01.09.2004 - Dynamo Dresden

„Aufpasser – Wir sind Dynamo“


Beim Spiel der ersten Runde im DFB-Pokal zwischen Dynamo Dresden und dem Karlsruher SC kam es zu einigen der unerfreulichsten Szenen der letzten Jahre im deutschen Stadion-Umfeld.

Martin Löffler (40), der Vorsitzende der Supporters Karlsruhe, beschreibt die Situation: „Als wir aus dem Block kamen, warteten dort sicher 1.500 Dresdener auf uns. Obwohl die Polizei uns auf dem 800 Meter langen Weg zu den Bussen eingekesselt hat, flogen Steine. Einem Bus wurden die Scheiben eingeworfen. Besonders die Gaffer waren schlimm.“ Bereits zuvor hatten Dynamo-Fans die Karlsruher bedroht.

Die Methode, mit der die Dresdner Polizei „Gewalttäter Sport“ verfolgt, ist ungewöhnlich, aber nicht neu: Nach der Auswertung der Videoaufnahmen wurden Bilder der vermeintlichen Täter in den örtlichen Zeitungen veröffentlicht und die Leser um Mithilfe gebeten. Bereits nach dem Lokalderby gegen den Dresdner SC 2002 und nach einem Spiel gegen Chemnitz wurde auf diesem Weg gefahndet, jeweils nach vorausgehender Absprache mit Gerichten und Staatsanwaltschaft.

„Die Bevölkerung hat das schon damals angenommen, und es gab eine große Resonanz. Durch Hinweise von Arbeitgebern, Schulen, Eltern oder Freunden konnten wir seinerzeit 38 Täter durch 44 veröffentlichte Bilder ermitteln“, sagt Thomas Lau, einer der Szenekundigen Beamten bei Dynamo. Nach dem Pokalspiel gegen Karlsruhe fiel der Umfang der Zeitungs-Fahndung geringer aus – elf Bilder wurden veröffentlicht. Laue: „Dieses mal gab es bisher zwei Selbststeller. Zu Anderen haben wir Hinweise bekommen, müssen diese aber noch überprüfen.“

Ob somit durch Abschreckung eine langfristige Besserung der Verhältnisse in Dresden eintritt, vermag Laue nicht zu sagen. Je nach gegnerischem Verein, der sportlichen Situation oder dem Spielverlauf schließt er ein Wiederaufkeimen der Gewalt nicht aus. Im Falle des Karlsruhe-Spiels sei man von der Heftigkeit der Ausschreitungen überrascht gewesen. Es habe wohl daran gelegen, dass es die erste Heimniederlage für Dynamo nach vielen Monaten gewesen sei.

Und es könnte hierbei so mancher überführt werden, den man nicht typischerweise der Kategorie der gewaltbereiten Fans zuordnet. „Ich war vor allem entsetzt, dass viele Familienväter beteiligt waren. Auch hat man 13-jährige gesehen, die hinter der Polizeikette bis aufs Äußerste provozierten und auch keine Rücksicht auf weibliche KSC-Fans oder Kinder nahmen“, sagt Torsten Rudolph (25) vom Dynamo-Fanprojekt.

Beim folgenden Heimspiel gegen Wacker Burghausen wurden deshalb 8.000 T-Shirts mit dem Aufdruck „Aufpasser – Wir sind Dynamo“ gegen eine Spende verteilt. Rund 20.000 Euro kamen so zusammen, womit ein Großteil der Produktionskosten wieder gedeckt wurde. „Zeigt Flagge und lasst uns die Schuldigen ausgrenzen“, verkündete das dazugehörige Flugblatt.

Wenige Wochen später, beim Liga-Spiel gegen den KSC, blieb es, nicht zuletzt dank vieler von der Polizei ausgesprochener Platzverweise, weitestgehend ruhig. Doch an eine echte Entwarnung mag Rudolph noch nicht glauben. „Aber wir werden sicher nicht müde, das Thema immer und immer wieder anzusprechen.“ (Faszination Fankurve, 01.09.2004)

Fanfotos Dynamo Dresden




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