06.09.2012 - Bayer 04 Leverkusen

„Wir erwarten daher ein Umdenken im Verein“


Die Ultras von Bayer Leverkusen rechnen in einer Stellungnahme mit der eigenen Vereinsführung ab. Darin kritisieren die Ultras Leverkusen, dass Stehplätze nur im Eckblock zu finden sind und Aussagen von Holzhäuser über den Rivalen von der anderen Rheinseite.

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Ultras Leverkusen:

Bayer Leverkusen Fußball GmbH im August 2012

Die neue Bundesligasaison steht an, was eigentlich dazu veranlassen sollte voller Vorfreude in die Zukunft zu blicken, doch aufgrund jeder Menge zweifelhafter Entscheidungen, Aktionen und Aussagen von unseren Vereinsverantwortlichen, wollen wir zunächst den Blick in die Vergangenheit werfen. Denn in den letzten Monaten und Jahren gab es Ereignisse, die immer noch in unseren Köpfen haften geblieben sind und wir sind der Meinung, dass es nun an der Zeit ist, dies dezidiert aufzulisten und aufzuarbeiten. Aussagen aus Reihen des Vereinsvorstandes, welche die Befindlichkeiten in der Fanseele extrem getroffen haben, häuften sich dermaßen, dass man hierüber nicht mehr einfach hinwegsehen kann, sondern entschieden Stellung bezieht.

So ist vor allem das Zitat „Leverkusen ist eine kleine Stadt, hat eine schwierige geografische Lage. Unsere Spieler plus das Potenzial des FC, seine vielen Fans: Das wäre doch ein idealer Zustand!“ hängen geblieben. Diese Worte fielen auf dem Wirtschaftsforum des Kölner Stadtanzeigers Ende Mai. Für Herrn Holzhäuser wohl ein schlechter Scherz, für uns eine Aussage, die so vom „Geschäftsführer“ nie hätte fallen dürfen! Herr Holzhäuser darf in Ruhe seinen FC Köln vermissen, wir jedoch distanzieren uns von solchen Aussagen! Es ist schlicht und einfach absurd über solche Vorstellungen in der Öffentlichkeit zu scherzen. Von einem Präsidenten erwartet man die 100%tige Leidenschaft in der Führung des Vereins und Rückendeckung für die eigenen Fans. Mit dieser Aussage aber suggeriert man, dass seine eigenen treuen Anhänger offenbar nicht mehr gut genug sind und somit scheinbar weniger wert seien, als ausgerechnet die des Erzfeindes!? Dies ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Bayer 04-Fans!

In die gleiche Kerbe schlägt die Aussage gegen die eigenen Fans, dass Unmutsäußerungen in der Rückrunde der vergangenen Saison gegen Robin Dutt und gegen das unsägliche Gekicke auf dem Spielfeld als “menschenunwürdig” bezeichnet wurden. Sicherlich, diese Gesänge waren zum Teil höhnisch und somit hart und unschön. Aber welche Möglichkeit hat der Fan im Stadion, sich Luft und Gehör zu verschaffen als über solche Wege? Einem Menschen unwürdig sind ganz andere Dinge und Zustände als solcherlei Gesänge. Was hier vor allem einen schalen Beigeschmack zu diesem Zitat hinterlässt, das sind Aussagen, die der Vorstand selbst zu früheren Zeitpunkten getroffen hat. Trainer seien demnach “temporäre Erscheinungen”, das “Projekt Ballack” sei gescheitert. Ob dies inhaltlich zutrifft sei einmal dahin gestellt, aber ist dies in der verwendeten Wortwahl menschlicher als das, was von den Rängen und somit direkt aus der Fanseele gekommen ist? Wie kommt sich Michael Ballack vor, wenn er als Projekt bezeichnet wird? Ist er lediglich eine betriebswirtschaftliche Größenordnung?

