29.06.2014 - Hamburger SV

"Deals sind vermutlich erfolgsversprechender"


Joachim Ranau, Fanbeauftragter vom Hamburger SV, erklärt warum Deals zwischen Vereinsführung und Ultras beim Thema Pyrotechnik ein erfolgsversprechender Ansatz sein könnten. Er beschreibt, wie sich das Verhältnis zwischen Verein und Fanszene in der Talfahrt entwickelt hat.

Faszination Fankurve: Hat sich bei der Mitnahme von Fanutensilien in Ihrem Verein etwas geändert?
Joachim Ranau: Nein. („Extra“-)Materialien (Megafon, Trommeln, Schwenker, Banner und Choreos) müssen Tage vor dem Spiel angemeldet und vom Stadionmanagement genehmigt werden. In der letzten Saison wurde verstärkt darauf geachtet und kontrolliert, ob Banner, Spruchbänder u. ä. aus feuerfestem B1-Material sind. Nur die üblichen Fanutensilien (Trikots, Schals, kleine Fahnen etc.) können immer unangemeldet mit ins Stadion genommen werden.

Faszination Fankurve: Ein Fanthema der letzten Zeit ist der Anstieg bei Eintrittspreisen vor allem für Gästesektoren. Sehen Sie das als echtes Problem oder ist Fußball in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern immer noch mehr als bezahlbar?
Ranau: Die günstigsten bzw. die ermäßigten Karten für Gästesektoren sollten unter 20 Euro kosten („Kein Zwanni für´n Steher“). Das ist auch bei uns Konsens. Ansonsten sind die Eintrittskarten besonders bei Dauerkarten und für Stehplätze in Deutschland im Verhältnis zu anderen Ländern (glücklicherweise) immer noch relativ günstig. Besonders bei Auswärtsspielen z.B. im Europapokal werden zum Teil 50 Euro und mehr für die günstigste Kategorie Gästeblock aufgerufen.

Faszination Fankurve: Oftmals wird von Außenstehenden wahrgenommen, dass der Kontakt zwischen Verein und der Fanszene immer problematischer wird bzw. zum Teil nicht mehr existent ist. Wie sehen Sie das allgemein und vor allem im Hinblick auf Ihren Verein?
Ranau: Grundsätzlich und traditionell gab es beim HSV immer einen guten Kontakt zwischen Verein und Fanszene. Allerdings ist das Verhältnis zwischen aktiver Fanszene/Ultras und Verein im Verlauf der Rückrunde der letzten Saison durch Zwischenfälle (Pyrotechnik, Auseinandersetzungen von Fans untereinander, Auseinandersetzungen mit Polizei und Ordnungsdienst) und die miserable schlechte sportliche Situation belastet worden. Zudem ist noch unklar, inwieweit sich die Ausgliederung des Bundesligabereiches und der damit einhergehende geringere Einfluss der Mitgliedschaft innerhalb des Vereins auch negativ auf den Kontakt zur Fanszene auswirkt.

Faszination Fankurve: Letztes Jahr haben die Clubs der 1 bis 3. Liga Strafen in Höhe von ca. 1,7 Millionen Euro nach Fanaktionen zahlen müssen. Die Vereine reagieren unterschiedlich, immer mehr versuchen die Strafe auf die Verursacher zu übertragen. Gibt es dazu einen „Königsweg“?
Ranau: Nein. Es fehlt aber ein einheitliches, mit den Verbänden abgestimmtes und nachhaltiges Konzept für den Umgang mit problematischen Fanaktionen. Jeder Verein versucht irgendwie, der Problematiken Herr zu werden und arbeitet nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. Das eigentliche Problem sind letztlich ja auch nicht die Fragen der Haftung durch den oder die Verursacher, sondern die Tatsache, dass kaum Verursacher bzw. „Täter“ ermittelt werden können. Ab- und Ansprachen, Verabredungen („Deals“) zwischen Verein und Fans bzw. Fangruppen sind vermutlich erfolgsversprechender als Abschreckung und Sanktionen, wenn diese sowieso ins Leere laufen. Andererseits muss Fehlverhalten auch Konsequenzen nach sich ziehen.


Faszination Fankurve: Beim Revierderby und beim Spiel Kaiserslautern gegen Dynamo Dresden waren zuletzt weniger als 10 Prozent Gästefans erlaubt. Dies ist seit dem 12.12.2012 erlaubt. Spielt ihr Verein mit dem Gedanken bei manchen Spielen weniger Gästefans zuzulassen?
Ranau: Nein, dazu ist (der Fanbetreuung) nichts bekannt.

Faszination Fankurve: Die Mehrheit der Strafen hat mit dem Einsatz von Pyrotechnik zu tun. Seit Jahren ist der Einsatz von Pyro das zentrale Thema, ohne dass sich etwas bewegt. Lässt sich überhaupt eine Lösung finden?
Ranau: Ja. Zumindest ein abgestimmtes und gemeinsames Vorgehen von Verbänden und Vereinen wäre dazu mal ein erster Schritt (vielleicht unter Beteiligung von Fanorganisationen)! Die Verbände verhängen zwar Strafen, lassen die Vereine aber sonst allein mit der Thematik. Eine Lösung bzw. Reduktion der Vorfälle allerdings ist wohl nur zusammen mit allen Beteiligten zu erreichen.

Faszination Fankurve: Was waren die relevanten Fanthemen in Ihrem Verein/Fanszene in der vergangenen Saison?
Ranau:
Sportliche (und personelle) Situation des HSV
Gemeinsamer Kampf gegen den Abstieg
Ausgliederung des Bundesligabetriebes aus dem HSV e.V. (z.B. Mitbestimmung)
Konflikte Verein-Polizei-Fans (Ultras) z.T. nach Auseinandersetzungen, PyrotechnikKonflikte Ultras-Fanszene untereinander (Pyrotechnik, Auseinandersetzungen) (Faszination Fankurve, 29.06.2014)

Fanfotos Hamburger SV




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