01.08.2019 - HFC Falke

„Wir sind der Gegenentwurf zum modernen Fußball“


Mit Hilfe von CrowdFANding sammelt der fünf Jahre alte Fanverein HFC Falke aktuell Gelder ein, um eine eigene Heimat mitfinanzieren zu können. Wir sprachen mit HFC-Gründungsmitglied Philipp Markhardt über die Suche nach einer Spielstätte und darüber, warum kritische Fußballfans in Deutschland das Projekt unterstützen sollten.


Faszination Fankurve: Fünf Jahre nach Gründung des HFC Falke e.V. sammelt ihr Geld via CrowdFANding ein. Wofür wird das Geld benötigt?
Philipp Markhardt: Das Geld soll als Anschubfinanzierung für eine sportliche Heimat dienen. Konkret sprechen wir hier höchstwahrscheinlich von einer städtischen Anlage, auf der wir das Bleiberecht bekommen, indem wir uns dort an den (Aus-)Baukosten beteiligen. Das kann also bedeuten: (Kunstrasen-)Platz, Flutlicht, Tribüne oder auch Vereinsheim. Denn es ist in der wachsenden Stadt Hamburg, in der immer mehr Plätze in Innenstadtlagen dem Wohnungsbau weichen, natürlich relativ unwahrscheinlich irgendwo noch ein eigenes Grundstück zu bekommen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg und das Geld soll – neben möglichst zahlreichen Unterstützern – zuerst einmal überhaupt die Entscheidungsfreudigkeit des Bezirksamtes erhöhen, um es dann zweckgebunden in Steine zu investieren. Denn in Hamburg ist es wie überall: die Behörden bewegen sich nur, wenn die andere Seite, also der Sportverein, ebenfalls Investitionsbereitschaft signalisiert. Und das zeigst du natürlich glaubhafter, wenn du über die nötigen Rücklagen verfügst.

Faszination Fankurve: Ihr habt euch als Gegenentwurf zum modernen Fußball gegründet. Was läuft bei euch auch noch nach fünf Jahren weiterhin anders, als bei anderen Vereinen?
Markhardt: Wir agieren weiterhin demokratisch als Mitgliederverein. Das ist auch qua Satzung nicht zu ändern. Eine Ausgliederung und freie Bahn für Mäzene oder Investoren, das kann es bei uns nicht geben. Und wir sind halt weiter ein DIY-Verein. Wir leben vom Engagement der Mitglieder und freiwilligen Helfer aus der Fanszene. Jetzt sogar noch mehr, denn mit dem Umzug an den Steinwiesenweg in Eidelstedt auch mit der ersten Mannschaft, liegt jetzt der gesamte Betrieb rund um die Spiele in unseren Händen. Vorher, am Diebsteich, wurde das Catering beispielsweise durch den Pächter des Clubheims besorgt, woran wir nicht partizipiert haben, während wir gleichzeitig Miete entrichten mussten. Am Steinwiesenweg entfällt nun die Miete und wir machen das Catering selbst. Ansonsten zahlen wir entgegen anderslautenden Gerüchten unseren Spielern immer noch keine Gehälter. Man kann sagen, dass hier weiter aus idealistischen Gründen gespielt und gearbeitet wird.


Faszination Fankurve: Falls der Traum von einer eigenen Heimat auch mit Hilfe von CrowdFANding in Erfüllung gehen sollte, wird es dann auch bald eine Jugend- und Frauenabteilung beim HFC Falke geben?
Markhardt: Man muss leider sagen: Nur dann! Denn am Steinwiesenweg herrschen selbst für den Betrieb zweier Herrenmannschaften suboptimale Bedingungen. Von Frauen- und Jugendfußball ganz zu schweigen. Es fehlt an Trainingszeiten, einem vernünftigen Platz und vor allem Flutlicht. Wenn es im Herbst irgendwann früher dunkel wird, kann man das abendliche Training aufgrund der miesen Beleuchtung nur noch auslagern. Und es ist eben keine Basis für eine Jugendabteilung, wenn die Kids von Anlage zu Anlage müssen. Das kannst du Kindern nicht zumuten und die Eltern würden uns eh den Vogel zeigen. Da die Chancen woanders unterzukommen denkbar gering sind – unter anderem, weil wir eben auch von anderen Vereinen als Konkurrenz wahrgenommen werden – mussten wir also die Sache selbst in die Hand nehmen.

Faszination Fankurve: Warum habt ihr euch entschieden, Spenden via CrowdFANding einzusammeln und wie lief die Zusammenarbeit mit dieser Faninitiative?
Markhardt: CrowdFANding ist zum einen ein Verein und zum anderen in der Fankurve entstanden. Das heißt, dass die „DNA“ die gleiche wie bei uns ist und dass sich die Leute von CrowdFANding relativ problemlos in die Sache reindenken können. Immerhin sind die bisherigen Projekte mit der Südkurve Jena und dem Fanhaus in Mainz recht ähnlich. Dort ging es um Fanbelange und hier um die Belange eines „Fanvereins“. Die mussten sich das zwar auch erstmal erklären lassen, um ein Bild zu bekommen, aber es dauerte nicht lange, da war denen klar: das kann was werden, das ist die Unterstützung wert, da steckt aufgrund der Pionierarbeit Potenzial hinter. Auch für die zukünftige Arbeit von CrowdFANding, denn wie bei uns heißt deren Prinzip Solidarität, nur dass CrowdFANding schon ein paar Schritte weiter ist. CrowdFANding gibt die Solidarität, die sie in Jena erfahren haben, bereits zurück. Wir legen gerade den Grundstein dafür einen Verein aufzubauen, der die Möglichkeit hat solidarisch zu sein, Stadtteilinitiativen eine Heimat zu bieten und unsere Erfahrungen solidarisch weiterzugeben an weitere „Fanvereine“. Und wir sind überzeugt, dass es die irgendwann geben wird.


