03.07.2020 - Podcast

Stadionverbotsrichtlinien, Ultra-Proteste & Unterbrechung


Heute ist die 32. Folge des Podcasts von Faszination Fankurve erschienen, in der wir auf unsere Berichterstattung im April 2008 zurückblicken, als wir u.a. über neue Stadionverbotsrichtlinien, ein Spielunterbrechung bei Nürnberg gegen Frankfurt und Stimmungsproteste von Violet Crew und Diablos Leutzsch berichteten.

Erneut verstarb in Italien ein Fan auf einer Auswärtsfahrt an einem Rastplatz. Ein 27 jähriges Mitglied der Boys Parma wurde von einem Bus überfahren, an dessen Bord sich Juventini befanden. Erste Ermittlungen ergaben, dass die Parma-Ultras sich wohl dem Bus näherten und dieser daraufhin die Flucht ergriff. Polizeifunktionäre und Medienvertreter diskutierten erneut über ein generelles Reiseverbot zu Auswärtsspielen.

Nach einer verlorenen Wette mussten vier Fans der Offenbacher Kickers zum Auswärtsspiel nach Koblenz wandern. 145 Kilometer Fußmarsch waren zu bewältigen.

„Rettet den SSV Ulm 1846“, so hieß die Kampagne um den Traditionsverein vor dem Aus zu bewahren. In zwei Wochen mussten die Ulmer 350.000 Euro zusammenbekommen, um eine Lizenz für die neue Regionalliga zu erhalten.

Die Violet Crew Osnabrück gab bekannt, dass man den Heimsupport einstellt. Als Grund gab man die immer stärker werdenden Einschränkungen seitens des Vereins an.

Mehr Kommunikation zwischen Vereinen und Fans forderte die Koordinationsstelle Fanprojekte. Grund waren die zum 31. März 2008 vom DFB beschlossenen Änderungen der Stadionverbotsrichtlinien. Die Höchstdauer wurde von fünf auf drei Jahre verkürzt und es gab ein Anhörungsrecht für die Betroffenen.

Fans von Darmstadt 98 hatten über 200 Ideen gesammelt, um den finanziell stark angeschlagenen Verein zu unterstützen. Ca. 1,1 Millionen Euro mussten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesammelt werden.

In der Schweiz plante die Polizei im Vorfeld der Euro 2008 Haus- und Arbeitsplatzbesuche bei Fans, die in der Hooligan Datenbank „Hoogan“ gelistet waren. Aus rechtlicher Sicht war dies aber heikel, da die Grundlage für so ein Vorgehen fehlte. 80 Prozent der in Hoogan erfassten Personen sollten aber keine Vorladung erhalten, sondern per Brief zur Friedfertigkeit aufgerufen werden.

Fans des Regionalligisten Union Berlin machten mit einer ungewöhnlichen Methode auf ihren Verein aufmerksam. Über die Lautsprecher eines umgebauten Feuerwehrwagens kündigten sie die Spiele der Eisernen an.

Das Bundesligaspiel Eintracht Frankfurt – 1.FC Nürnberg musste für rund 20 Minuten unterbrochen werden, nachdem aus dem Gästeblock eine Fackel auf den Platz flog und drei Knaller gezündet wurden. Die Medien sprachen von einem Skandal und Gefahr von Menschenleben. Das Nürnberger Fanprojekt sah diese Berichterstattung als stark übertrieben an. Der DFB sprach gegen beide Vereine Geldstrafen aus. Die Eintracht musste 25.000 Euro, die Nürnberger 50.000Euro zahlen. Polizei und Politiker zeigten nach diesen Vorfällen große Bedenken gegen das Entschärfen der Stadionverbotsrichtlinien. Auf der anstehenden Innenministerkonferenz wollte man erreichen, dass der DFB diese Aufweichungen zurücknehmen sollte. Stattdessen wurden eine härtere Gangart und personalisierte Tickets gefordert.


Nachdem Fans des FC Zürich aufgrund hoher Ticketpreise die Heimspiele boykottierten, reagierte der Verein und senkte die Preise zur neuen Saison. Nachdem auch Gästefans wegen der Topspielzuschläge die Spiele im Letzigrund boykottieren wollten, wurde dieser Zuschlag abgeschafft. Die Tageskarte für Gästefans sollte es ab der nächsten Saison für 18 statt 24€ geben.

Oberligist Hallescher FC wurde zu einem Abzug von drei Punkten verurteilt. Als Grund wurden antisemitische Rufe beim Spiel gegen Jena II angegeben. Der HFC legte Berufung ein. Nach Abzug dieser drei Punkte lag der Verein nicht mehr auf einem Relegationsplatz für die neue Regionalliga.

Der DSC Arminia Bielefeld stellte ein neues Logo vor. Das „DSC“ suchte man in dem Logo aber vergeblich. Daraufhin wurde die Initiative „Unser DSC“ gegründet. Diese forderten den Verein dazu auf, auf dieses Logo zu verzichten.

Nach dem Spiel Schalke 04 – Hansa Rostock stellte die Polizei mehrere Beleidigungsanzeigen gegen Unbekannt. Grund waren „Stasi 2.0“ Doppelhalter in der Nordkurve. Die Ermittlungen wurden aber kurze Zeit später wieder eingestellt.

