"Polizei hat lieber mit der Presse gesprochen"

Der Bus eines Fanclubs des 1. FC Köln wurde in Stuttgart kontrolliert und die Insassen einer sogenannten Vollkontrolle unterzogen, nachdem auf einem Rastplatz Böller gezündet wurden. Faszination Fankurve sprach mit dem Fanclubvorsitzenden über den Vorfall.

Faszination Fankurve: Das Pokalspiel des 1. FC Köln gegen den VfB Stuttgart kurz vor Weihnachten ist dir und deinem Fanclub nicht wegen dem Ausscheiden des 1. FC Köln in schlechter Erinnerung geblieben, oder? Was hat sich an dem Tag in Stuttgart ereignet?
Frank Helsper: Am Rastplatz in Lorch wurden während unseres Stopps Böller gezündet. Dies hat irgendjemand der Polizei gemeldet. Unser Bus ist durch den Aufkleber Rut Wiess Colonia gut zu erkennen.
Bei der Ankunft in Stuttgart wurde der Bus angehalten und die baden-württembergischen Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit stieg zu. Es gab keine Erklärung, sondern nur die Aufforderung zu kooperieren. Der Bus wurde zum Stadion gebracht. Dort mussten alle Mitfahrer aussteigen und sich durchsuchen lassen. Danach wurde von jedem Mitfahrer ein Foto angefertigt mit einem Schild, auf welchem Platz er gesessen hat. Dies war aber noch nicht das Ende. Alle Mitfahrer wurden nacheinander in einen Raum geführt und mussten sich entkleiden. Währenddessen wurde der Bus durchsucht, auch mit Hunden. Nach dem Spiel herrschte im Bus ein riesiges Chaos. Alle waren sehr schockiert.

Faszination Fankurve: Wurde euch mitgeteilt, warum ihr einer solchen Kontrolle unterzogen wurdet?
Helsper: Nein, es wurde keine Erklärung abgegeben. Argumentation der Polizei bei unseren Gesprächen danach war, dass wenn man gesagt hätte, es wäre wegen der gesuchten Böller, der Übeltäter noch hätte versuchen können, seine Spuren zu verwischen.

Faszination Fankurve: Für wie verhältnismäßig haltet ihr diese Kontrollen in der Nachbetrachtung?
Helsper: Die Vollkörperkontrolle halten wir nach wie vor für übertrieben. Das Durchsuchen des Busses hat sich im Nachhinein als richtig erwiesen. Wir möchten solche Leute in unserem Bus auch nicht haben.

Faszination Fankurve: Es soll ja auch zu sogenannten Vollkontrollen gekommen sein, die in nicht erst seit Verabschiedung des DFL-Sicherheitspapiers ein Thema sind. Seht ihr einen Zusammenhang zwischen der Verabschiedung des Sicherheitspapiers und den Maßnahmen gegen euch?
Helsper: Die Vollkontrollen hat es auch schon vor der Verabschiedung des Sicherheitspapiers gegeben.Weibliche Eintracht Frankfurt-Fans mussten diese in Leverkusen über sich ergehen lassen und München ist auch noch jedem im Gedächtnis. Baden-Württemberg fährt schon länger ein eigenes Sicherheitskonzept, womit alle Beteiligten gut leben können. Von daher sehen wir keinen direkten Zusammenhang, auch wenn die Fans des 1. FC Köln oft im Fokus stehen.

Faszination Fankurve: Nach dem Vorfall habt ihr bewusst den Dialog mit der Stuttgarter Polizei und dem 1. FC Köln gesucht. Wie ist hierbei der Stand der Dinge?
Helsper: Die Stuttgarter Polizei hat lieber mit der Presse gesprochen als mit uns. Aber der Dialog mit dem 1. FC Köln, dem sozialpädagogischen Fanprojekt und der Polizei Köln mit ihren Szenekundigen Beamten war sehr gut. Die Ermittlungen sind nun abgeschlossen und man übergibt die Angelegenheit jetzt der Staatsanwaltschaft. Der Fanclub ist nicht betroffen.

Faszination Fankurve: Welche Erwartungen an Verein und Polizei habt ihr bei diesem Dialog?
Helsper: Unser Ziel ist es, dass der Verein und die Polizei erkennen, dass der Fanclub nach wie vor ein friedlicher Fanclub ist und auf dieser Basis auch bereit ist, zu kooperieren. Vom Verein erwarten wir, dass er sich dafür einsetzt, dass FC-Fans diese unwürdigen Vollkontrollen erspart bleiben.

Faszination Fankurve: Ihr habt ebenfalls die Forderung nach Schadensersatz gestellt. Wie sieht es hiermit aus?
Helsper: Wir lassen die Schäden am Bus nun von einem Sachverständigen schätzen. Ob wir eine zivile Schadenersatzklage gegen den Böllerwerfer/-mitführer erheben, werden wir noch entscheiden. (Faszination Fankurve, 11.01.2013)