Faszination Fankurve: In den Bundesligen kämpfen viele Fanszenen aktuell um Mitbestimmung und für Demokratisierung an ihren Standorten. Freut ihr euch auch über Unterstützung aus Bundesliga-Fanszenen, obwohl ihr dem Profifußball den Rücken gekehrt habt?
Markhardt: Ja, natürlich! Falke ist halt kein HSV-Projekt oder gar der „kleine HSV“. Auch wenn der Impuls natürlich die Ausgliederung beim HSV war. Das hier ist allerdings was Neues, hier gehen mittlerweile Leute aus verschiedensten Fanszenen hin. Hier geht es um einen mitgliedergeführten Fußballverein, der von ganz unten nach oben möchte und seinen Weg geht. Und zwar nach den Werten, für die auch die Szenen von Bundesligisten kämpfen. Ob das nun Stuttgart ist oder Köln oder meinetwegen auch Nürnberg, Hannover oder Kaiserslautern. Überall gibt es Konflikte mit „denen da oben“, die nach Gutsherrenart schalten und walten und glauben, sie könnten die demokratischen Rechte der Mitglieder einfach mal ignorieren. Sicher, es gibt auch Erfolgsmeldungen, wie mit dem Herrn Dietrich, der im Neckarstadion über das W-LAN-Kabel gestolpert ist. Aber das Problem ist halt: vielerorts feiert man eigentlich nur Pyrrhussiege. Die Großkopferten ziehen sich dann zurück und kommen etwas später mit der nächsten Schweinerei, die noch viel größer ist, zurück. Ich will damit sagen: irgendwann wird man bei vielen Bundesligisten an dem Punkt angelangt sein, wo das Geschäftsgebaren so abgrundtief widerlich geworden ist, dass man es nicht mehr mittragen kann und will. Und da darf sich dann auch jeder gern unserer Solidarität sicher sein, wenn der Abschied von der Kommerzliga naht.


Faszination Fankurve: Eure CrowdFANding-Aktion läuft noch bis zum 10. August 2019. Aktuell sind knapp 28.500 Euro zusammen gekommen. Eigentlich sollte die Schwelle von 50.000 Euro doch kein Problem sein, wenn nur annähernd die Hälfte der deutschen Fußballfans, die sich mit einem basisdemokratischen Fanverein identifizieren kann, etwas spendet. Richtet doch mal bitte einen Appell an diese Zielgruppe, warum es so wichtig ist, den HFC Falke zu supporten:
Markhardt: Unterstützt uns, um ein Zeichen zu setzen! Wir sind der Gegenentwurf zum modernen Fußball – wir sind der Fußball, der auf Erfolg durch Partizipation seiner Fans und Mitglieder setzt, der auf Solidarität und Mitbestimmung setzt. Wir setzen auf Erfolg durch Jugendarbeit und die Verankerung in der Gesellschaft statt auf gekaufte Titel! Im Grunde also genau auf das, worauf Ihr auch setzt! Allerdings hat niemand auf uns gewartet. Stattdessen legt man uns Steine in den Weg. Um die aus dem Weg zu räumen, brauchen wir Eure Hilfe, denn Aufgeben ist keine Alternative für uns! Ganz egal, ob Ihr nur 5 oder 10 Euro in den Pott haut oder in der Kurve sammelt – wir freuen uns über jeden Unterstützer, der es uns möglich macht, die derzeitigen Hürden erfolgreich zu nehmen und einen Platz entstehen zu lassen, an dem Fußball zur Freude aller stattfindet und nicht zur Bereicherung weniger. Der Besuch auf www.startnext.com/falkenfieber dauert keine fünf Minuten.

Faszination Fankurve: Auf welche Sportanlage müssen sich Fußballfans, die dem HFC Falke 2019/2020 einen Besuch abstatten wollen, einrichten? Eure bisherige Heimat habt ihr ja verlassen.
Markhardt: Wie weiter oben erwähnt, sind wir derzeit am Steinwiesenweg in Eidelstedt. Der hat natürlich nicht das Flair des Rudi-Barth-Stadions, aber wir werden schon dafür sorgen, dass es ein schöner Tag wird. Bei zahlreichem Erscheinen schicken wir auch den Getränkewart mit dem Getränkewagen auf die 4-stufige Tribüne.


Faszination Fankurve: Und was erwartet den Besucher bei einem typischen Heimspiel eures Fanvereins? Wie sieht ein typischer Spieltag bei euch aus?
Markhardt: Vor allem Doppelspieltage. Wir versuchen die Heimspiele beider Teams samstags aufeinanderfolgend stattfinden zu lassen (meist 11.30 und 14.00 Uhr). Da darf man sich dann ab 10.30 Uhr auf die üblichen Stadionwürste und Bier freuen, allerdings auch auf kulinarische Specials, die in diesem Jahr unter dem Motto „Kulinarische Weltreise“ stehen. Dazu können wir jetzt zu jedem Heimspiel unseren selbst hergestellten Falke-Cider anbieten und ab dem 26. Oktober 2019 zu speziellen Spieltagen auch selbst gebrautes Bier vom clubeigenen Braumeister. Untermalt wird das Ganze von guter Musik und hoffentlich recht erfolgreichem Fußball. Und es wird gemunkelt, dass mit dem Schlusspfiff nach dem zweiten Spiel noch längst nicht Schluss ist. (Faszination Fankurve, 01.08.2019)

Hier geht es zur CrowdFANding-Aktion für den HFC Falke auf Startnext.com.

Fanfotos HFC Falke




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