15.03.2019 - Eintracht Frankfurt

Warum die UEFA die SGE-Fans nicht ausschließen sollte


Nachdem einzelne Fans von Eintracht Frankfurt gestern beim Auswärtsspiel in Mailand geringe Mengen an Pyrotechnik zündeten, reagierten viele SGE-Fans darauf mit Gesängen gegen die Pyrozünder. Doch ein Gästefanausschluss für SGE-Fans im Viertelfinale der Europa League wäre nicht gerechtfertigt, wie der Blick in die Vergangenheit zeigt.

Gestern kurz vor Abpfiff des Europa League-Spiels von Eintracht Frankfurt bei Inter Mailand wurde durch die Gesänge der Eintracht-Fans gegen die Pyrozünder deutlich, wie sehr das Thema Verbandsstrafen dazu geeignet ist, ansonsten geschlossen auftretende Fanlager zu spalten. Diese Spaltung ist vor allem auf die Verbandsstrafen zurückzuführen und nicht auf das Pyrozünden selbst.


Den Anblick von Bengalischen Fackeln, solange sie in der Hand gehalten werden, finden wohl die meisten auswärtfahrenden Fans weiterhin in Ordnung. Das Problem sind die von der UEFA angedrohten und teils auch umgesetzten Zuschauerausschlüsse und Gästefanverbote.

Wegen der Vorfälle in der Gruppenphase, vor allem beim Auswärtsspiel in Rom, war die Eintracht vor dem Spiel gestrigen gegen Inter Mailand von der UEFA mit einem Gästefanverbot auf Bewährung belegt worden (Faszination Fankurve berichtete).

Gestern wurden sowohl von Eintracht, als auch von Inter-Fans ganz vereinzelt Fackeln gezündet und von einem Gästefan nach Abpfiff noch eine Rakete abgefeuert (Faszination Fankurve berichtete). Einzelne Fackeln wurden im Gästeblock zudem in den Unterrang entsorgt. Vor allem die Rakete, die offenbar von einer Einzelperson kam, soll auch unter Frankfurter Ultras für Unmut gesorgt haben. Doch ein Blick auf die vergangene Europa Leauge-Saison zeigt, dass es von der UEFA sehr unfair wäre, die SGE-Fans deswegen beim kommenden Auswärtsspiel im Europa League-Viertelfinale auszuschließen.

Im Dezember 2017 war der 1. FC Köln in der Europa League bei Roter Stern Belgrad zu Gast. Die Domstädter standen damals, wie die Eintracht vor dem Inter-Spiel, ebenfalls unter Bewährung für einen Gästefanausschluss beim nächsten Auswärtsspiel im Europapokal. Im Nachgang der Vorfälle von Belgrad, wo Kölner Fans viel, viel mehr Pyrotechnik zündeten, als Eintracht-Fans gestern in Mailand und zudem beim Einlaufen der Mannschaften eine Rakete auf das Spielfeld abfeuerten, die fast ein Einlaufkind oder einen Spieler traf sowie mehrfach Raketen und Pyro auf Heimfans feuerten und sich mit denen mit allen möglichen Gegenständen bewarfen, widerrief die UEFA zunächst auch die Bewährung des 1. FC Köln und kündigte ein Gästefanverbot für das nächste Euorpapokal-Auswärtsspiel der Kölner an. Der 1. FC Köln ging gegen diese Entscheidung vor und legte Berufung ein. Der UEFA Appeals Body nahm daraufhin den ursprünglich verhängten Gästefanausschluss zurück und reduzierte die Geldstrafe für die Kölner sogar noch. „Die Entscheidung des Appeals Body ist ein großer Erfolg und ein Lohn für unsere Hartnäckigkeit. Ein Dankeschön und ein Kompliment gebührt unseren Juristen“, erklärte Alexander Wehrle, Geschäftsführer des 1. FC Köln damals.


