"Verstärktes Grundinteresse an Mitwirkung"

Im Interview mit Faszination Fankurve macht Christian Schmidt, Leiter Fanbetreuung beim VfB Stuttgart, in der heutigen Fanszene ein „verstärktes Grundinteresse an der Mitwirkung, Diskussion und Teilhabe an vereinspolitischen und sportlichen Themen“ aus.

Faszination Fankurve: Hat sich bei der Mitnahme von Fanutensilien in Ihrem Verein etwas geändert?
Christian Schmidt: Nein. Der Prozess hat sich nicht verändert. Es bleibt dabei, dass die Anfragen auch genehmigt werden müssen.

Faszination Fankurve: Ein Fanthema der letzten Zeit ist der Anstieg bei Eintrittspreisen vor allem für Gästesektoren. Sehen Sie das als echtes Problem oder ist Fußball in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern immer noch mehr als bezahlbar?
Schmidt: Die Eintrittspreise sind sowohl im Gast- als auch im Heimbereich für ein Einzelticket derselben Kategorie stets gleich. Vor allem im Stehplatzbereich gibt es nicht nur bei uns auch günstige Tickets zu kaufen. Allerdings gibt es einige Auswärtsspiele, bei denen die Sitzplatzkontingente verstärkt in einer höheren Kategorie verkauft werden. Die Kritik daran kann man durchaus nachvollziehen.

Faszination Fankurve: Oftmals wird von Außenstehenden wahrgenommen, dass der Kontakt zwischen Verein und der Fanszene immer problematischer wird bzw. zum Teil nicht mehr existent ist. Wie sehen Sie das allgemein und vor allem im Hinblick auf Ihren Verein?
Schmidt: Die Rückmeldungen von älteren Fans und Kollegen zu diesem Thema zeigen, dass sich die Vereine in den letzten Jahren intensiver um ihre Fans kümmern und in engerem Kontakt stehen als früher. Dazu hat u.a. die Einstellung von hauptamtlichen Fanbeauftragten und wie in unserem Fall, die Einführung eines Fan-Ausschusses wesentlich beigetragen.
Aber auch die Fanszene hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten verändert. Obwohl sie nicht durchgehend homogen ist, gibt es doch ein verstärktes Grundinteresse an der Mitwirkung, Diskussion und Teilhabe an vereinspolitischen und sportlichen Themen.
Durch die verstärkte Kommunikation werden selbstverständlich auch die unterschiedlichen Meinungen und Interessen stärker deutlich. Im Optimalfall hilft aber dieser intensive Austausch, den anderen besser zu verstehen und gute Konsenslösungen zu finden.
In den letzten Jahren hat aber die Art und Weise, wie manche Themen bundesweit bearbeitet worden sind, dazu geführt, dass manche Fans vor Enttäuschung und Wut keinen Dialog (mehr) wollen.
Deshalb ist es umso wichtiger, im Dialog respektvoll miteinander umzugehen.

Faszination Fankurve: Letztes Jahr haben die Clubs der 1 bis 3. Liga Strafen in Höhe von ca. 1,7 Millionen Euro nach Fanaktionen zahlen müssen. Die Vereine reagieren unterschiedlich, immer mehr versuchen die Strafe auf die Verursacher zu übertragen. Gibt es dazu einen „Königsweg“?
Schmidt: Nein, den gibt es vermutlich nicht.

Faszination Fankurve: Die Gewerkschaft der Polizei forderte zuletzt, dass alle Vereine von der ersten bis zur fünften Liga Fanbeauftragte einrichten und entsprechend ausstatten. Was halten Sie von dieser Forderung?
Schmidt: Wenn die Gewerkschaft damit ihre Wertschätzung gegenüber der Arbeit eines Fanbeauftragten zum Ausdruck bringen wollte, dann bedanke ich mich dafür.

Faszination Fankurve: Beim Revierderby und beim Spiel Kaiserslautern gegen Dynamo Dresden waren zuletzt weniger als 10 Prozent Gästefans erlaubt. Dies ist seit dem 12.12.2012 erlaubt. Spielt ihr Verein mit dem Gedanken bei manchen Spielen weniger Gästefans zuzulassen?
Schmidt: Bisher gibt es keinen Grund für solche Überlegungen.

Faszination Fankurve: Die Mehrheit der Strafen hat mit dem Einsatz von Pyrotechnik zu tun. Seit Jahren ist der Einsatz von Pyro das zentrale Thema, ohne dass sich etwas bewegt. Lässt sich überhaupt eine Lösung finden?
Schmidt: Das ist keine einfache Aufgabe. Umso wichtiger ist auch hier der Dialog.

Faszination Fankurve: Was waren die relevanten Fanthemen in Ihrem Verein/Fanszene in der vergangenen Saison?
Schmidt: Bei uns zum Beispiel war es das Thema Wappen. Am 1. Juli haben wir unseren Wappenwechsel vollzogen. Die Rückkehr zum traditionellen 1893 Wappen war ein Wunsch der Fans, der durch einen Beschluss der letztjährigen Mitgliederversammlung umgesetzt werden konnte. (Faszination Fankurve, 26.07.2014)