04.10.2006 - Hamburger SV

Von ZSKA-Hools attackiert


Interview mit HSV-Fan Bastian Reschke über die Reise zum Champions League-Spiel in Moskau.

?HSV-Fans im Vorfeld des Champions-Spiels bei ZSKA Moskau angegriffen!?, lautete eine Eilmeldung, die von der Deutschen Presse Agentur vor knapp einer Woche an die Redaktionen geschickt wurde. Inzwischen sind die Hamburger allesamt zurück und können von einer eher ungemütlichen Tour und deren Begleitumständen berichten.

Faszination Fankurve: Wie war der ?ereignisreiche? Tag in Moskau?

Reschke: Insgesamt waren 160 Hamburger in Moskau. Rund 80 davon haben sich dann gegen 17 Uhr auf dem Roten Platz versammelt, wo wir um 17.30 Uhr einen Treffpunkt vereinbart hatten - eine bunte Mischung aus älteren Allesfahrern, Rentner und Frauen waren auch dabei. Als wir dort auf einer Wiese saßen kamen vier oder fünf Leute vorbei. Die waren höchstens 18, haben sich aber als Spartak-Hools ausgegeben, um zu fragen, was die Chosen-Few-Fahne zu bedeuten habe und ob wir Hools dabei hätten, was wir verneinten. Später kam dann ein Polizist, der sich einen Ausweis und eine Visitenkarte unseres Hotels zeigen ließ. Als wir dann bemerkten, dass er sich in dieselbe Richtung entfernte, aus der auch vorher die ?Späher? kamen, und sich mit denen auch noch unterhielt, haben wir vermutet, dass er sich schmieren ließ. Da wussten wir schon, was kommen würde und dass die später noch am Hotel auftauchen würden. Und weil immer mal wieder Leute mit Jogginghose und Pitbull- oder Lonsdale-Pullover und karierten Mützen - die haben da denselben Dresscode wie beispielsweise auch in Polen ? vorbeischauten, wussten wir, dass sie uns weiter beobachteten.

Die Fahne der Chosen Few auf dem Roten Platz.

Bild: hsv+sgw

Faszination Fankurve: Wie kam es dann zur Konfrontation?

Reschke: Wir sind dann mit 80 Leuten runter in die U-Bahn. Schon bald kamen die beiden ersten wieder die Treppen hoch uns sagten, wir würden unten erwartet. Unser Fanbeauftragter Sven Freese und ich sind dann mal unten nachschauen gewesen. Wir haben dann nur noch einen weiteren Späher gesehen und auf seinen Pfiff hin stürmten 60 Leute mit ?ZSKA-Hooligans?-Rufen auf uns zu. Oben sind dann alle 80 Leute über die Drehkreuze geflüchtet, was trotz einiger Stürze relativ gut geklappt hat. Da standen auch vier Polizisten, die sich aber einen Dreck dafür interessiert haben. Nur vier oder fünf haben sie erwischt, aber beispielsweise auch von den Mädchen abgelassen. Wir haben uns dann auf viele Gassen verstreut und teilweise in der Nationalbibliothek verschanzt. Erst dort hat sich ein deutsch sprechender Student dafür eingesetzt, dass die Polizei kommt. Eine halbe Stunde später war dann auch der HSV-Vorstand da.

Faszination Fankurve: Hört sich aus der Distanz wie eine Horrorstory an. War es eine?

Reschke: Jein - ich bin beim Hoppen in Polen oder anderen Ländern natürlich schon etwas vorsichtig. Viele aus der Reisegruppe, die solche Szenen nicht kennen oder nicht erwartet haben, waren natürlich verängstigt und wollten nur noch ins Hotel. Man weiß in Osteuropa nie wie die Leute so reagieren.

HSV-Fans in Moskau.

Bild: hsv+sgw

Faszination Fankurve: War es im Stadion ähnlich gefährlich?

Reschke: Im Stadion war es o.k., auch wenn aus den Nebenblöcken Rufe wie ?Deuze Szweine? kamen. Nach dem Spiel haben sie uns dann applaudiert. Das habe ich aufgrund der Vorgeschichte nicht erwartet. Wahrscheinlich hat es sie auch irgendwie beeindruckt, dass so viele Leute so weit reisen und ordentlich supporten. Man hatte uns dann zwei Busse organisiert, damit wir nach einer halben Stunde Blocksperre sicher zu unserem Hotel in einer Hochhaussiedlung kommen konnten. Schon bei der Abfahrt kam es mir da ungewöhnlich ruhig vor. Unten vor dem Hotel befindet sich ein Kiosk, an dem wir uns dann noch mit Getränken für den Abend versorgten. Als die letzten zehn noch da standen, sprangen 40 Leute, teilweise mit Sturmhauben, aus dem Gebüsch. Diejenigen Hamburger, die sich gewehrt haben, bekamen - auf gut deutsch gesagt - auf die Fresse. Eine Fotokamera und die ?Wedel?-Fahne haben sie erbeutet. Die für unseren Schutz abgestellt Polizei ist natürlich zwei Minuten vorher in ihre Autos verschwunden und kam pünktlich zwei Minuten nach der Auseinandersetzung zurück. Da hatten einige dann die Pläne aufgeben, dass Hotel zu verlassen, anderen tranken draußen noch bis in die frühen Morgenstunden. Am nächsten Tag waren wir zu fünft bei einem Spiel von Spartak und da fielen wir natürlich allein schon aufgrund unseres Äußeren auf. Auch da waren wir der Meinung, dass uns ein Auto verfolgte, aber das war vielleicht auch Paranoia.

Faszination Fankurve: Hast Du persönlich die Lust auf solche Touren verloren?

Reschke: Einige HSVer sagten nachher, sie hätten sich die Reise lieber geschenkt, oder dass sie beim nächsten Mal zu Hause bleiben würden. Ich persönlich gehöre nicht dazu. Mit so was muss man in Russland einfach rechnen. (Faszination Fankurve, 4.10.2006)

Fanfotos Hamburger SV




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