17.03.2016 - 1. FC Nürnberg

50 Ultras für Ingewahrsamnahme entschädigt


Am 29. Oktober 2011 wurden 50 Ultras des 1. FC Nürnberg rund um die Banda di Amici vor dem Spiel bei Bayern München vorsorglich in Gewahrsam genommen. Im Dezember 2015 erhielt deshalb schon ein Ultrà eine Entschädigung. Nun erhielten die restlichen betroffenen Fans Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Der Vorsitzende des zuständigen Kammer am Landgericht München schlug im Dezember 185 Euro pro Fan vor, mit denen auch die Anreisekosten, die vergeblich gezahlt wurden, beglichen werden sollten. Die restlichen Ultras haben diesem Vergleich nun zugestimmt.


Am 29. Oktober 2011 trafen sich Ultras der Nürnberger Banda di Amici und der 1860 Ultràgruppe Cosa Nostra, die sich am Spieltag in der Nähe der Lokalität der Schickeria getroffen haben sollen. Die Ultras machten sich ohne Vorfälle auf in Richtung Fröttmaninger Arena, wo die Gruppe gegen 14:15 Uhr in Gewahrsam genommen wurde (Faszination Fankurve berichtete). Für diese Ingewahrsamnahme wurden nun 50 Ultras entschädigt. (Faszination Fankurve, 17.03.2016)

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Rot-Schwarzen Hilfe:

Freistaat Bayern muss für rechtswidrigen Gewahrsam über 9000 Euro zahlen

Weiterer Erfolg im Falle des Spiels in München am 29.10.2011: In einem Vergleich hat das Landgericht München eine Lösung erwirkt. Der Gewahrsam gegen 85 „nicht normale Fußballfans“ war rechtswidrig und der Freistaat muss zahlen. Weiterhin versicherte das Polizeipräsidium München die Löschung der Daten der Betroffenen aus der Datei „Gewalttäter Sport“.

Was war passiert?

Laut der Stellungnahme der Polizei vom 5.01.2012 bewegte sich am Spieltag um 14.15 Uhr eine „dunkel gekleidete, teils vermummte Gruppe“ in Richtung Arena. Weiterhin heißt es, dass diese Gruppe nicht als „normale“ Fans erkennbar war. Manche der Personen seien vermummt gewesen und hätten Fahnenstangen schlagbereit in den Händen gehalten. Fahnen für diese Stangen seien jedoch nicht vorhanden gewesen.

Die Gruppe sei auf dem Busparkplatz Süd „forsch und provozierend“ auf die „normalen“ Fans des FC Bayern zugegangen. Zu Handgreiflichkeiten kam es nicht, da die Bayern Fans auf die offensichtlichen Provokationen passiv reagierten und zurückwichen.

Vor den Einlasskontrollen am Stadion kesselte die Polizei die 85 „nicht normalen“ Fans und brachte sie teils in das Polizeipräsidium München, teils in die Zellen der Münchner Allianz-Arena. Der Gewahrsam dauerte mindestens bis 19.00 Uhr, in einigen Fällen auch länger. Gerechtfertigt wurde diese Maßnahme seitens der Polizei damit, dass es sich um 75 Angehörige der Banda di Amici und 10 Angehörige der Cosa Nostra gehandelt habe. Dies wurde erst zur Zeit des Gewahrsams festgestellt. Ein szenekundiger Beamter aus Nürnberg bestätigte, dass die Gruppierung Banda di Amici in der Vergangenheit mehrmals für die Störung der Sicherheit verantwortlich gewesen sei.

Das Amtsgericht München hielt das Handeln der Polizei für richtig. Aufgrund der fehlenden Fahnen seien die Stangen kein zugelassenes Fanmaterial, weiterhin sei die Gruppe gewaltbereit und aggressiv gewesen.

Das Landgericht München kippte dieses Urteil jedoch am 25.06.2014. Das Gewahrsam war rechtswidrig und man könne nicht von einem differenzierten Vorgehen der Polizei sprechen, denn die Polizei ging anfangs von 35 Personen aus und stellte erst anschließend fest, dass es sich um 85 handelte. Eine individuelle Prüfung, ob von den betroffenen Personen eine Gefahr ausging, fand zu keinem Zeitpunkt statt. Außerdem befand sich auch keine verfeindete Gruppe in der Nähe und es sei nicht nachvollziehbar, wie dieses Gewahrsam gerechtfertigt werden sollte.

Nun klagten fast 50 Betroffene auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Eine klare Sache, dachten sie im Hinblick auf die Entscheidung des Landgerichts vom 25.06.2014. Doch der Freistaat Bayern kämpfte in dem Schadensersatzprozess mit seitenlangen Schriftsätzen darum, nicht zahlen zu müssen. Es gäbe überhaupt keine Anspruchsgrundlage, ließ er von seiner Anwältin vortragen. Das Gericht folgte jedoch auch diesmal der Meinung des Freistaats nicht, obwohl drei neue Richter zuständig waren. Es machte in der mündlichen Verhandlung klar, dass ein Haftungsanspruch besteht.

Der Vergleich des Landgerichts München sieht nun eine Entschädigung in Höhe von 185 € pro Fan, für die fast 50 Kläger vor, zudem sollen Personen aus der „Datei Gewalttäter Sport“ gelöscht werden. Ein später Erfolg nach jahrelangem Prozessieren gegen Polizei und Freistaat.

Fanfotos 1. FC Nürnberg




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