06.02.2017 - Osnabrück/Heidenheim

Wie Verein Aufhebung von Stadionverbot hinauszögerte


Einem Fan des VfL Osnabrück wurde seitens des 1. FC Heidenheim vorgeworfen, eine Pyroshow in Heidenheim organisiert zu haben. Obwohl der Osnabrücker Fan in zwei Instanzen vor Gericht freigesprochen wurde, weigerte sich der 1. FC Heidenheim, das Stadionverbot aufzuheben.

Dies wäre laut DFB-Richtlinien zur einheitlichen Vergabe von Stadionverbot eigentlich vorgesehen gewesen, doch Heidenheim wollte in dritter Instanz noch vor das Landgericht ziehen. Das Stadionverbot war zu diesem Zeitpunkt fast schon abgelaufen. Obwohl das Landgericht Osnabrück letztlich zu Gunsten des Osnabrücker Fans entschied und der 1. FC Heidenheim die Kosten aller Gerichtsverhandlungen tragen muss, zeigt der Fall, wie Bundesligavereine trotz Freisprüchen die Aufhebung von Stadionverbote hinauszögern können. Wenn die Stadionverbote ohnehin bald auslaufen, scheuen betroffene Fans die möglichen Kosten von Gerichtsverhandlungen. (Faszination Fankurve, 06.02.2017)

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Rot-Schwarzen Hilfe zum Thema:

…und wieder mal… - Der Kampf gegen das unberechtigte Stadionverbot

Bereits in einem Beitrag vom 12.06.2016 wurden die Schwierigkeiten, gegen ein Stadionverbot vorzugehen, dargestellt.

In einem nun vor dem Amts- und Landgericht Osnabrück geführten Verfahren wurde gegen die Betroffene durch den 1. FC Heidenheim am 20.08.2014 ein bundesweites Stadionverbot bis zum 30.06.2016 ausgesprochen, weil gegen sie ein Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz u.a. eingeleitet worden war.

Tatvorwurf: Sie habe das Abbrennen von pyrotechnischen Artikeln bei dem Spiel Heidenheim vs. VfL Osnabrück am 30.11.2013 organisiert. Nach dem Stadionverbotsschreiben soll daneben ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz sowie eine gefährliche Körperverletzung durch Freisetzen toxischer Gase (Vergiftung) verwirklicht worden sein.

Das Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Ellwangen durch Bescheid vom 27.06.2015 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Betroffene teilte dies umgehend dem 1. FC Heidenheim mit und beantragte die Aufhebung des bundesweit wirksamen Stadionverbots.

Hierauf erhielt sie eine Email, in welcher ihr mitgeteilt wurde, dass dem 1. FC Heidenheim die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Ellwangen vorliege, wonach das Verfahren gegen die Betroffene aufgrund eines „höher ins Gewicht fallenden Urteils (also nach § 154 StPO) eingestellt worden sei“. Die Aufhebung des Stadionverbotes wurde hiernach abgelehnt

Auch als sich für die Betroffene der von ihr beauftragte Anwalt, Dr. Andreas Hüttl aus Hannover, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, unter erneuter Vorlage der Einstellungsverfügung einschaltete, aus welcher eindeutig hervorgeht, dass das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, wurde die Aufhebung des Stadionverbots durch den 1. FC Heidenheim weiterhin verweigert.

Zur Erinnerung: In den Richtlinien des DFB zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten heißt es in § 7 Abs. 1 ausdrücklich, dass das Stadionverbot aufzuheben ist, wenn der Betroffene nachweist, dass das dem Stadionverbot ausschließlich zugrunde liegende Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist.

Da sich der 1. FC Heidenheim jedoch nicht dazu bereit erklärte, entsprechend den Richtlinien des DFB das Stadionverbot aufzuheben, wurde bei dem Amtsgericht Osnabrück durch Dr. Hüttl, der die Klägerin auch in allen weiteren Verfahren vertreten hat, ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt, mit welcher der 1. FC Heidenheim dazu verpflichtet werden sollte, das Stadionverbot gegen die Betroffene aufzuheben.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Osnabrück legte der Verfahrensbevollmächtigte des 1. FC Heidenheim Fotos und Berichte vor, welche eindeutig aus der Ermittlungsakte des Verfahrens gegen die Betroffene (und weitere Personen der Osnabrücker Fanszene) stammten.

