01.04.2006 - Hapoel Tel Aviv

Workers of the World – Unite!


Auch in Israel findet durchaus europäisch geprägte Fankultur statt. Eine der größten und aktivsten Gruppen sind die „Ultras Hapoel“ von Hapoel Tel Aviv. Neben dem Fußball-Support haben sie sich politische Aktivitäten auf die Fahnen geschrieben.

Der Verein wurde 1923 vom Gewerkschaftsverband „Histadrut“ gegründet, „Hapoel“ bedeutet im Hebräischen dann auch schlicht Arbeiter. Diesem historischen linkspolitischen Hintergrund fühlen sich die Fans heutzutage noch immer verpflichtet. Hapoel zählt zu den erfolgreichsten Vereinen des Landes, hat bislang 13 Meisterschaften und zehn Pokalsiege errungen, zudem 1969 die asiatische Clubmeisterschaft.

Nun gehört Israel aber zur UEFA, und die bewegendste Saison im Europapokal erlebten Fans und Verein in der Saison 2001/02, als Hapoel bis ins Viertelfinale des UEFA-Cups gelangte. Auf dem Weg dorthin wurden unter anderem Gaziantepspor, FC Chelsea, Lok Moskau und der AC Parma besiegt. Dann kam der AC Mailand, den Hapoel im „Heimspiel“ auf Zypern, wohin die UEFA die Partie aufgrund der unruhigen Lage in Israel unter Protest verlegt hatte, mit 1:0 besiegte. Im Meazza-Stadion folgte dann jedoch mit einem 2:0 für Milan das Aus.

Aber diese Begegnung mit den italienischen Fangruppen bedeutete den endgültigen Beginn der Ultra-Kultur bei Hapoel. Ein Meilenstein war schon das Erstrundenspiel in Gaziantep gewesen, denn von der Reise in die Türkei brachten die Auswärtsfahrer sechs große Trommeln mit, die seitdem den Sound der Kurve prägen. Bereits zuvor waren im Stadion Instrumente erklungen, da bei hatte es sich allerdings zumeist um eine arabische Darbuka gehandelt.

Das Gründungsjahr der „Ultras Hapoel“ ist offiziell 1999, denn da begann das Ganze – unter dem Namen Hayezurim („The Creatures“). Damals aus Protest gegen die Zustände in der Führung der Hapoel-Basketballabteilung, die 1935 gegründet wurde und ebenfalls zu den Titelsammlern im Lande gehört. Die optische und akustische Unterstützung des Basketballteams ist auch heute noch ein wichtiger Bestandteil der Aktivitäten. Nach kurzer Unterbrechung wurde die Gruppe 2001 wiederbelebt, damals unter dem Namen „Red Militia“, dies in Anlehnung an die italienischen „Roten Brigaden“, bevor sich dann in der besagten Europacup-Saison der Name „Ultras Hapoel“ durchsetzte. Ihr Logo bildet in Anlehnung an das Vereinsemblem ein roter Teufel mit Hammer und Sichel, der als Tattoo die Haut vieler Mitglieder ziert.

Die weiteren nennenswerten Ultra-Gruppen in Israel sind „12 player 2000“ von Maccabi Tel Aviv und die „Green Apes 02“ von Maccabi Haifa. Größter Gegner von Hapoel ist der Stadtrivale Maccabi, einerseits wegen der rechten politischen Einstellung der Fans (die sich zu allererst gegen Araber richtet), aber auch aufgrund dessen Status als Verein der Oberschicht und Liebling des ganzen Landes. Die politische Ausrichtung der Fans von Beitar Jerusalem ist den Anhängern von Hapoel ebenfalls alles andere als genehm. Bei den Duellen gegen diese Rivalen kann es dann auch schon mal zu Gewalttätigkeiten kommen, eine Hooligan-Szene im engeren Sinne gibt es hier jedoch nicht.

Nicht umsonst haben die „Ultras Hapoel“ ihre bisher größte Aktion gegen Rassismus im Stadion bei einer Begegnung mit Beitar Jerusalem gestartet. Sie spannten zehn „Nein zu Rassismus“-Transparente in zehn verschiedenen Sprachen auf. Diese Aktionen haben auch dazu geführt, das eine Gruppe Hapoel-Fans der „Red Workers“ im vergangenen Jahr zum antirassistischen Fanturnier des „Fanladen St. Pauli“ eingeladen wurden – wie auch in diesem Jahr wieder, und sie wollen nach den überaus positiven Erfahrungen des Vorjahres nun mit einer größeren Ultra-Gruppe anreisen.

Weitere Verbindungen zu anderen Fangruppen in Europa gibt es zu Fortuna Düsseldorf, ebenfalls geknüpft beim Turnier auf St. Pauli, sowie zu Panathinaikos Athen. Innerhalb Israels ist keine Rede von Freundschaften, mit den „Green Apes 02“ von Maccabi Haifa lief allerdings schon eine gemeinsame Protestaktion gegen Polizeigewalt.

Denn auch dieses hierzulande wohlbekannte Problem haben die Hapoel-Ultras. Auslöser war der regelmäßige Einsatz von auch in Israels Stadien streng verbotener Pyrotechnik. Seit der Saison 2002/03 griff die Polizei dagegen durch, installierte als erste Maßnahme Kameras in allen Stadien des Landes. Später wurden dann Fans auf brutale Weise festgenommen, meist sogar völlig Unschuldige, die mit dem Abbrennen der bengalischen Feuer gar nichts zu tun hatten. In den vergangenen zwei Jahren wurde dann aufgrund dieser Vorfälle auf Pyros verzichtet, der Protest gegen die Polizeimaßnahmen ist allerdings noch immer lebendig.

Neben der Website www.ultrashapoel.com gibt es auch ein Fanzine. Nach dem Vorbild der Ultras von Maccabi Netanya, die hier die Vorreiter waren, geben die „Ultras Hapoel“ das Magazin „Basa“ heraus. Das ist nicht nur das hebräische Wort für Enttäuschung (alleine das Basketballteam kommt auf 20 Vize-Meisterschaften bei nur fünf Titeln), auch ist dies der Name des ursprünglichen Stadions des Clubs, in diesem Fall dann unter der Bezeichnung „Bassa“, dem arabischen Namen für Sumpf.

In einem solchen wird die Fanszene von Hapoel sicher nicht stecken bleiben. Dafür sind die hiesigen Ultras einfach zu aktiv. (Faszination Fankurve/Thomas Glöy/01.04.2006)

Fanfotos Hapoel Tel Aviv




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