21.11.2017 - 1. FC Nürnberg

„Beim G20-Gipfel ist der Aufschrei groß“


Wenn im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg Journalisten die Akkreditierung entzogen wird, weil die Polizei noch Einträge über die betroffenen Personen hatte, die nie zu einer Verurteilung führten, ist dies laut Angaben der Rot-Schwarzen Hilfe Thema in Deutschland. Doch Fußballfans würde es genauso ergehen.

So würden die Rechte von Fußballfans, die zu tausenden in der Datei „Gewalttäter Sport“ stehen, obwohl es teilweise nie zu einer Verurteilung kam, ebenfalls eingeschränkt. So kann ein Eintrag in die Datei beispielsweise dazu führen, dass ein Fußballfan am Flughafen nicht ausreisen darf. Die Rot-Schwarze Hilfe wünscht sich bei diesem Thema in Deutschland mehr Empörung, damit das Vorgehen der Polizei deutlicher hinterfragt wird. (Faszination Fankurve, 21.11.2017)

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Rot-Schwarzen Hilfe:

Beim G20-Gipfel ist der Aufschrei groß, wenn es um staatliche Maßnahmen geht, die beim Fußball als gängige Praxis gelten

Es liegt zwar nun schon etwas zurück, doch das mediale Interesse und die Empörung in der Öffentlichkeit war groß, als bekannt wurde, dass einigen Journalisten nachträglich die bereits erteilte Akkreditierung entzogen wurde, um über den G20-Gipfel zu berichten.

In diesem Zusammenhang ermittelte das Bundeskriminalamt (BKA) gegen Journalisten und bediente sich zahlreicher Datensätze über (angeblich) begangene Straftaten, die jedoch teilweise Jahrzehnte alt oder sogar nachweisbar falsch waren.

In den vorliegenden BKA-Akten hat man konkret bei einigen der Betroffenen Einträge zu angeblichen kriminellen Handlungen gefunden, die nach einem Verfahren vor bereits zehn Jahren eingestellt worden waren. Ganz egal also, ob schuldig oder nicht schuldig, insbesondere ohne überhaupt den Nachweis über eine Schuld geführt zu haben, blieb der Eintrag beim BKA bestehen und vermittelte in einer Vielzahl von Fällen fehlerhafte Auskünfte über die Betroffenen, weshalb der Entzug der Akkreditierungen folgerichtig in diesen Fällen unzulässig war. Darüber hinaus offenbarten die Behörden eine willkürliche Datensammelwut, wie wir sie auch aus der "Datei Gewalttäter Sport" kennen, die intransparent, fehlerhaft und aus rechtsstaatlicher Sicht höchst fragwürdig ist.

Man schätzt ca. 11.000 bundesweite Einträge in der Datei „Gewalttäter Sport“. Darin sind jedoch längst nicht nur Ultras oder sogenannte gewaltbereite Fans vermerkt. Nein, es reicht lediglich eine Personenkontrolle vor dem Spiel oder der Aufenthalt in der Nähe von Ausschreitungen aus. Anders, wie es also der Dateiname vermuten lässt, sind hier eben nicht nur Gewalttäter gespeichert, sondern dutzende friedliche Fußballfans, „weil bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen anlassbezogene Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden". So lautet zumindest die Erklärung des Innenministeriums (IM). Diese Argumentation des IM wirkt wie ein schlechter Scherz. Zu kritisieren ist hier ebenfalls, dass Personen nicht aus der Liste gelöscht werden, auch wenn ein Verfahren oder die Ermittlungen eingestellt wurden.

Die Gefahr bei solchen Einträgen ist, dass sie jederzeit für die Polizei zugänglich sind. So wird beispielsweise ein Polizist bei einer ganz normalen Verkehrskontrolle darauf aufmerksam gemacht, dass ein "Gewalttäter" hinter dem Steuer sitzt. Bei einer Ausreise sieht auch hier der Beamte am Flughafen den Eintrag, was unter Umständen sogar zu einem Ausreiseverbot führen kann. Über einen Eintrag in diese Datei wird man übrigens nicht informiert, lediglich bei konkreter Nachfrage kann man Auskunft erhalten.

Egal ob beim Fußball oder irgendwo anders. Solche Datenerfassungen bringen zum einen keinen Deut mehr Sicherheit, zum anderen verstoßen sie auch gegen die Grundrechte der Betroffenen. Wer also wissen will, ob er in der Datei vermerkt ist, kann an die „Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze“ ein Formular schicken und gleichzeitig die Forderung stellen, den Eintrag zu löschen. Ob dies jedoch einen Mehrwert bringt, steht in den Sternen, denn oftmals verweist die „ZIS“ wiederum darauf, dass ihr nicht alles vorliegt, da einzelne Polizeidienststellen wie in unserem Fall die aus Mittelfranken auch über ganz eigene Datensätze verfügt, die wiederum separat angefragt werden müssten. Man kann sich also nur wünschen, dass die öffentliche Empörung über die fehlerhaften BKA-Dateien auch in Bezug auf die "Datei Gewalttäter Sport" zu Tage treten würde, um auf diesem Wege einen Prozess des Umdenkens bei der Polizei in Gang zu setzen. Gerecht wäre dies allemal.

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