16.02.2011 - TSV 1860 München

Verletzte nach Polizeieinsatz in Aue


Am Montag kam im Gästeblock des Erzgebirgsstadion zu einer Konfliktsituation zwischen den Gästefans des TSV 1860 München und der Polizei. Mehrere Münchener Fangruppen kritisieren diesen Einsatz sehr stark und fordern erneut eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte.

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Fangruppen von 1860 München:

Verletzte Löwenfans durch Polizeigewalt in Aue

Wer am gestrigen Abend im Erzgebirgstadion zu Aue war, hat mal wieder einen vorläufigen Höhepunkt von Polizeigewalt und -Idiotie gegen uns Fußballfans erleben dürfen.

Der Bus der Cosa Nostra 1860 kam bereits 1,5 Stunden vor dem Spiel auf dem Parkplatz für Gästefans an. Vor Ort war bereits die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) Sachsen (Chemnitz/Dresden) massiv präsent.

Im Auer Gästeblock kam es bei den letzten Abendspielen immer wieder zum Einsatz von Pyrotechnik. Dies lief allerdings stets im kontrollierten Rahmen ab. Es kam zu keinerlei Ausschreitungen bzw. Böller- oder Fackelwürfen.

Die Gruppe um die Cosa Nostra 1860 wurde zunächst Richtung Stadion gedrängt. Am Eingang war noch relativ wenig los und man wollte explizit diese Gruppe am Eingang "richtig" kontrollieren. Der Bus der Giasinga Buam wurde in dieser Zeit am Gästeparkplatz festgehalten - es sollten nicht zu viele Fans gleichzeitig Richtung Eingang drängen. Die Kontrolle der Cosa Nostra 1860 sollte nicht, wie üblich, durch den ansässigen Ordnungsdienst geschehen, sondern für alle, die nach "Ultras" aussahen durch die BFE durchgeführt werden. Dabei wurden die Mitglieder komplett durchsucht, inklusive Griff zwischen die Beine bzw. Blick hinter den Hosenbund. Hier wurde eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen. Die Gruppe um die Giasinga Buam wurde im Übrigen "regulär" vom Ordnungsdienst kontrolliert, vereinzelte Mitglieder im Nachhinein NOCH EINMAL durch die Polizeikräfte. Es gelangten offensichtlich trotz dieser schikanösen Kontrollen einige pyrotechnische Gegenstände in den Gästeblock, was die Maßnahme im Nachhinein als völlig sinnfrei enttarnt.

Zum Einlauf der Mannschaften wurden nun im Gästeblock einiges an Pyrotechnik gezündet. Dies geschah in einem friedlichen und kontrollierten Rahmen. Das heisst, es wurden keine Knallkörper gezündet, es wurden keine Fackeln oder ähnliches geworfen - es wurden also weder Zuschauer, noch Ordner oder Polizisten in irgendeiner Weise gefährdet. Der Gästeblock verwandelte sich in ein eindrucksvolles Bild, wie man es in den Stadien Deutschlands inzwischen wieder an jedem Wochenende vorfindet. Pyrotechnik ist ein Stilmittel der Fans und wird als solches auch immer wieder verwendet.

[Wir verweisen hierbei auf die bundesweite Fan-Kampagne "Pyrotechnik legalisieren - Emotionen respektieren", die sich bundesweit für ein legales und kontrolliertes Abbrennen von Pyrotechnik - und gegen Missbrauch von eben dieser einsetzt. Wir sind zwar keine offiziellen Unterstützer dieser Kampagne, das kontrollierte Abbrennen von Fackeln und Rauchtöpfen und den Kampf gegen den Missbrauch von Pyrotechnik tragen wir jedoch voll und ganz mit. http://www.pyrotechnik-legalisieren.de]

Sofort marschierte die BFE in den Block, filmte direkt vor den Gesichtern und versuchte offensichtlich "Pyro-Täter" ausfindig zu machen. Die Löwenfans verhielten sich völlig friedlich, deeskalierend und ließen sich durch die Polizeipräsenz vor der Nase in keinster Weise provozieren. Einige Minuten vor der Halbzeit bereiteten sich die BFE nun offensichtlich auf den Zugriff vor. Scheinbar wurde ein "Pyro-Täter" ausfindig gemacht, dieser sollte nun aus dem Block geholt werden.

Der Löwenfanblock rückte nun zusammen. Die Meisten konnten sich schon sehr gut vorstellen, was jetzt passieren wird. Und genau so kam es:

Die BFE stürmte von zwei Seiten, sowohl von oben, in den Rücken der Fans, als auch von unten ohne Rücksicht auf mögliche Unbeteiligte in die Menge, und wollte ... - Ja was wollte sie denn eigentlich?

