31.10.2019 - Freiburg/Union Berlin

„Sinnlose und augenscheinlich provozierte Eskalation“


Wir berichteten gestern bereits über den umstrittenen Polizeieinsatz gegen Union Berlin-Fans beim Dienstagabendspiel im Freiburger Dreisamstadion, auf den sowohl die Heim- als auch die Gästefans mit einem Stimmungsverzicht reagierten. Mittlerweile hat sich die Eiserne Hilfe ausführlich zum Vorfall zu Wort gemeldet.

„Während die Polizei in ihrer Darstellung eine teilweise sachlich falsche Ereigniskette konstruiert, ignoriert sie komplett, dass das Verhalten ihrer Beamt*innen der Auslöser und Grund für eine sinnlose und augenscheinlich provozierte Eskalation war“, lautet der Vorwurf der Eisernen Hilfe in Richtung der Polizei Freiburg zusammengefasst.

Die Fanhilfe, die Anhänger von Union Berlin bei Problemen mit Polizei und Justiz unterstützt, widerspricht in ihrer Stellungnahme den Darstellungen der Polizei Freiburg. Die Polizei erklärte, dass die Union-Fans, die den Oberrang betreten haben, um dort Zaunfahnen aufzuhängen, den Ordnungsdienst zur Seite geschoben hätten. „Korrekt ist auch, dass einige für Zaunfahnen verantwortliche Berliner Fans, nachdem sie geduldet und erlaubt – wie es in Stadien oft üblich ist – die Zaunfahnen im Innenraum aufgehängt hatten, einen Block ohne dafür vorhandene Eintrittskarten betraten, um dort den Rest der Zaunfahnen aufzuhängen. Korrekt ist auch, dass hierbei an den Ordner*innen vorbeigegangen wurde, Gewalt wurde dabei aber nicht verübt. Im Gegenteil, die Absicht war klar erkennbar, und der im Bericht als rucksacktragender 'Haupttäter' Dargestellte betrat nach übereinstimmenden Zeugenaussagen den Block mit erhobenen Händen und verließ ihn, nachdem die Fahnen befestigt waren. Der Maximalvorwurf bezieht sich also auf das Erschleichen von Leistungen, wobei angesichts der als bekannt vorauszusetzenden Fahnenkultur im deutschen Fußball und dem Verlassen des Blocks nach 10 Minuten dieser Vorwurf womöglich lächerlich klingen mag“, bestätigt die Fanhilfe, dass die Union-Fans zwar ohne Eintrittskarten den Oberrang betreten haben, dies jedoch im Widerspruch zu den Angaben der Polizei ohne Schubserei ablief.


Im DFB-Pokal werden Werbebanden zwischen dem Ober- und Unterrang im Freiburger Dreisamstadion neutralisiert. Die Werbung wird mit Folien überhangen und anders als in der Liga können somit dort Zaunfahnen angebracht werden. In den Augen der Eisernen Hilfe ist es in Freiburg letztlich zur Eskalation gekommen, weil ein Rucksack mit Zaunfahnen, dem heiligsten Gegenstand vieler Fangruppen, auf der Polizeiwache landete: „Trotz mehrfachen Einwirkens von Fanbetreuung, Fanprojekt und dem Festgehaltenen selbst wurde unverständlicherweise der Rucksack inkl. mehrere Zaunfahnen eingezogen. Selbst die meisten Fernsehzuschauer*innen dürften die Darstellung der Polizeimeldung teilen, dass dies 'nach aktueller Einschätzung der Auslöser der Eskalation' war. Nicht zu entschuldigen wären ein Teil der von der Polizei behaupteten Reaktionen der Berliner Stadionbesuche*innen. Über den Hergang und Umfang, sich laut Polizei vermeintlich vermummte etwa 60 Gästefans und deren Versuch, an den Festgenommenen zu gelangen, äußerten sich Augenzeug*innen jedoch sehr unterschiedlich. Folglich ist die Darstellung der Freiburger Polizei kritisch zu sehen und die Situation mitnichten so eindeutig, wie in der Pressemitteilung beschrieben. Die Situation war sofort beruhigt, als die Zaunfahnen wieder herausgegeben wurden. Auf Grund der ungerechtfertigten und überzogenen Handlungsweise der Polizei stellte zunächst unsere aktive Fanszene und nach Rücksprache auch die des SC Freiburg den organisierten Support ein. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der 'Rucksackträger' das Spiel zum Großteil auf der Stadionwache und später vor dem Stadion verbringen musste, obwohl er sich stets kooperativ den Beamt*innen gegenüber verhielt. Welche weiteren Konsequenzen auf ihn zukommen, wird abzuwarten sein“, so die Erklärung der Eisernen Hilfe weiter.


Bereits im Vorfeld des Pokalspiels kam es in der Freiburger Innenstadt zu einer Situation, die von Gästefans und Polizei unterschiedlich dargestellt wird. Eine Gruppe von etwa 140 Union-Fans machte sich in einer Gaststätte in der Freiburger Innenstadt breit. Beim Verlassen der Wirtschaft formierten sich die Union-Fans für ein Mobfoto. Die Polizei Freiburg kritisiert, dass dabei Plastikbecher in Richtung eines Polizisten geworfen und der Beamte von Fans beleidigt wurde. Die Eiserne Hilfe widerspricht dieser Darstellung im Prinzip gar nicht, ergänzt jedoch, wie es dazu kam: „Richtig ist, dass ein Teil der mitgereisten Berliner Fans kurzzeitig am Rand einer Straße für ein Foto posierte. Die Polizei scheint jedoch vergessen zu haben, dass ein uniformierter Beamter der Beweissicherung- und Festnahmeeinheit (BFE) mit seiner Spiegelreflexkamera minutenlang dieses Gruppenfoto für grundlose erkennungsdienstliche Fotos, gepaart mit Provokationen, nutzte. Dies war auf der bis dahin komplett gewalt- und störungsfreien Anreise der erste Schritt der Anti-Deeskalation der Polizei und führte zu nicht zu entschuldigenden, aber zu erwartenden Reaktionen (Becherwurf, Beleidigungen). Wir hinterfragen an dieser Stelle allerdings auch, ob dies den harten Zugriff für eine Personalienfeststellung nach Betreten des Stadions rechtfertigt“, so die Erklärung aus dem Fanlager von Union Berlin. (Faszination Fankurve, 31.10.2019)

Hier gibt es die gesamte Stellungnahme der Eisernen Hilfe zu den Vorfällen in Freiburg.