07.11.2018 - FC St. Pauli

„Auch für Fußballfans gelten Menschenrechte“


Nachdem über 300 Fans des FC St. Pauli am Sonntag wegen eine Polizeikontrolle am Bielefelder Hauptbahnhof das Auswärtsspiel beim DSC Arminia verpassten (Faszination Fankurve berichtete), hat sich mittlerweile auch Ultrà Sankt Pauli (USP) und Amnesty International zum Polizeieinsatz zu Wort gemeldet.

Zuvor gab es bereits Stellungnahmen von der Braun-Weißen Hilfe und ein gemeinsames Statement vom FC St. Pauli und dem Fanladen. USP machte nun öffentlich, dass wegen der Polizeikontrolle erstmals die Zaunfahne der Ultràgruppe bei einem Pflichtspiel nicht hin. Die Gruppe sieht im Vorgehen der Polizei eine gewollte Eskalation: „Auch wenn es in über eineinhalb Jahrzehnten mal Probleme bei der Anreise gab, waren wir als Gruppe bei jedem Spiel im Stadion, um das zu repräsentieren, wofür wir, unsere Fanszene und unser Verein stehen. Mit der Masseningewahrsamnahme vom Bielefelder Hauptbahnhof endet diese Serie. Mehrere hundert St. Pauli-Fans verpassten den Auswärtssieg des FCSP und mussten bis weit in die Abendstunden hinein auf dem Vorplatz des Bielefelder Hauptbahnhofs ausharren und sich kontrollieren lassen. Die Betroffenen sind damit ein weiterer Teil einer gewollten Eskalationstaktik der Polizeibehörden geworden“, heißt es dazu im Kommentar von USP.

Zu den Vorfällen, die die Polizeikontrolle und Ingewahrsamnahme von über 300 FC St. Pauli-Fans auslösten, erklärt die führende Ultràgruppe vom FC St. Pauli auf ihrer Webseite: „Nach einer von einzelnen Beamten gesuchten Konfrontation und einem Pfeffersprayeinsatz innerhalb eines geschlossenen und fahrenden Zugs verließen am nächsten Haltebahnhof Reisende, Fußballfans wie Unbeteiligte, den Zug, um sich dem Reizstoff zu entziehen. Was auf dem Bahnsteig folgte war ein abermaliges Paradebeispiel für blanke Lust auf Machtdemonstration, Gewalt und gewollte Eskalation seitens der Beamten dieses Staates“.

Weiter kritisiert Ultrà Sankt Pauli die Berichterstattung vieler Medien, die lediglich die Informationen der Polizei weiterverbreitet haben sollen. Zudem bedanken sich die Ultras bei den Spielern des FC St. Pauli, die sich nach Abpfiff mit den Fans solidarisierten, die zu diesem Zeitpunkt am Hauptbahnhof immer noch kontrolliert wurden. Zudem glaubt man bei USP, dass die Polizei wegen des Verhaltens, das am Samstag gezeigt wurde, das Hauptfeindbild der deutschen Ultràszene bleiben wird: „Wir wissen, dass diese Personen kein Interesse an einer Deeskalation haben und wir kennen ihre Methoden, Presse wie Öffentlichkeit mit dreisten Lügen und Panikmache für sich zu instrumentalisieren – nicht nur im Fußballkontext. Es ist eine gefährliche Diskussion und Entwicklung, den kranken, autoritären Habitus einer solchen Institution mit noch mehr Handlungsspielraum ausstatten zu wollen. Die Bereitschaft, wegen Nichtigkeiten gefährliche Waffen wie Pfefferspray willkürlich, inflationär und ohne Rücksicht großflächig einzusetzen, Menschen wegen Belanglosigkeiten ohne Skrupel massiv mit Faustschlägen , Tritten und Knüppelschlägen zu verletzten und ein nahezu sadistischer Gewaltfetisch der geschlossenen Einheiten delegitimiert die Polizei in Summe und sichert ihr den Status als Feindbild Nummer 1 der deutschen Fanszenen“, heißt es dazu in der Stellungnahme von USP.

Weil FC St. Pauli-Fans, die sich im Gästeblock befanden und diesen in Richtung Hauptbahnhof verlassen wollten, um sich mit den dortigen Fans zu solidarisieren, daran gehindert wurden, steht laut Angaben von Amnesty International der Verdacht im Raum, dass die Polizei rechtswidrig eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz verhindert habe. „Amnesty International Deutschland nimmt diese Vorwürfe ernst, und fordert Staatsanwaltschaft und Polizei dazu auf, diese strafrechtlich zu überprüfen. Dies gilt sowohl für die Vorfälle auf der Anreise, wie auch auf der Bielefelder Alm selbst. Auch für Fußballfans gelten Menschenrechte wie das Verbot unmenschlicher Behandlung, das Recht auf Freiheit und das Recht auf Versammlungsfreiheit. Wir fordern die Polizei dazu auf, diese Rechte zu respektieren!“, heißt es dazu in einer Stellungnahme von Amnesty International. (Faszination Fankurve, 07.11.2018)

Fanfotos FC St. Pauli




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