04.10.2021 - FC St. Pauli

„Kampf den Verbänden“-Erklärung & Gruß an Flyerservice Hahn


Beim gestrigen Heimspiel des FC St. Pauli gegen Dynamo Dresden war vor der Südkurve ein großes „Friede den Kurven - Kampf den Verbänden“-Spruchband zu lesen. Ultrà Sankt Pauli (USP) veröffentlichte passend dazu eine Stellungnahme, in der Kritik an den Verbänden geübt wurde.

Die Ultragruppe des FC St. Pauli drückte in dem Statement die Unzufriedenheit über die mangelnde Reformbereitschaft im deutschen Profifußball aus. Zu Beginn der Pandemie hatte man bei USP noch Hoffnung auf Veränderungen. Mittlerweile habe sich diese Hoffnung jedoch zerschlagen: „Während der Pandemie hat das System Fußball in krassem Ausmaß gezeigt, woran es schon seit langer Zeit krankt. In der Vergangenheit wurde Fans in Deutschland regelmäßig vorgeführt, dass es keinen wirklichen Willen für Veränderung im Sinne der Fans oder eines fairen Wettbewerbs gibt. Sei es die Debatte um die Legalisierung von Pyrotechnik, die regelmäßige Willfährigkeit der Verbände gegenüber den Sicherheitsbehörden oder die Zerstückelung der Spieltage. Wir haben auch die ‚Causa Hopp‘ nicht vergessen: Eindrücklich demonstrierte der DFB wie viel er bereit ist dafür zu tun, einen seiner Clansbrüder zu schützen. Auf einmal waren Menschenrechte und Diskriminierung wieder ein Thema, obwohl der Verband doch eigentlich Weltmeister im Herunterspielen eben dieser wichtigen Grundsätze des Zusammenlebens ist. Zu Beginn der Pandemie flackerte für einen kurzen Zeitraum die Hoffnung auf, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei um tiefgreifende Veränderungen in die Wege zu leiten. Wir haben als Ultrà Sankt Pauli gemeinsam mit weiteren Teilen der Fanszene und unserem Präsidium dazu ein umfangreiches Positionspapier erarbeitet und vorgestellt. Das Flackern sollte sich jedoch als Nebelkerze entpuppen. Von einem Willen zu Veränderungen hinsichtlich eines nachhaltigen und fairen Wettbewerbs war bei der Präsentation der von der DFL eingerichteten Task Force nichts mehr zu spüren“, heißt es dazu in der Stellungnahme von USP.

DFB und DFL wird vorgeworfen, den Status Quo erhalten zu wollen. Statt Demut habe neue Schamlosigkeit Einzug erhalten. Mit der Rückkehr von USP in die Südkurve kehrten auch organisierte Stimmung, bunten Fahnen und deutlich mehr Emotionen zurück ins Millerntor. Weil auch die Leidenschaft der Fanszenen von den Verbänden genutzt wird, um das eigene Produkt zu vermarkten, gibt sich USP in der Stellungnahme zudem selbstkritisch: „Der unregulierte Bereich der Spielerberater, das Geschachere um Jugendspieler, die permanenten Angriffe auf die 50+1 Regelung und die überhitzte finanzielle Dynamik des Wettbewerbs, die immer mehr Vereine in den Ruin oder risikoreiche Finanzkonstrukte drückt, sind nur einige Beispiele für das, was derzeit so verdammt falsch läuft. Uns ist bewusst, dass wir mit dem Kauf einer Eintrittskarte und dem Auftreten in der Kurve zwangsläufig ein Teil dieses kaputten Systems werden. Nicht zuletzt wird die Strahlkraft der Kurven von den Verbänden immer wieder dazu genutzt ihr Produkt Fußball zu verkaufen und ihre Taschen weiter zu füllen. Diese Tatsache müssen wir schlucken, jedoch nicht ohne uns dagegen und gegen alle anderen Auswüchse des modernen Fußballs zu wehren. Wir dürfen diesen Leuten, die bei allem was sie tun nur an ihre eigene Bereicherung denken, nicht das Feld überlassen. Werte wie Freundschaft, Miteinander und Solidarität, die für unsere Bewegung elementar sind, zählen für sie nicht. In ihrer Welt geht es einzig um den Profit. Diese Leute haben das, wofür wir alle leben, nie verstanden. Und sie werden es auch nie tun. Für uns gilt deshalb: Ein andere Fussball ist möglich, aber nicht mit diesen Verbänden! Wir laden alle Fans dazu ein, den alten reichen Männern in ihren teuren Wein zu spucken und ihnen den herzlosen, möglichst profitablen Fußball, den sie sich so sehr wünschen, so gut es geht zu verderben. Wir müssen immer wieder den Finger in die Wunde legen und dürfen diese Art von Fußball nicht kommentarlos geschehen lassen. In diesem Sinne: Friede den Kurven, Kampf den Verbänden!“, so die Erklärung von USP zum gestrigen Spruchband.

Die aktive Fanszene von Dynamo Dresden blieb dem Auswärtsspiel am Millerntor fern. Grund hierfür war die in Hamburg geltende 2G-Regel. „Die Verantwortlichen aus Hamburg haben sich für eine ‚2G-Regel‘ entschieden. Diese Vorgehensweise ist für uns nicht akzeptabel. Wir sind eine (Sport-)Gemeinschaft, dass heißt: jedem Dynamofan muss es ermöglicht werden, egal ob geimpft, genesen oder getestet, seine Mannschaft unterstützen zu können“, teilten Ultras Dynamo im Vorfeld des Spiels mit und riefen weitere Dynamo-Fans auf, dem Spiel fernzubleiben (Faszination Fankurve berichtete).

Der FC St. Pauli gewann das gestrige Heimspiel vor 14.773 Zuschauenden mit 3:0. Die Kiezkicker kletterten durch den Heimsieg an die Tabellenspitze der 2. Bundesliga. Auf Werbebanden grüßte der FC St. Pauli beim gestrigen Heimspiel zudem den Flyerservice Hahn. Das Künstlerkollektiv Zentrum für Politische Schönheit hatte den Flyerservice Hahn im Rahmen des Bundestagswahlkampfs gegründet und der Alternative für Deutschland (AfD) mehrere Angebote für das Verteilen von Flyern gemacht. Statt die Werbeflyer der Partei zu verteilen, landeten diese jedoch im Müll. 85 AfD-Parteiverbände sollen Kunden bei der Scheinfirma Flyerservice Hahn geworden sein. (Faszination Fankurve, 04.10.2021)

Fanfotos FC St. Pauli




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