Bei einem Vergleich der Vergehen einzelner Eintracht-Fans unter den 13.500 Gästefans gestern in Mailand mit dem Auftritt der Kölner Fans im Dezember 2017 kann die UEFA eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass ein Ausschluss der SGE-Fans im Europa League-Viertelfinale nicht gerechtfertigt wäre. Zur Not muss die Eintracht ebenfalls Berufung einlegen und den UEFA Appeals Body entscheiden lassen. Vielleicht sollten sich die Adler vom Main dafür sogar Rat bei den Geißböcken vom Rhein holen, die diesen Weg bereits erfolgreich gegangen sind.

Hinzu kommt, dass die Fans von Eintracht Frankfurt schon beim ersten Europa League-Auswärtsspiel in Marseille in dieser Saison ausgeschlossen wurden, weil Olympique Marseille wegen der Vorfälle beim Finale in der Vorsaison mit einem Geisterspiel bestraft wurde. Diese Strafe traf auch die Eintracht-Fans, die überhaupt nichts damit zu tun hatten. Auch deshalb wäre jetzt ein erneuter Ausschluss der SGE-Fans eine zu harte Strafe.

Außerdem würde durch einen Gästefanausschluss ein Sicherheitsrisiko entstehen, weil zahlreiche Eintracht-Fans versuchen würden, trotzdem ins Stadion zu kommen, um eines der wichtigsten Spiele der jüngeren Vereinsgeschichte im Stadion zu erleben. Dies zeigt auch ein Beispiel aus dem Jahr 2012, als Eintracht Frankfurt für das Auswärtsspiel bei Union Berlin mit einem einem geschlossenen Gästeblock bestraft wurden. Trotzdem schafften es zahlreiche Eintracht-Fans, auch mit Hilfe von Union-Fans, ins Stadion an der Alten Försterei und kletterten dabei sogar in den Gästeblock. Dieser und ähnliche Vorfälle sorgten dafür, dass man beim DFB von der Sanktion „Gästefanverbot“ abrückte (Faszination Fankurve berichtete), da diese Strafform bei Durchmischung von Heim- und Gästefans zu einem Sicherheitsrisiko wurde, das viel größer ist, als zwei bis drei Bengalische Fackeln.


Die Nordwestkurve Frankfurt erklärte im Vorfeld des Gästefanverbots für das Auswärtsspiel bei Union Berlin im März 2012: „Wir fordern die Eintracht Frankfurt Fußball AG auf, die ausgesprochene Strafe zu kritisieren und dagegen zu protestieren, dass eine Vielzahl von unschuldigen Fans bestraft wird. Eintracht Frankfurt sollte sich mit den übrigen Profivereinen auf eine Vorgehensweise zur Erreichung einer durchsichtigen und gerechten Bestrafungsmethodik verständigen. Es wäre begrüßenswert, wenn unsere Eintracht in diesem Fall die Initiative ergreift.“ Sollte die UEFA die Eintracht nun mit einem Gästefanverbot belegen, dürfte diese Forderung wieder an Aktualität gewinnen. Zudem würde sich die UEFA mit einem Gästefanverbot selbst bestrafen. Waren es doch vor allem die Eintracht-Fans, die in dieser Saison die Europa League, die bei vielen Vereinen und Fanszenen kaum noch einen Stellenwert zu haben scheint, durch ihre lautstarken und kreativen Auftritte deutlich bereicherte, auch für die Fernsehzuschauer und Sponsoren. Zu abertausenden reisten die SGE-Fans zu Heim- und Auswärtsspielen und bekamen dafür Anerkennung aus ganz Europa. Diese gesamte Fanszene nun wegen einer Aktion von Einzelpersonen mit einem Gästefanverbot für ein wichtiges Spiel zu belegen, würde sicherlich nicht dafür sorgen, dass die UEFA von aktiven Fans weniger als Feindbild wahrgenommen würde. (Faszination Fankurve, 15.03.2019)

Fanfotos Eintracht Frankfurt




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