Nachdem der DFB einmal nicht der Argumentation der Innenminister hinsichtlich der Stadionverbotspraxis folgte, gab es direkt Kritik vom Innenministerium. Das Bündnis Aktiver Fußballfans nahm dazu Stellung und warf den Sicherheitsbehörden unsinnige Panikmache vor. Wenn den Innenministern die neuen DFB Richtlinien nicht weit genug gehen, sollten die Behörden Stadionverbote auf polizeirechtlicher Grundlage aussprechen. Davor schrecken diese aber zurück, weil den Betroffenen dann ein wirksamer Rechtsschutz zustehen würde. Den überführten Verfassungsbrechern sollte man ein bundesweites Politikverbot von drei Jahren auferlegen. Auch die Fanprojekte reagierten empört auf die Forderungen des Innenministeriums.

Die Diablos Leutzsch und die Nachwuchsgruppe Ultra Youth traten bis zum Saisonende in einen Streik. Als Gründe wurden die sportliche Situation und die Enttäuschung gegenüber des Vereinsvorstandes genannt. Ein weiterer Grund war der Umzug des FC Sachsen in das Zentralstadion. Man wollte weiterhin zu den Spielen reisen, aber auf jegliche akustische und optische Unterstützung verzichten.

In Folge der schweren Krawalle am Rande des Derbys Catania – Palermo wurden 13 Haftbefehle gegen Catania Ultras erlassen. Diesen wurde vorgeworfen, an Angriffen gegen Polizisten beteiligt gewesen zu sein und dazu noch unerlaubter Waffenbesitz.

Das Jenaer Fanprojekt legte eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Münchener Polizei ein. Grund war ein überzogener Polizeieinsatz beim Spiel bei 1860 München. Nach Ankunft des Busses der Horda Azzuro verweigerten Polizeibeamte den Fans bis zu 45 Minuten lang den Gang zur Toilette und lachten die Fans, die Krämpfe bekamen, aus. Bei der Durchsuchung eines anderen Busses wurden Gepäckstücke durchsucht, ohne das Zeugen anwesend waren.

Das französische Innenministerium hatte die Gruppierungen Boulogne Boys und Faction Metz aufgelöst. Bei der Pariser Gruppe wurde als Grund ein Spruchband beim Spiele gegen Lens angegeben. Aufschrift: „Pädophile, Arbeitslose und Inzest-Gezeugte, willkommen in Nordfrankreich.“ Bei der Gruppe aus Metz sollten es mehrere Vorfälle aus den letzten Spielen gewesen sein.

Nach einem ergebnislosen Treffen zwischen Polizei, DFB und Vertretern von Union Berlin wurde den Unionern von der Polizei untersagt, Gästekarten für das Spiel gegen Dynamo Dresden an die Sachsen zu verkaufen. Zur Begründung dieser bundesweit einmaligen Aktion nannte die Polizei erhebliche Sicherheitsbedenken. Fans von Dynamo Dresden wurde die Anreise zum Spiel bei Union Berlin doch noch erlaubt. Allerdings mussten besondere Auflagen erfüllt werden. Die Fans mussten geschlossen per Sonderzug anreisen und Karten für den Gästeblock sollte es nur im Sonderzug geben. Über 400 mit Stadionverbot belegte Fans bekamen Meldeauflagen. 1.200 Karten standen den Dresdnern zur Verfügung.

Werder Präsident Klaus-Dieter Fischer sprach sich für einen Fan-Ethik-Kodex aus. Man solle sich gegen Gewalt, Diskriminierung und Rassismus stellen und der Verein wollte nicht mehr mit gewaltbereiten Gruppen zusammenarbeiten.

Die Faninitiative „Krefeld wählt“ wollte den finanziell angeschlagenen KFC Uerdingen mit einer ungewöhnlichen Aktion unter die Arme greifen. Die Fans sammelten Geld für einen Spieler, dem sie den Club dann für ein Jahr schenken wollten. Um nicht willkürlich einen Spieler zu verpflichten, wurde die Aktion mit dem Verein abgestimmt.

Die Fans des FC Bayern durften beim Pokalfinale nicht die „Ausgesperrte immer bei uns“ Fahne aufhängen. Das Transparent wurde als verbandspolitische Aussage gewertet und wurde deshalb in Abstimmung mit beiden Finalisten nicht genehmigt.

Österreich und Polen wollten hinsichtlich des Themas Sicherheit bei der EM 2008 zusammenarbeiten. Ausgemacht wurde ein reger Austausch von Lageberichten, insbesondere zu den Bereichen Hooliganismus, Kriminalität und Terrorismus, die Übermittlung von Informationen über durch Polen reisende Fans und die Entsendung von rund 50 polnischen Beamten nach Österreich.

Das Fanprojekt Jena stellte erneut Strafanzeige. Diesmal wegen den Umständen im Hoffenheimer Gästeblock. Bei Konfrontationen zwischen Fans und Ordnungsdienst führten die Ordner so genannte Totschläger mit sich, was vom Fanprojekt als Verstoß gegen das Waffengesetz gedeutet wurde. Aufgrund der Zunahme solcher Vorfälle, wurden die Fans des FCCvon unabhängigen Rechtsanwälten inkognito begleitet.

Der Cottbusser Torwart Gerhard Tremmel musste wegen unsportlichen Verhaltens eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro zahlen. Nach dem Sieg gegen Rostock kletterte er auf den Zaun und hatte per Megaphon Anti Gesänge gegen Hansa, Hertha und Dynamo Dresden angestimmt. Unsere gesamte virtuelle Reise zurück in den April 2008 könnt ihr hier in der 32. Ausgabe des Faszination-Fankurve-Podcasts in der „Football was my first love“-App nachhören. (Faszination Fankurve, 03.07.2020)







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