24.11.2019 - Karlsruher SC

Polizei hinderte KSC-Ultras am Besuch des Derbys


Die Polizei in Stuttgart hielt die Ultraszene des Karlsruher SC und weitere Fans heute in der Nähe des Neckarstadions auf und belegte die Fans mit Platzverweisen, so dass die etwa 600 betroffenen Personen das Baden-Württemberg-Derby im Neckarstadion verpassten. Weitere KSC-Fans solidarisierten sich mit den Ultras.

Die Karlsruher Ultraszene reiste heute mit Bussen nach Stuttgart. Das zuvor von der Polizei kommunizierte Sicherheitskonzept sah vor, dass Busse der aktiven Fanszene auf der Benzstraße in Höhe des Gästeeingangs geparkt werden, damit die KSC-Fans von dort direkt in den Gästeblock gehen können.


Laut Angaben der Fanhilfe Karlsruhe wurde die aktive KSC-Fanszene jedoch von der Polizei gezwungen, am Bahnhof in Untertürkheim aus den Bussen auszusteigen, also dort wo auch die beiden Entlastungszüge mit hunderten weiteren KSC-Fans ankamen. „Die aktive Fanszene reiste heute per Bus zum Spiel, sie wurde aber gezwungen in Untertürkheim auszusteigen und sich dem Marsch der Entlastungszügen anzuschließen. Laut Sicherheitheitsbesprechung war abgeklärt, dass die Busse bis ans Stadion fahren. Die Polizei weiß hier nach 5 Minuten nicht mehr, was sie vorher gesagt hat“, kritsiert die Fanhilfe aus Karlsruhe, die KSC-Fans bei Problemen mit Polizei und Justiz unterstützt, das heutige Vorgehen der Polizei in Stuttgart.


Vom Bahnhof Untertürkheim gingen die KSC-Fans, die mit den Bussen oder den Sonderzügen anreisten, gemeinsam in Richtung Stadion, obwohl die aktive Fanszene die Busse direkt dort hätte parken können, wie es in Stuttgart üblich ist. Weil bei dem Marsch von hunderten KSC-Fans Pyrotechnik gezündet wurde und Gegenstände in Richtung der Beamten geflogen sein sollen, stoppte die Polizei den Marsch: „Die Fans des Karlsruher SC sammelten sich am Bahnhof Untertürkheim und gingen von dort über die Benzstraße zum Stadion. Dabei zündeten auch sie mehrfach Pyrotechnik und warfen pyrotechnische Gegenstände sowie Absperrmaterial in Richtung der Einsatzkräfte. Daraufhin kontrollierten Einsatzbeamte etwa 200 mutmaßliche Ultrafans des KSC auf der Benzstraße, stellten die Personalien fest und erteilten ihnen Platzverweise für den Stadionbereich. Die Maßnahmen dauern derzeit noch an“, teilte die Polizei Stuttgart dazu mit.

Die eingekesselten Fans verpassten somit das heutige Baden-Württemberg-Derby. Weitere KSC-Fans solidarisierten sich mit der Ultraszene und verfolgten das Spiel ebenfalls nicht im Stadion. „Die 500 Eingekesselten stehen schon die ganze ruhig im Polizei Kessel, sie schauen friedlich Fußball auf ihren Handys. Eine Polizeikette weiter die KSC Fans die sich mit ihnen solidarisieren“, beschreibt die Fanhilfe Karlsruhe die Situation im Polizeikessel während des Spiels.

Viele KSC-Fans fragen sich, ob die Maßnahme von der Polizei schon an langer Hand geplant war, weil Busse der aktiven KSC-Fanszene laut Polizeikonzept eigentlich direkt am Gästeblock parken sollten, was von der Polizei jedoch verworfen wurde. Beim Marsch von Untertürkheim zum Gästeblock des Neckarstadions hatten zuletzt auch Fans des SC Freiburg Probleme mit der Polizei. Weil damals geringe Mengen Pyrotechnik gezündet wurden, kam es zu einer Großkontrolle (Faszination Fankurve berichtete). Auch Ultras von Eintracht Frankfurt wurden auf dem gleichen Fußweg schon angehalten, weshalb man erst kurz vor Abpfiff ins Neckarstadion kam​.


Im Vorfeld des heutigen Baden-Württemberg-Derbys wurde gestern bei einer Routinekontrolle im Gästeblock des Neckarstadions Rauch gefunden. Unklar ist der Polizei aber bisher, wer die Pyrotechnik dort deponierte. (Faszination Fankurve, 24.11.2019)