Aber es gibt noch ein paar weitere Punkte, die uns als Fans in den letzten Monaten haben sehr nachdenklich werden lassen. Gerade die Aussagen zum Thema Play-Off-Spiele in der Liga klingen für uns so, als gehe es darum einfach nur noch mehr Einnahmen im Fußball zu generieren. Sportliche oder gar Faninteressen werden hier ad absurdum geführt. Die Aussagen der Geschäftsführung bezüglich des momentanen Sicherheits- und Repressionshypes rund um den deutschen Fußball, setzen aber der ganzen Sache die Krone auf. Statt hier besonnen zu reagieren und der zweifelsohne populistischen Meinungsmache der Medien einen Riegel vorzuschieben, wird hier in die gleiche Kerbe gehauen und Nacktscanner und sonstiger Nonsens gefordert und ins Gespräch gebracht. Auch hier wurde die Gelegenheit verpasst, sich hinter die eigenen Fans zu stellen und der Panikmache entgegenzuwirken. Wir sind der Meinung, dass durch aktive Fanarbeit viel mehr erreicht werden kann, als durch Repressionen und Verschärfung der Strafen. Eine solche Aussage hätten wir uns auch seitens der Geschäftsführung gewünscht, stattdessen wurden in einem unbedachten Schnellschuss neue verschärfte Sanktionen beim Sicherheitsgipfel in Berlin mit beschlossen, bei dem sämtliche Fanvertreter kategorisch ausgeschlossen waren. Auch ein Bekennen zur Stehplatzkultur, wie es von anderen Vereinsbossen zu hören war, konnten wir seitens unserer Führung nicht vernehmen.

Nicht nur dies, sondern vor allem einige Dinge rund um den Stadionausbau lassen großen Interpretationsspielraum, dass der Fan in der Kurve bei unserer Geschäftsführung ganz hinten ansteht. Mal ganz davon abgesehen, dass es scheinbar eine unmögliche Aufgabe zu sein schien, einen Stehplatzbereich im D-Block zu integrieren – Trotz Umbaukosten von über 70 Millionen Euro schien dies leider nicht möglich und die aktiven Fans finden sich nun abgeschoben in einer Ecke des Stadions wieder, die nicht größer ist, als der Gästeblock – wurde den Fans eine Fankneipe im Bereich des ehemaligen MC Donalds versprochen. Dafür lacht dem VIP-Kunden heute eine pseudoschicke Weinbar namens Vinii im Osten der BayArena entgegen. Welcher normale Fußballfan möchte in seinem Stadion Wein trinken und braucht dafür eine extra eingerichtet Bar?! Die Fankneipe wurde dann bekanntermaßen von den Fans unter Führung der NK12 selber in Angriff genommen. Wir wollen keine Retrofußballromantik betreiben, aber es gibt unserer Meinung nach nunmal genug VIP-Logen im Haberland, in denen es sich die Sponsoren gut gehen lassen können, während der kleine Mann, der einfach sein Bier beim Fußball trinken möchte unter Umständen schonmal minutenlang auf sein Kaltgetränk an den “Countern” wartet, da das schlecht geschulte Personal wieder einmal total überfordert ist oder die “BayArenaCard” mal wieder nicht von der Technik akzeptiert wird. Wichtiger, als ein offenes Ohr für die Fans zu haben, scheint aber heutzutage der Bau des sogenannten “Löwengang”, damit die VIPs auch ja keinen Regentropfen auf dem Weg vom Parkplatz in den “Premiumbereich” abbekommen. Wir distanzieren uns deutlich von der vom Verein eingeschlagenen Richtung, den Fußball in Leverkusen zu einem ertragreichen Event machen zu wollen. Wir sind Realisten und wissen, dass es heutzutage im Fußball nicht mehr ohne groß angelegtes Sponsoring funktioniert, dennoch muss hier ganz klar die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben und die ist aus unserer Sicht spätestens seit “Holzis Weinbude” nicht mehr gegeben!

