18.01.2018 - 1. FSV Mainz 05

„Diese ganze Scheiße gehört endlich abgeschafft!“


Der Q-Block Mainz hat sich heute mit einem Statement zu Wort gemeldet und sich darin gegen Sexismus und Rassismus positioniert. Grund für das Statement waren die rassistischen Beleidigungen der Mainz 05-Spieler Leon Balogun und Anthony Ujah in Hannover (Faszination Fankurve berichtete).

In den sozialen Netzwerken, auch unter dem Faszination Fankurve-Artikel zu dem Thema, behaupteten Fans, dass die Mainz 05-Spieler nicht rassistisch beleidigt wurde, sondern Hannover 96-Spieler Ihlas Bebou mit lauten „Bebouuuuuu“-Rufen gefeiert worden sein soll. Durch solche und ähnliche Kommentare wurde die rassistische Beleidigung, die auch Hannover 96-Fans im Unterrang der Nordkurve gehört hatte, bestritten bzw. relativiert.

Der Q-Block benennt dieses leugnende bzw. relativierende Verhalten von rassistischen Vorfällen ein gesellschaftliches Problem: „Abgesehen davon, dass diese Version der Geschichte so einige Fragen offen lässt und nicht besonders plausibel erscheint – Denn wieso sollten die 05-Profis die Ovationen für Bebou als auf sie selbst bezogene Affenlaute verstanden haben?! – ist es doch ziemlich aussagekräftig, dass es in der Diskussion um einen rassistischen Vorfall der erste Reflex zu sein scheint, die rassistische Ebene zu leugnen und das Problem in der Wahrnehmung der Betroffenen zu suchen. So war es auch in der Diskussion um ein H&M-Werbefoto, das einen schwarzen Jungen in einem Pulli mit der Aufschrift 'coolest monkey in the jungle' zeigt: Plötzlich wurde argumentiert, dass dunkelhäutige Menschen, die sich davon verletzt fühlten, selbst rassistische Denkmuster aufzeigen würden, weil sie ja differenzieren würden, ob der Pulli nun von einem weißen oder einem schwarzen Jungen getragen wird. Dass nicht wenige dieser Menschen wohl selbst schon Opfer solcher Erniedrigungen wurden – kann man ja mal ausblenden. Dass es Teil der rassistischen Ideologie ist und in kolonialer Tradition steht, schwarze Menschen als minderwertige Tiere anzusehen – geschenkt. Dass schwarze Menschen noch in den 50er-Jahren wie Affen in Zoos ausgestellt waren – vergesst es einfach! Dass dunkelhäutige Fußballspieler in den Stadien mit Affenrufen beleidigt werden – was soll das schon mit einem 'coolest monkey in the jungle'-Pulli zu tun haben?! Es ist – und das gilt in allen diskriminierenden Kontexten – nun mal viel bequemer, über die Empfindlichkeit und die falsche Wahrnehmung einer Minderheit zu diskutieren, als darüber, dass eine Gesellschaft (am Ende vielleicht sogar man selbst?) diskriminierende Denk- und Verhaltensmuster aufzeigt. Mithilfe einer simplen Täter-Opfer-Umkehr lassen sich die eigenen Hände dann wunderbar in Unschuld waschen: Es beginnt damit, dass der arme weiße Mann nicht mal mehr sagen darf, was er denkt. Und es endet mit solchen Begriffen wie 'Bomben-Holocaust' – der Gipfel des deutschen Opfermythos´. So offenbart schon der Verlauf derartiger Diskurse die zugrunde liegenden Ressentiments der Diskutierenden. Rassismus, Sexismus, Homophobie, Antisemitismus und Chauvinismus insgesamt sind eben keine Randphänomene, die von den 'vermeintlich' Betroffenen künstlich aufgebauscht werden. Es sind tief verwurzelte gesellschaftliche Probleme, die allein schon dadurch offensichtlich zu Tage treten, dass sie mit der Begründung abgetan werden, dass sie ja nur künstlich aufgebauscht würden“, heißt es dazu vom Q-Block.

In Hannover zeigte der Q-Block zudem ein Spruchband mit der Aufschrift „Zähne zeigt wer's Maul auf macht! Solidarisch voran gegen Sexismus!“. Grund für dieses Spruchband war ein Interview der Bild-Zeitung mit Eva-Maria Federhenn, die am Sonntag auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung zur Vereinsvorsitzenden des 1. FSV Mainz 05 gewählt werden könnte (Faszination Fankurve berichtete). Die Zeitung fragte Federhenn, was sie als Frau von Fußball verstehen würde. „Das, was die BILD da macht, ist längst kein 'versteckter' oder 'abstrakter' Sexismus mehr, sondern eine ganz offensichtliche Manifestation völlig veralteter Rollenbilder, chauvinistischer Denkstrukturen und patriarchaler Machtverhältnisse. Offensichtlich? Für Mainz 05 scheinbar nicht offensichtlich genug, um Frau Federhenn zur Seite zu springen und der BILD mal über das Schandmaul zu fahren. Denn wir schreiben zwar das Jahr 2018 und natürlich sind alle 'wunderbar gleichberechtigt' – aber eben nicht gleichberechtigt genug, um nicht doch noch von der BILD-Zeitung in irgendwelche zurückgebliebenen Gesellschafts-Korsetts gepresst zu werden, ohne dass sich jemand daran zu stören scheint“, heißt es vom Q-Block zu Begründung für das Spruchband in Hannover. Vom eigenen Verein hätten sich die aktiven Mainz 05-Fans mehr Widerspruch gegenüber der Bild gewünscht.

„In dieser Gesellschaft sind solche Vorfälle nicht unbegreiflich, sondern eine zwingende Konsequenz. Wir schreiben das Jahr 2018. Und diese ganze Scheiße gehört endlich abgeschafft! Solidarisch voran!“, lautet das Fazit des Q-Blocks, der verschiedene Formen der Diskriminierungen, wie Sexismus oder Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem sieht. (Faszination Fankurve, 18.01.2018)

Fanfotos 1. FSV Mainz 05




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