Es stellte sich heraus, dass die PI Osnabrück, die das Stadionverbot beim 1. FC Heidenheim angeregt hatte, der Anregung jedenfalls einen Teil der Ermittlungsakte beigefügt hatte.

Diese Übersendung von Bestandteilen der Ermittlungsakte an einen privaten Verein führte dazu, dass gegen den sachbearbeitenden Beamten eine Strafanzeige wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen etc. gefertigt wurde. Es wird an dieser Stelle wohl niemanden überraschen, dass das Verfahren gegen den Beamten eingestellt wurde.

Daneben teilte der Verfahrensbevollmächtigte des 1. FC Heidenheim mit, er habe mit der zuständigen Staatsanwältin telefoniert, welche trotz der Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO von der „Schuld“ der Betroffenen überzeugt sei.

Auf Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen wurde diesbezüglich mitgeteilt, dass derartige Äußerungen nicht getätigt worden seien und dass es sicher nicht so gewesen ist, dass eine Staatsanwältin ein Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt habe, wenn sie von der Schuld der Betroffenen überzeugt gewesen sei.

Weiterhin wurde vom 1. FC Heidenheim nun vorgetragen, dass das Stadionverbot nicht alleine auf der Grundlage des eingestellten Ermittlungsverfahrens ausgesprochen wurde, sondern das vielmehr „.. zusätzliche Gesichtspunkte vorhanden seien, die sich insbesondere aus dem Schreiben der PI Osnabrück ergäben“

All den Versuchen der Vertreter des 1. FC Heidenheim zum Trotz gab das Amtsgericht Osnabrück der Betroffenen Recht und verkündete im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit Datum vom 10.09.2015 ein Urteil, nach dem das Stadionverbot einstweilen aufzuheben ist.

Das Gericht berücksichtige hierbei insbesondere, dass es sich bei der Regelung des § 7 der DFB-Richtlinie zur einheitlichen Anwendung von Stadionverboten um eine „Selbstbindung“ handele, die nicht zur Disposition der Vereine steht. Mit anderen Worten: Ein Ermessen steht den Vereinen bei der Frage der Aufhebung nach einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO nicht zu. Weiterhin wurde gerichtlich festgestellt, dass ein „Nachschieben von Gründen“ bei dem bereits seit einem Jahr bestehenden Stadionverbot nicht möglich ist.

Dies konnte der 1. FC Heidenheim jedoch nicht auf sich sitzen lassen und drängte trotz der eindeutigen Ausführungen des Gerichts auf die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens (Klageverfahren) in dieser Angelegenheit. So musste im Anschluss an das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz nun noch einmal das Gericht bemüht werden.

Allerdings entschied das Amtsgericht Osnabrück erneut zugunsten der Klägerin. Mit Urteil vom 25.02.2016 wurde die Beklagte dazu verpflichtet, das Stadionverbot gegen die Betroffene endgültig aufzuheben.

Aber auch hiermit konnte sich der 1. FC Heidenheim nicht zufrieden geben. Es wurde am 05.04.2016 Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück eingelegt.

Hierzu ist zu erinnern, dass das gegen die Betroffene verhängte Stadionverbot am 30.06.2016, also vom Zeitpunkt der Berufungseinlegung in weniger als zwei Monaten ohnehin abgelaufen wäre.

Das nunmehr zur Entscheidung berufene Landgericht Osnabrück erließ bereits mit Datum vom 21.07.2016 einen Beschluss und teilte mit, dass die Kammer beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Da das Stadionverbot aber nun mittlerweile abgelaufen war, wurde der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht Osnabrück legte die Kosten des gesamten Rechtsstreits dem 1. FC Heidenheim auf.