04.08.2016 - Hannover 96

​Verwaltungsgericht begründet Aufenthaltsverbot


Fans von Hannover 96 kritisierten zuletzt, dass 45 Fans mit Aufenthaltsverboten bei Heimspielen von Hannover 96 belegt wurden. Ein Ultrà, der bei Problemen zuletzt als Vermittler zwischen Fanszene und Polizei fungierte, klagte gegen das Verbot. Das Verwaltungsgericht bestätigte das Verbot jedoch.

Nun hat das Verwaltungsgericht Hannover die eigene Entscheidung begründet. Die Fanszene von Hannover 96 kritisierte das Urteil und befürchtet, dass deshalb in Zukunft kein Fanszenevertreter mehr bereit sein könnte, als Ansprechperson für die Polizei zu fungieren (Faszination Fankurve berichtete). (Faszination Fankurve, 04.08.2016)

Faszination Fankurve dokumentiert die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Hannover:

Aufenthaltsverbot wegen Fußballgewalt: Verwaltungsgericht lehnt Eilantrag ab

10. Kammer lehnt mit Beschluss vom 25.07.2016 Antrag eines Fußballfans auf vorläufigen Rechtsschutz gegen ein polizeiliches Aufenthaltsverbot ab.

Der Antragsteller ist Anhänger von Hannover 96 und wird von der Antragsgegnerin, der Polizeidirektion Hannover, den sogenannten Problemfans zugeordnet. Er sei eine Führungsfigur der Ultra-Gruppierung „Komplott Hannovera" und mehrfach im Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen angetroffen und identifiziert worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.05.2016 erteilte die Polizeidirektion Hannover unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ein Aufenthaltsverbot, das sich zeitlich und örtlich an allen Heimspielen des Fußball-Zweitligisten Hannover 96 und des Regionalligisten Hannover 96 II in der Saison 2016/2017 orientiert. Das Aufenthaltsverbot beansprucht jeweils Geltung für die Dauer von sechs Stunden vor Spielbeginn bis sechs Stunden nach Spielende und gilt für weitere Bereiche der Innenstadt und Ricklingens sowie die Umgebung des Niedersachsenstadions, des Beekestadions und des Eilenriedestadions.

Der Antragsteller hält die Verfügung für rechtswidrig. Er sei weder als „Gewalttäter Sport" in der gleichnamigen polizeilichen Verbunddatei gespeichert noch seitens des Vereins Hannover 96 mit einem Stadionverbot belegt worden. Auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Fußballspielen sei gegen ihn nie anhängig gewesen. Die von der Antragsgegnerin in dem Bescheid angeführten Identitätsfeststellungen seien Sammelmaßnahmen gewesen, denen eine Vielzahl - auch unbeteiligter - Personen unterworfen worden sei. In keiner Situation sei er selbst als Störer festgestellt worden.

Die Antragsgegnerin hält dagegen, dass der Antragsteller kaum durch Zufall dreimal unverschuldet in Identitätsfeststellungen geraten sei. Er sei außerdem im Vorfeld des Heimspiels gegen Eintracht Braunschweig im November 2013 von der Polizei als Angehöriger einer Gruppe aufgegriffen worden, aus der heraus im Nahbereich des Stadions eigenmächtige Personenkontrollen durchgeführt worden waren, um Störaktionen Braunschweiger Fans zu verhindern. Dabei sei auch eine Zivilstreife der Polizei gewaltsam angehalten und kontrolliert worden.

Die 10. Kammer ist der Einschätzung der Polizeidirektion gefolgt. Das Aufenthaltsverbot stütze sich auf Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Antragsteller im Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots Straftaten begehen werde. Nach den Verlaufsberichten der Polizei über drei Vorfälle in Frankfurt am 04.04.2015, in Hannover am 12.09.2015 und in Mönchengladbach am 21.11.2015 sei es zu erheblichen Störungen gekommen, die der Antragsteller unvollständig und verharmlosend darstelle. Jedenfalls der Vorfall in Mönchengladbach im November 2015 sei als verabredete Drittortauseinandersetzung zu bewerten. Welche Rolle der Antragsteller dabei selbst konkret gespielt habe, habe er nicht offengelegt. Auch die nächtliche „Streife" im Vorfeld des Braunschweig-Spiels deute darauf hin, dass er nicht nur einfacher Fußball-Fan sei, sondern die Konfrontation mit gegnerischen Fangruppen suche. Er sei bei der Wahl zum Fanbeirat öffentlich als „Vertreter des Komplott Hannovera als einer der aktivsten Gruppen der aktiven Fanszene" aufgetreten.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zulässig.

Aktenzeichen: 10 B 3186/16

Zum Hintergrund:

Die Polizeidirektion Hannover hat gegen den Antragsteller und 44 weitere Personen gleichartige Aufenthaltsverbote für die Innenstadt und die Umgebung der Stadien erlassen. Neben dem Antragsteller wenden sich fünf weitere Personen vor dem Verwaltungsgericht gegen diese Verfügungen.

Fanfotos Hannover 96




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