24.02.2020 - Gladbach/Mainz

„Plakat ist weder rassistisch, noch terroristisch“


Nachdem Ultras von Borussia Mönchengladbach am vergangenen Sonntag in der Nordkurve des Borussia-Park einen Doppelhalter mit TSG Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp im Fadenkreuz sowie ein beleidigendes Spruchband zeigten, wurde diese Aktion in Zusammenhang mit den rassistischen Morden von Hanau gesetzt.

Sowohl der Stadionsprecher, als auch Sportdirektor Max Eberl, der während der Aktion in die Nordkurve eilte, ordneten die Aktion als Widerspruch zur Gedenkminute für die Opfer von Hanau vor dem Spiel ein. Schiedsrichter Felix Brych unterbrach das Spiel für mehrere Minuten und drohte sogar mit Spielabbruch.


Die Fanhilfe Mönchengladbach kritisierte bereits am Samstag, dass ein Zusammenhang zwischen Hanau und der Aktion gegen Dietmar Hopp hergestellt wurde. „Ob man Spruchband und Banner geschmacklos findet, darüber kann man guten Gewissens streiten. Hier aber einen Zusammenhang zu dem Terror in Hanau herzustellen, wie es der Stadionsprecher tat, verharmlost rechten Terror und entbehrt jeder Grundlage“, teilte die Fanhilfe Mönchengladbach dazu mit (Faszination Fankurve berichtete).


Auch die Mainzer Fanhilfe aus der antirassistisch geprägten aktiven Fanszene des 1. FSV Mainz hat sich mittlerweile zum Thema zu Wort gemeldet und erklärt: „Das alles macht uns wirklich fassungslos. Wie ignorant muss man sein, in diesem Kontext auf rassistischen Terrorismus anzuspielen?! Das Plakat ist weder rassistisch, noch terroristisch. Punkt! Neun Menschen wurden in Hanau von einem Nazi als 'nicht deutsch' markiert und deshalb hingerichtet. In Gladbach wurde ein weißer, deutscher Milliardär beleidigt. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun! Diese beiden Dinge in einen Topf zu werfen, stellt nicht nur eine völlig überzogene Skandalisierung des Plakats dar. Vor allem ist eine unerträgliche Relativierung tödlicher rechter Gewalt! Dieser Vorgang zeigt, dass Aktionsspieltage und Gedenkminuten tatsächlich nicht allzu viel bringen – außer dass sie jenen, die sie ausrichten, das gute Gefühl geben, auf der 'richtigen Seite' zu stehen“, so das Statement der Mainzer Fanhilfe.

Die Mainzer Fanhilfe, die ebenfalls betont, dass man die Aktion der Gladbacher-Ultras „respekt-, geschmack- und niveaulos finden“ kann, kritisiert auch die Berichterstattung im Fernsehen über die in der Nordkurve gezeigten Plakate. Auch in der Tagesschau wurde darüber berichtet. Kritik aus Mainz kommt aber vor allem zur Berichterstattung in der ARD-Sportschau und im ZDF-Sportstudio. In beiden Sendungen wurde ebenfalls ein Zusammenhang zwischen der Schweigeminute für Hanau und der Aktion, mit der Mönchengladbacher Ultras Dietmar Hopp beleidigten, hergestellt.


Auch der FPMG Supporters Club aus Mönchengladbach hat nochmals ausführlicher Stellung zu Samstag genommen und erklärt: „Wir glauben fest daran, dass niemand der Initiatoren an den Anschlag von Hanau dachte, als der Doppelhalter hochgehalten worden wurde. Man hätte aber auch in Reaktion auf die Ereignisse der Tage zuvor oder spätestens durch den tiefen Eindruck der Gedenkminute vor Spielbeginn kurzfristig auf die Präsentation dieses Abbildes verzichten können. Niemand wollte diese Assoziation, aber fast jeder hat sie sofort im Kopf gehabt. Das darf in unserer Kurve nicht passieren, da gibt es auch keine zwei Meinungen.“

Ursprünglich stammt das Motiv mit Hopp im Fadenkreuz aus dem Fanlager von Borussia Dortmund. Nachdem die BVB-Fans von den kommenden drei Auswärtsspielen in Sinsheim ausgeschlossen wurden, u.a. weil man mehrfach das Motiv mit Hopp im Fadenkreuz zeigten, war die Aktion der GladbacherUltras als eine Aktion gedacht, mit der gegen diese Kollektivbestrafung des DFB protestiert werden sollte. Weil man Hopp jedoch im Fadenkreuz zeigte und zudem beleidigte, wird nun mehr über die Entgleisungen, statt über die Kollektivbestrafung gesprochen.


Beim Online-Fanzine Schwatzgelb.de aus dem Fanlager des BVB ist ebenfalls ein Artikel zum Thema erschienen. Darin wird die Aktion der Gladbacher-Ultras als absolut geschmacklos und als eine Aktion bezeichnet, die deutlich über das übliche Maß an Stadionpöbelei hinausgegangen sei. Jedoch sei das Bild mit Hopp im Fadenkreuz auch ein Symbol des Widerstandes und der Unbeugsamkeit gegenüber Dietmar Hopp. In dem Artikel aus dem Fanlager von Borussia Dortmund, das mit dem Spruchband der Gladbacher Ultras übrigens ebenfalls beleidigt wurde, wird genauso, wie im Statement aus Mainz kritisiert, dass die Aktion der Gladbacher Ultras in Zusammenhang mit Hanau gesetzt wurde. „Erst einmal war die Schweigeminute kein bloßes Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung, sondern fand zum Gedenken an die Ermordeten statt. Jede andere Darstellung wertet die Toten zu bloßen Mitteln im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus ab. Darüber hinaus verharmlost sie die feigen Morde von Hanau, in dem sie auf eine Stufe mit einem Transparent und einem Doppelhalter stellen“, heißt es dazu auf Schwatzgelb.de. Dort wird zudem die Empfehlung abgegeben, dass alle Seiten den Konflikt wieder runterkochen und das Fadenkreuz-Motiv nun aus wieder aus den Fankurven verschwinden sollte. (Faszination Fankurve, 24.02.2020)