Doch auch im eigentlichen Kerngeschäft unserer Fußball GmbH liegt unserer Meinung nach einiges im Argen. Die als Ziel ausgegebenen Erfolge, die leider in den letzten Jahren ausblieben und zum Teil deutlich verfehlt wurden, sind von Jahr zu Jahr neu angepriesen worden. Das Ergebnis ist bekannt. Inwieweit die Fans mit einer immer wiederkehrenden Hinhaltetaktik ruhig gehalten werden, wird einem jedoch erst dann so richtig bewusst, wenn man sich einmal die Mühe macht und diese Zielvorgaben der letzten Jahre aus den Archiven hervorkramt. So wurden in den letzten Jahren folgende Aussagen getätigt:

“Wir wollen in den nächsten zwei Jahren wieder fitter für Europa werden und eine Mannschaft aufbauen, die auch national in der Spitze mitspielt.”, W. Holzhäuser am 13. April 2007. Oder Rudi Völler am 17. Mai 2007 im BayArena Magazin: “Natürlich wünschen wir uns alle etwas mehr Konstanz in unseren Leistungen. An guten Tagen können wir jeden Gegner schlagen, aber hin und wieder sind wir leider auch sehr anfällig. Daran müssen wir in Zukunft arbeiten.” Diese Zitate hätten auch zu jedem beliebigen Zeitpunkt der vergangenen Saison oder auch in jeder anderen, der letzten fünf Spielzeiten fallen können. Nur ein Beispiel dafür, dass wir in den vergangen Jahren auf der Stelle treten, was im übrigen auch folgende Zitate belegen: “Wir befinden uns seit drei Jahren in einem Umbruch.”, Rudi Völler im April 2007 im BayArena-Magazin. Demnach befinden wir uns jetzt also seit knapp acht Jahren in einem Umbruch, wenn es 2007 bereits drei waren. Nun schreiben wir das Jahr 2012 und laut unserer Geschäftsführung sind wir immer noch im Umbruch und Robin Dutt war nur zur falschen Zeit am richtigen Ort. Im Jahr nach diesem Zitat folgte: “Wir werden ganz sicher wieder eine gute Saison spielen.”, Resultat in der Saison 2007/2008 war Platz 7. “Und ich bin überzeugt davon, dass wir in der übernächsten Saison, wenn sich die junge Mannschaft eingespielt haben wird, noch besser werden.”, Resultat in der Saison 2008/2009 war Platz 9. Dies sind nur einige wenige Beispiele über Zitate der Geschäftsführung, die sich Jahr für Jahr wiederholen. Zugegebenermaßen kann man das Abschneiden und den Erfolg im Fußball glücklicherweise nicht erzwingen, dennoch muss sich eine Geschäftsführung an ihren Worten messen lassen.

Was wollen wir mit all diesen Kritikpunkten nun eigentlich erreichen? Wir haben uns als Gruppe auf die Fahne geschrieben, immer das, aus unserer Sicht, Beste für den Verein, aber vor allem auch die Fanszene und -kultur herauszuholen – auch wenn uns dies desöfteren nicht zugestanden wird – und wenn es aus unserer Sicht Entwicklungen gibt, die wir als gefährlich erachten, können wir dies nicht wortlos hinnehmen. Wir erwarten daher ein Umdenken im Verein bezüglich der aufgeführten Punkte gerade auf Ebene der Geschäftsführung.

Bei aller Kritik freuen wir uns jedoch, dass der Verein ein echtes Idol und eine Identifikationsfigur weiterhin an den Verein gebunden hat und wir Rüdiger Vollborn in der Leverkusener Fanbetreuung begrüßen dürfen. Mit ihm wird zweifelsohne eine Lücke geschlossen und er hat das Potential das entscheidende Bindeglied zwischen Fans und Verein, insbesondere der Mannschaft, zu werden. Er ist ein Mann mit klaren Zielen, der großes Vertrauen in der Fangemeinde und auch in Reihen der UL genießt. Nur so bekommen wir ein harmonisches Miteinander, welches Spiele drehen und entscheiden und von ganz alleine zu Erfolgen führen kann. Hoffen wir, dass auch die Geschäftsführung in Zukunft mehr auf das Miteinander mit den Fans setzt und hier es eine Prioritätenverschiebung wieder hin zum echten, authentischen Fußball geben wird.

Fanfotos Bayer 04 Leverkusen




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