28.06.2010 - Hamburger SV

„Wenn auch meistens auf Kosten anderer“


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Vor einiger Zeit erschien mit „In kleinen Gruppen, ohne Gesänge“ ein Buch, das sich mit der Hooliganszene des Hamburger SV befasst. Faszination Fankurve sprach mit Autor Alexander Hoh über ein Buch, das es so bisher in Deutschland nicht gegeben hat.

Faszination Fankurve: Kannst Du kurz etwas von deiner eigenen Geschichte als Fußballfan preisgeben?

Hoh: Ich habe einen typischen Werdegang als Fußballfan gehabt. Ich bin mit zehn Jahren das erste Mal von meinem Vater mit ins Stadion genommen worden und war sofort infiziert. Seitdem gehe ich zum HSV. Da gibt es eigentlich nichts Außergewöhnliches zu berichten.



Faszination Fankurve: Erzähl bitte kurz etwas über die Hintergründe des Buches.

Hoh: Der Verlag hatte auf seiner Internetseite nach Leuten gesucht, die kompetent aus der Fanszene der achtziger und neunziger Jahre berichten könnten. Ein Freund von mir hatte sich daraufhin an Trolsen gewandt. Im folgenden email-Verkehr fiel dann auch mein Name als potenzieller Geschichtenlieferant. Wir haben dann beschlossen, zusammen ein paar Anekdoten aufzuschreiben. Aus Zeitgründen hat das allerdings nicht geklappt, und so schrieb ich erst einmal selbst ein paar Seiten. Vom Verlag wurde mir erst Interesse signalisiert – und dann aus heiterem Himmel ein Autorenvertrag angeboten.

Schon seit Jahren gab es unter meinen alten Gefährten immer wieder Überlegungen, dass man die damaligen Erlebnisse unbedingt mal zu Papier bringen müsste. Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass ich es dann letztendlich machen würde, zumal ich eigentlich unter einer ausgeprägten Schreibfaulheit leide.

Anfang September habe ich dann mit dem Schreiben angefangen. Ich habe lange überlegt, wie man die Ereignisse am besten zu Papier bringen kann und wollte auf keinen Fall ein Buch in dem klassischen englischen Stil verfassen. Ich denke, dass mir das auch gelungen ist.

Erst als ich ein festes Konzept hatte, habe ich ein paar alte Freunde zur Recherche und zur Gedächtnisauffrischung hinzugezogen. Die waren natürlich überrascht, aber alle haben mich bereitwillig unterstützt. Das war eine unschätzbare Hilfe.

Faszination Fankurve: Wie wurde das Buchprojekt unter den HSV-Anhängern aufgenommen? Haben die Leute bereitwillig kooperiert?

Hoh: Als die ersten Gerüchte aufkamen, dass an einem Buch über die Hamburg Hooligans geschrieben wird, gab es wohl einige Unruhe. Die Leute hatten die Befürchtung, dass sich jemand, der seinerzeit gar nicht dabei war, profilieren wollte. Als dann bekannt wurde, wer der Autor ist und welcher Zeitraum behandelt wird, haben sich die Leute wieder beruhigt.

Faszination Fankurve: Welchen Zeitraum behandelt das Werk denn?

Hoh: 1985 bis 1995

Faszination Fankurve: Gibt es einige besondere Anekdoten, die man erwähnen kann?

Hoh: Davon gibt es in dem Buch unzählige. Da möchte ich keine besonders hervorheben.

Faszination Fankurve: Was sind deiner Meinung nach die Besonderheiten der Hamburger Hooliganszene, sofern es überhaupt welche gibt?

Hoh: Aus meiner Sicht waren es unser schräger Humor, Kreativität und eine gesunde Portion Selbstironie, die uns von den anderen Hooligangruppen unterschied.

Wir haben ständig neuen Schabernack veranstaltet und eine Menge Spaß gehabt. Wenn auch meistens auf Kosten anderer.

Faszination Fankurve: Wie siehst Du die momentane Fanszene – bezogen auf Ultras, Hools, aktive Fans – in Hamburg?

Hoh: Ich kenne mich in der heutigen Hooligan- oder Ultraszene zu wenig aus, um mir ein Urteil oder eine Wertung erlauben zu können.

Faszination Fankurve: Heutige Hooligans treffen sich häufig eher auf der Wiese als am Spieltag am Stadion. Wie stehst Du zu dieser Entwicklung?

Hoh: Die Leute machen das sicherlich nicht, weil es auf dem Acker mehr Spaß macht. Es ist die Folge der restriktiven Politik der Polizei und Justiz. Für mich persönlich wäre das nichts gewesen.

Faszination Fankurve: Wird es das Phänomen „Hooligans“ immer weiter geben oder stirbt die Szene möglicherweise aufgrund anderer Formen des Fanseins nach und nach aus?

Hoh: Fußball und Emotionen sind untrennbar miteinander verbunden. Deshalb wird es auch weiterhin handfeste Auseinandersetzungen geben. In welcher Form das stattfinden wird, vermag ich nicht zu prognostizieren. Heutzutage muss man ja mit viel härteren Konsequenzen rechnen, wir hatten seinerzeit noch ein deutlich verbraucherfreundlicheres Umfeld.

Faszination Fankurve: Im Vergleich zu England sind hierzulande sehr wenige Bücher

über Hooliganismus erschienen. Wieso ist das so? Sind die Ehemaligen medienscheuer?

Hoh: Das kann ich nicht beurteilen. Vielleicht ist das Buch ja ein Anstoß.

Faszination Fankurve: Ist in Zukunft möglicherweise ein Fortsetzung oder ein anderes Werk auf ähnlichem Terrain zu erwarten?

Hoh: Im Moment habe ich nichts weiter geplant. Das Ganze ist ja auch sehr zeitaufwändig, und ich habe nebenbei noch einen Vollzeit-Broterwerb. Ausschließen kann ich natürlich nichts, aber ich werde vorerst erst mal wieder die Golfplätze in der Nachbarschaft unsicher machen. (Faszination Fankurve, 28.06.2010)

Das Buch im Faszination Fankurve-Shop

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