27.01.2021 - FCK/HSV

„Wer hier willkommen ist entscheidet ihr nicht!“


Am Montag, einen Tag vor der Drittligapartie 1. FC Kaiserslautern gegen Türkgücü München, posierten Personen der neonazistischen Kleinstpartei „Der 3. Weg“ mit einem rassistisch motivierten Spruchband hinter der Westkurve des Fritz-Walter-Stadions. Die aktive FCK-Fanszene positionierte sich eindeutig gegen diese Aktion.

Das Fanbündnis 1. FC Kaiserslautern, dem auch die Ultragruppen vom FCK angehören, hat gestern eine Stellungnahme zum Thema veröffentlicht und darin erklärt: „Am Tag vor der Partie des FCK gegen Türkgücü München posierten einige Aktivisten des III. Wegs vor der Westkurve mit einem Banner auf dem zu lesen war, dass Türkgücü München auf dem Betze nicht willkommen sei. Der Partei, die bekanntlich am extrem rechten politischen Rand anzusiedeln ist, sei gesagt, dass sich die Westkurve ihre Feinde immer noch selbst aussucht und sich dabei schon gar nicht von außen reinreden oder eine Meinung aufzwängen lässt. Dass eine solche Partei vor dem 54er Denkmal posiert, ist eine bodenlose Frechheit und Respektlosigkeit gegenüber den Helden von Bern und den Werten, welche unsere Fanszene vertritt. Ausgerechnet dieses Denkmal zum Zwecke des Wahlkampfes zu missbrauchen und auf dem Rücken dieser Männer Politik zu betreiben, ist verachtenswert und hat schon gar nichts mit der breiten Meinung der FCK-Fans zu tun.“

Gleichzeitig platzierte das Fanbündis ein an den „III Weg“ gerichtetes Plakat: „Maul halten, wenn die Westkurve spricht! Wer hier willkommen ist entscheidet ihr nicht!“, war darauf unmissverständlich zu lesen. Zuvor hatte sich der 1. FC Kaiserslautern bereits von der Spruchbandaktion der Neonazipartei distanziert: „Sowohl der Inhalt des Banners als auch der Ort der Darstellung ist für die Verantwortlichen des 1. FC Kaiserslautern nicht zu tolerieren. Der 1. FC Kaiserslautern distanziert sich mit aller Deutlichkeit von dieser menschenverachtenden und rassistischen Haltung gegenüber unseren Gästen von Türkgücü München, die bei uns mit all ihren Spielern und Verantwortlichen sehr wohl und sehr herzlich willkommen sind“, heißt es im Statement des Drittligisten aus der Pfalz.

Auch in Magdeburg positionierte sich der Block U vor einigen Wochen ähnlich deutlich gegen den „III. Weg“, nachdem die Partei auch dort versuchte den 1. FC Magdeburg für rassistische Politik zu benutzen.

Letzte Woche veröffentlichte der „III. Weg“ zudem ein Interview mit einer Person, die sich laut eigener Darstellung als Fan des Hamburger SV ausgab. Das Netzwerk Erinnerungsarbeit (Netz E), das seit 2016 im Fanlager des HSV besteht und sich gegen Diskriminierung und für einen vielfältigen Fußball positioniert, sieht in dem Interview einen weiteren Versuch der rechten Partei, um „Nazi-Propaganda“ zu verbreiten: „Wie in allen bisherigen Interviews beklagt sich der interviewte 'Frank' unter anderem über das Zurückdrängen rechter Strukturen in seiner Szene. Wir wollen diesen Versuch einer rechten Organisation, im Fußball Fuß zu fassen und dabei unseren HSV für ihre Zwecke zu missbrauchen, nicht unkommentiert lassen und diese Interviewreihe als das benennen, was es ist: Nazi-Propaganda. Die Partei 'Der III. Weg' gründete sich im September 2018 in Süddeutschland. An der Gründung waren vor allem ehemalige NPD-Funktionäre sowie Teile des ein Jahr später verbotenen 'Freies Netz Süd', einem Netzwerk von freien Kameradschaften in Bayern, beteiligt. Die Partei ist bisher vor allem in Süd- und Ostdeutschland aktiv. Die Mitglieder verstehen sich selbst mehr als militante Nazi-Elite, denn als Nazi-Partei, die möglichst viele Mitglieder und Stimmen von Wähler:innen gewinnen will. Ihre Positionen sind rassistisch, völkisch und antisemitisch. Die parteiinterne „Arbeitsgruppe Körper & Geist“ bietet vor allem Kampfsporttrainings an. Bisher konnte 'Der III. Weg' in Hamburg noch nicht Fuß fassen, auch wenn es sicherlich in Zukunft Versuche geben wird, die Strukturen auch auf Norddeutschland auszuweiten. Hier gilt es wachsam zu sein und diese Handlungsspielräume immer und überall möglichst klein zu halten. Nachdem der bayerische Fußballverein Türkgücü München 2019 in die dritte Liga aufstieg, gab es gegen den Verein immer wieder Proteste von rechts. Vor allem 'Der III. Weg' positionierte sich mit seiner 'Türkgücü München nicht willkommen'-Kampagne und etlichen Aufklebern sowie dem Zeigen von Bannern in Städten, in denen Türkgücü danach gespielt hat, deutlich. So scheint der Aufstieg von Türkgücü München für die Neonazi-Partei Anstoß gewesen zu sein, sich vermehrt mit dem Thema Fußball auseinanderzusetzen. Dabei gehen sie der Frage nach, ob die von rechts bisher propagierte Aussage 'Fußball ist Fußball und Politik bleibt Politik' überholt sei und sie fordern, „den Kampf um die Kurven“ zu führen. Auch wenn in vielen Fußballstandorten rechte Akteur:innen immer weniger offensiv auftreten können, sind deren Netzwerke im Fußball bis heute aktiv und reaktivierbar. Dies haben Demonstrationen wie HoGeSa in Köln im Oktober 2015, die Ausschreitungen in Chemnitz im August 2018 oder die Corona-Proteste wie im November 2020 in Leipzig deutlich gezeigt“, heißt es dazu in der Stellungnahme vom Netz E zum Interview mit dem HSV-Fan, aber auch zu den Spruchband-Aktionen der Kleinstpartei. (Faszination Fankurve, 27.01.2021)