Update 20:20 Uhr: Mittlerweile hat sich das Fanprojekt Karlsruhe zu den Vorfällen in Stuttgart zu Wort gemeldet und damit unsere Berichterstattung untermauert. Das Fanprojekt kritisiert die Entscheidung der Polizei, die das eigene Sicherheitskonzept überworfen und die Busse nicht an die Straße zum Gästeblock, sondern zum Bahnhof Untertürkheim brachte. Laut Angaben des Fanprojekts waren von den Polizeimaßnahmen fast 600 KSC-Fans betroffen, darunter auch Frauen und Kinder und nicht nur Ultras. „Wir, das Fanprojekt Karlsruhe, haben die Aufgabe und das Anliegen am Spieltag mit den beteiligten Institutionen und Menschen zu sprechen und Interessenslagen zu vermitteln. So auch schon weit im Vorfeld des Spiels, beispielsweise bei drei Sicherheitsbesprechungen in Stuttgart. In diesen Gesprächen vermitteln wir die Interessen der Fans und geben danach die Informationen und Absprachen an die Fans weiter, damit sich beide Seiten auf den Spieltag entsprechend einstellen können. Entgegen der in Sicherheitsbesprechungen getroffenen Absprachen, dass die Fanbusse aus Karlsruhe direkt am Stadion parken können wurden diese zum Bahnhof nach Untertürkheim gebracht und alle sollten mit dem Fanmarsch zum Stadion laufen, 12 vollbesetzte Busse. Jegliche konstruktive Hinweise und Bitten zur Einhaltung des ursprünglichen Ablaufs durch das Fanprojekt, die Fanbetreuung und die Fans wurden ignoriert. Auf Intervention des Fanprojekts haben sich die Fans bereit erklärt aus dem Bus zu steigen und an dem Fanmarsch teilzunehmen. Dieser Fanmarsch wurde dann direkt in eine polizeiliche Maßnahme geführt, die für fast 600 Fans bis nach Spielende dauern sollte. Kinder und Frauen in der Gruppe, keine Toilette und keine Versorgungsmöglichkeit, für fast 5 Stunden. Eine an vielen Stellen fehlende Kommunikationsbereitschaft der Polizei, auch bei der Einsatzleitung Gästefans, ließ uns keinen Spielraum die Situation zu klären und den Fans zu vermitteln. Diese Nicht- Einhaltung der vorab getroffenen Absprachen schränkt unsere Interventionsmöglichkeiten deutlich ein und untergräbt unsere Glaubwürdigkeit“, heißt es dazu in der Stellungnahme des Fanprojekts Karlsruhe.


Das Commando Cannstatt leitete das Baden-Württemberg-Derby heute mit einer zweiteiligen Choreografie in der Cannstatter Kurve ein. „Sein oder nichts sein!“, lautete das Motto der Aktion, bei der zuerst das Wappen von Württemberg zu sehen war. Anschließend kam eine Blockfahne zum Vorschein, mit der an die fünf deutschen Meisterschaften erinnert wurde, die der VfB Stuttgart in der Vereinsgeschichte gewonnen hat. Die KSC-Fans waren hingegen mit einheitlichen KSC-Mützen gekleidet, die zum Preis von fünf Euro verkauft wurden. Wegen des Polizeieinsatzes konnten die Gästefans damit aber kein geschlossenes Bild abgeben.

Update 22:00 Uhr: Mittlerweile haben sich auch die Supporters Karlsruhe und die Fanhilfe Karlsruhe in einer gemeinsamen Pressemitteilung zum Spiel in Stuttgart zu Wort gemeldet und darin erklärt: „Im Vorfeld der Partie zwischen dem VfB und dem KSC fanden drei Sicherheitsbesprechungen statt. An diesen nahmen u.a. der Einsatzleiter der Stuttgarter Polizei, Verantwortliche des KSC (Fanbetreuung, Sicherheitsbeauftragter und der Leiter des Ordnungsdienstes), sowie das Karlsruher Fanprojekt teil. In diesen Besprechungen wurde folgendes gemeinsames Sicherheitskonzept ausgearbeitet: 12 gemeinsam anreisende Busse, die ab Karlsruhe von der Polizei begleitet wurden, sollten direkt vor dem Gästeeingang auf der Benzstraße parken, wie auch von Polizei und VfB in ihrem Fanbrief kommuniziert. Parallel sollten die KSC-Fans, die mit dem Zug anreisten, in Untertürkheim aussteigen und zu Fuß zum Stadion geleitet werden. Dieses Sicherheitskonzept wurde auf Grund des Pyrofundes am Vortag im Gästeblock kurzfristig und unabgesprochen geändert. Weder das Fanprojekt Karlsruhe noch die Vereine wurden in diese Entscheidung miteinbezogen. Allen Businsassen wurde die Weiterfahrt ab Untertürkheim verwehrt und nach über einer Stunde Wartezeit ein gemeinsamer Fußmarsch mit den Zugfahrern angeordnet. Am Stadion selbst wurden ca. 600 ankommende Fans separiert und einer extra Kontrolle zugeführt. Diese wurden von der Polizei durchsucht und sollten anschließend das Spiel besuchen dürfen. Nach erfolgter Kontrolle wurde auch dieser Plan nochmals verändert und alle bereits Durchsuchten einer erneuten erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen. Damit verbunden wurden Platzverweise für alle Beteiligten ausgesprochen. Die Maßnahme dauerte bis nach Spielende an. Betroffen war eine willkürlich ausgewählte Gruppe bestehend aus Zugfahrern, Busfahrern und individuell angereisten Fans, unter denen sich auch Kinder und Frauen befanden. Eine Person hatte innerhalb der 5 Stunden im Polizeikessel einen Kreislauf Zusammenbruch. Parallel dazu wurde das Gästeparkhaus P7, welches den KSC-Fans im Fanbrief empfohlen wurde, ab der Ankunft des erstens Entlastungszuges bis zur Gewahrsamnahme der KSC-Fans für über 2 Stunden gesperrt. Wir verutreilen die katastrophale Kommunikation und Einsatztaktik der Polizeiführung, die erkennungsdienstliche Maßnahme für 600 Personen und fordern eine lückenlose Aufklärung. Es bedeutet für uns einen erheblichen Vertrauensverlust in Sicherheitsbesprechungen und für im Vorfeld getroffene Absprachen. Wenn die Anfahrtswege im Vorfeld so offen kommuniziert und bestätigt werden, erwarten wir, dass die Polizei sie entsprechend in ihre Planung einpasst. Schließlich ist es der Polizei zuzuschreiben, dass dieses sonst so stimmungsvolle Derby heute zu den stimmungsärmsten in der Geschichte zählen wird.“

Fanfotos Karlsruher SC




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