Es wurde mit Fäusten, Knien und den sog. "Tonfas" (Mehrzweckschlagstöcken) auf alle Umstehenden eingeschlagen. Auf Frauen oder verletzte Löwenfans wurde in keinster Weise Rücksicht genommen. Jeder Löwenfan versuchte nur noch seine Gesundheit und die seines Nachbarn irgendwie zu schützen. Es wurde nicht, wie sonst üblich, massenhaft Pfefferspray versprüht, die BFE hat vielmehr gezielt den Faustkampf mit den Fans gesucht. (Zitat: "Komm doch her, wenn du noch nicht genug hast!") Die Lage im Gästeblock eskalierte völlig und die folgenden minutenlangen Unruhen im Gästeblock beruhigten sich erst wieder, als die Polizeieinheiten den selbigen zum Teil wieder verließen. Der Einsatz war von vorne bis hinten eskalierend, planlos und brutal. Beispielsweise wurden Leute niedergeschlagen, die versuchten einen bewusstlosen Fan aus der "Gefahrenzone" zu bringen, es wurde auf am Boden liegende Fans eingetreten, Fans die versuchten den Schauplatz zu verlassen, wurden mit Schlagstöcken zurückgetrieben. Es wurde ausdrücklich NICHT versucht einzelne "Pyro-Täter" aus der Gruppe herauszuholen, es wurde schlicht und einfach zum Rundumschlag ausgeholt.

Des Weiteren entsteht der Eindruck, eines genau gewählten Zeitpunkts, bei dem die Fernsehkameras von Sport1 und Sky nicht "auf Sendung" waren. Der gemeine Fernsehzuschauer konnte und sollte diese Bilder nicht zu sehen bekommen.

Als sich die Lage wieder beruhigt hatte wurde das Ausmaß der "staatlichen Randale" langsam klar: Verletze Löwenfans, Freunde in Gewahrsam, der Rest vom Block geschockt.

Für uns und die anderen Gruppen im Gästeblock, war sofort klar, dass unter diesen Bedingungen, eine "normale Unterstützung" für die Mannschaft nicht mehr möglich ist. Wir Löwenfans waren Polizeigewalt ausgesetzt, wie wir sie seit Jahren nicht mehr erleben mussten. Sogar Auswechselspieler unserer Mannschaft kamen an den Block und boten uns Zeugenaussagen zu den Vorfällen an. Vielen Dank hierfür.

Die Fahnen wurden also abgehängt, wir zogen uns in den oberen Teil des Blocks zurück um uns besser schützen zu können, in der 2. Halbzeit gab es nur noch vereinzelte Schlachtrufe bei Torchancen, an organisierten Support war nicht mehr zu denken.

Zu allem Überfluss stellte sich im Laufe der 2. Halbzeit noch heraus, dass Polizisten beim Einsatz im Gästeblock noch einen "Tonfa" und Pfeffersprays verloren haben. Solch ein amateurhaftes Verhalten ist in keinem Fall zu entschuldigen.

Die eingesetzten Beamten tragen nicht nur Pfefferspray und Schlagstock bei sich, sondern sind allesamt mit scharfen Schusswaffen ausgestattet.

Was passiert, wenn ein Beamter eine solche einmal verlieren sollte, mag sich niemand ausmalen. Solch ein fehlerhafter Umgang mit der eigenen Ausrüstung ist unentschuldbar und in höchstem Maße unverantwortlich!

Die abhanden gekommene Ausrüstung wurde im Laufe der 2. Halbzeit vom Fanprojekt München an die Einheiten übergeben, was ein weiteres Eskalieren verhinderte.

Abschließend bleibt der Eindruck, dass wir Löwenfans Opfer des verletzten Stolz des Einsatzleiters wurden. Selbst die eigenhändig durchgeführten Kontrollen konnten nicht verhindern, dass in "seinem" Gästeblock Pyrotechnik verwendet wurde. Zur Abschreckung künftiger Fangruppen wurde nun einmal der "Knüppel aus dem Sack" geholt. Ein möglicher Zugriff auf die vermuteten "Pyro-Täter" beim Verlassen des Stadions - wie es sonst üblich ist – wurde offensichtlich nicht einmal in Betracht gezogen. Der komplette Einsatz war ausschließlich auf Eskalation ausgelegt.

Wir möchten anmerken, dass sämtlich Festnahmen und Anzeigen an diesem Tag in keinem Zusammenhang mit Pyrotechnik standen. Alle Gewahrsamnahmen erfolgten nur auf Grund des Blocksturms der Polizei. Der Einsatz blieb also in seinem Zwecke komplett erfolglos.

Wir sind im Besitz von Videomaterial, das wir nun auswerten und möglicherweise rechtliche Schritte einleiten werden. Die BFE Zug- bzw. Truppführer waren zu keinem Zeitpunkt bereit Auskunft über Identitäten zu geben. Das wird im Nachhinein die Ermittlungen gegen straffällig gewordene Polizeibeamte für die Staatsanwaltschaft immens erschweren. Wir fordern in diesem Zusammenhang ausdrücklich eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Nummern, die bei jedem Einsatz wechseln wären zur rechtsstaatlichen Aufklärung solcher Vorfälle nach Ansicht aller Fangruppen ein großer Schritt für eine Vertrauensbasis zwischen Fans und Polizei.

So wurde das Feindbild Polizei weiter gestärkt, an einen konstruktiven Umgang miteinander ist weiterhin in keinster Weise zu denken!

Unser Kampf für freie Kurven geht weiter - Nichts und Niemand kann uns stoppen!

Abschließend möchten wir noch allen Opfern und Festgenommenen unsere volle Solidarität aussprechen! Keiner wird allein gelassen!

Die aktiven Fangruppen des TSV München von 1860 im Februar 2011

Cosa Nostra 1860

Giasinga Buam

Münchner Freiheit

Ammertaler Löwen

Fanfotos TSV 1860 München




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