03.03.2020 - SSV Reutlingen 05

Nächste Kollektivstrafe: Geisterspiel nach Aktion von Gästen


Dieser Tage wird in Deutschland nicht nur über die Beleidigungen in den Fankurve gegenüber TSG Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp, sondern auch über die Kollektivstrafe gesprochen, die der DFB gegen den BVB verhängt hat und wegen der Rückkehr zu Kollektivstrafen von den Fanszenen kritisiert wird.

Vor allem wegen dieser Rückkehr des DFB zu Kollektivstrafen wird aktuell so intensiv gegen Hopp und den Verband protestiert. In die gleiche Zeit fällt nun ein Urteil des Württembergischen Fußballverbandes (WFV), der entschieden hat, dass der SSV Reutlingen sein Heimspiel am kommenden Samstag gegen den 1. FC Rielasingen-Arlen vor leeren Zuschauerrängen austragen muss. Der Oberligist wurde vom WFV, der ein Unterverband des DFB ist, zu diesem Geisterspiel verurteilt, weil das Sicherheitskonzept beim Derby gegen die Stuttgarter Kickers in der Hinrunde im Stadion an der Kreuzeiche in Reutlingen unzureichend gewesen sein soll. Bei diesem Derby zündeten die Stuttgarter Kickers-Fans im Gästeblock Pyrotechnik (Faszination Fankurve berichtete). Der Einspruch des SSV Reutlingen wurde nun abgelehnt.


Selbst der DFB, der aktuell wegen der Aussprache einer Kollektivstrafe in der Kritik steht, hat schon seit Jahren davon abgesehen, Heimvereine für Aktionen zu bestrafen, die im Gästeblock vorfallen. Andernfalls müsste der Verband beispielsweise auch die TSG Hoffenheim wegen der von FC Bayern-Ultras am Samstag im Gästeblock in Sinsheim gezeigten Plakate bestrafen. Obwohl die TSG Hoffenheim und auch andere Vereine an den Gästeblöcken strenge Kontrollen durchführen, gelangen immer wieder Plakate und Pyrotechnik ins Stadion. Auch beim DFB-Pokalfinale, wo der DFB die Eingangskontrollen zu verantworten hat, wurden in den letzten Jahren Spruchbänder und massenhaft Pyrotechnik mit ins Berliner Olympiastadion geschmuggelt. Diese Beispiele zeigen, wie schwer es ist, solche Aktionen zu verhindern.

In Fall von Reutlingen wurde ein Heimverein nun trotzdem mit einem Geisterspiel belegt, obwohl die Gästefans die Pyroaktion zu verantworten hatten: „Dieses Urteil stellt den vorläufigen Höhepunkt in einer langen Liste überharter Urteile dar, die deutlich machen, dass der SSV – und insbesondere seine kritische und mündige Fanszene – diesem Verband und seinem Scheingericht ein Dorn im Auge ist. Nebenbei stellt dieses Urteil ein absolut nie dagewesenes Novum dar, nämlich dass der komplette Heimanhang für angebliche 'Verfehlungen' von Gästefans mit einer Kollektivstrafe belegt wird, während die Degerlocher mit einer für sie locker beglichenen Geldstrafe davonkommen. Natürlich lehnen wir dieses sogenannte „Gericht“ und sein Strafensystem generell ab, egal ob es sich gegen uns oder andere Vereine richtet. Jedoch hat es hier die falschen getroffen und zeigt nur einmal mehr das oben beschriebene, dass hier mal wieder ganz unverhohlen zur Schau gestellt wird, dass man keine Gelegenheit auslässt dem SSV und seinen Anhängern eins reinzudrücken. Abgesehen davon, dass uns allen die Möglichkeit genommen wird, dieses Spiel zu besuchen, haben sowohl die fehlenden Einnahmen aus diesem Spiel als auch die parallel dazu verhängte Geldstrafe einen empfindlichen finanziellen Schaden für unseren SSV zur Folge“, kritisiert die Reutlinger Ultragruppe Szene E die Bestrafung, die die Heimfans trifft, obwohl die Pyroaktion von Gästefans durchgeführt wurde.


Die Szene E hat sich für das Geisterspiel, das bereits am kommenden Samstag stattfinden wird, ein Rahmenprogramm im Stadionumfeld überlegt: „Wir treffen uns am gewohnten Standort hinter der Haupttribüne ab 13:00. Als Rahmenprogramm bieten wir eine Übertragung des Livestreams, sowie Grillgut und Kaltgetränke zu fairen Preisen. Dazu werden wir ein speziell zu diesem Anlass produziertes T-Shirt verkaufen. Als Andenken an diesen ungewöhnlichen Tag kann sich jeder Anwesende ein 'Geisterspielticket' bei uns kaufen. Die Erlöse aus Verpflegung, T-Shirt und Ticket kommen unserem SSV zugute, um den entstandenen finanziellen Schaden abzumildern. Darüber hinausgehende Bargeldspenden sind selbstverständlich ebenso gern gesehen“, so der Aufruf aus der Reutlinger Fanszene weiter. Um den eigenen Verein zu unterstützen, haben die Reutlinger Ultras bereits ein Online-Spendenkonto eingerichtet. Das Geld, das dort eingeht, wird ebenso wie der Rest der Erlöse an den eigenen Verein gespendet, damit dieser finanziell nicht zu sehr unter dem Geisterspiel leiden muss.

Der FC Carl Zeiss Jena geht aktuell einen Schritt weiter und akzeptiert DFB-Strafen nicht, die wegen Pyroshows der eigenen Fans ausgesprochen wurden. Der Drittligist argumentiert, dass man alles versucht habe, solche Aktionen zu verhindern. Auch der DFB zeige beim Pokalfinale, dass solche Aktionen nicht zu verhindern seien. Trotzdem bestraft der Verband die Vereine, weshalb Carl Zeiss Jena deswegen vor das Oberlandesgericht Frankfurt zieht und ein solcher Fall nun erstmals außerhalb der Sportgerichtsbarkeit geklärt wird (Faszination Fankurve berichtete). (Faszination Fankurve, 03.03.2020)

Fanfotos SSV Reutlingen 05




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