deutlich höher gespielt haben und irgendwann, finanziell oder sportlich, auf die Verliererstraße abgebogen sind.

In der vergangen Saison traf es wieder einige Fanszenen, deren Klubs trotz traditionsreicher Vergangenheit, mittlerweile meilenweit von neuen Erfolgen entfernt sind. Der VfB Leipzig, immerhin Mitte der 90er noch in der ersten Bundesliga, mußte noch vor Ablauf dern Saison Insolvenz melden, wurde aus dem Vereinsregister gestrichen und startet im September als 1. FC Lokomotive Leipzig in der 3. Kreisklasse Leipzig. Dort triftt er unter anderem auf die 2. Mannschaft des FSV Großpösna und die dritte Mannschaft des VfB Zwenkau 02. Für viele Fans stellt sich die Sinnfrage.

Der ehemalige Zweitligist VfB Oldenburg muss trotz engagierter Fanszene im nächsten Jahr in der Niedersachsen-Liga West antreten. Die Qualifikation für die Oberliga wurde verpasst.

Doch so bitter die sportliche Situation auch sein mag, so sehr man auch verzweifelt nach dem winzigsten Zeichen einer Perspektive sucht, gibt es doch immer wieder Beispiele, dass es irgendwann wieder aufwärts gehen kann. Im Januar 1998 war der traditionsreiche Regionalligist FC Hessen Kassel pleite. Es folgte die Einstellung des Spielbetriebs. Der neugegründete KSV Hessen Kassel startete in der kommeden Saison in der achten Liga und marschierte nonstop durch bis in die Oberloga, wo er zwei Mal in Folge den Aufstieg in Liga 3 kanpp verpasste. Die Fans blieben treu. Rund 1.000 kamen selbst in der 7. Liga zu jedem Spiel, nun sind es durchschnitlich 2.500, höhere Zahlen keine Seltenheit. (Faszination Fankurve, 01.08.2004)